30.05.2008

Es gibt viele Möglichkeiten, sich mit seiner Berufswahl unglücklich zu machen.

Sein Brot als Entwickler von Geschirrspülautomaten zu verdienen, gehört dazu. Stabiler Metallkasten, ein paar Knöpfe und diverse Kabel, eine elektrische Steuerung, die alles managt, Tür davor, Wasser marsch – „Wo ist das Problem?“, mag sich der ahnungslose Küchennutzer und auch mancher Verkäufer fragen. „So schwierig kann die maschinelle Geschirrreinigung gar nicht sein, schließlich werden die Geräte an jeder zweiten (Großflächen-)Ecke verschenkt, wenn ich eine neue Küche kaufe.“ Soviel Undankbarkeit tut weh.

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Prinzipiell ist die Entwicklung von Geschirrspülautomaten tatsächlich keine unüberwindbare Aufgabe. Delikat wird die Angelegenheit, weil Dinge gleichzeitig realisiert werden wollen, die sich im Grund spinnefeind sind. Dafür braucht es starke Nerven in den Entwicklungsabteilungen. Es reicht nicht, dass Teller, Gläser, Töpfe und Besteck sauber und trocken werden, nein, es dürfen beim Reinigungs- und Trocknungsprozess auch möglichst wenig Strom und Wasser verbraucht werden. Und schnell gehen soll es auch. Sehr schnell. Doch kaum ist der Energieverbrauch derart eindrucksvoll gesenkt, dass sich selbst Öko-Tester vor lauter Verzückung die Handflächen wund klatschen, hapert es mit dem Reinigungsergebnis, weil schlicht zu wenig Wasser im Umlauf ist. Also mehr Wasser, damit auch das letzte eingetrocknete Eigelb ausgespielt hat. Aber nicht allzu viel – schließlich will jeder Milliliter Flüssigkeit erhitzt werden. Und das kostet. Erst Strom, dann Geld. Der Eintrag auf dem Energielabel verliert so schnell an Glanz. Auf der anderen Seite: Wenig Wasser gleich mehr Zeit, denn das vorhandene Nass muss wieder und immer wieder ans Mobiliar geschleudert werden, damit alles funkelt wie neu. Doch Zeit ist knapp in diesen Tagen, und nichts stürzt ein Hausgerät anno 2008 zuverlässiger in eine Identitätskrise, als der Makel, zu langsam zu sein. Pfui, pfui, pfui wähnt man Mikrowelle, Dampfbackofen und Supergefrierfunktion des Kühlautomaten hämisch flüstern.
###newpage###Fassen wir zusammen: Ein moderner Geschirrspülautomat soll Geschirr, Besteck, Töpfe, Pfannen und edles Glas zuverlässig reinigen und trocken – und das am besten alles gleichzeitig und möglichst fix. Das ist – um im Businessjargon zu bleiben – seine Kernkompetenz. Doch das genügt nicht: Zu hören sein darf das Gerät kaum, gerade so, dass man weiß, dass es noch funktioniert. Eine offene Wohnküche mag weder sonores Rauschen noch ständige Pumpgeräusche. Dafür hat man das Aquarium. Kosten darf dies alles so gut wie gar nichts. Weder bei der Anschaffung, noch bei den variablen Verbrauchskosten. Nicht nur Sparfüchse wachen unerbittlich über die drittletzte kWh-Ziffer nach dem Komma. Etwas vergessen? Sorry: Diese technisierte eierlegende Wollmilchsau muss innen wie außen chic aussehen, variabel und auf mehreren Ebenen zu bestücken und als Sologerät, für den Unterbau und als vollintegrierbares Modell erhältlich sein. Neben der 60er-Standardbreite kann ein 45er-Modell für kleine Küchen nicht schaden, und auch eine 90er-XXL-Lifestyleversion fürs Premium macht sich gut im Sortiment. Damit wären die wichtigsten Anforderungen wohl genannt. Auf ländespezifische Details (die Franzosen schätzen es besonders leise, die Spanier aufgrund der Wasserkrise besonders sparsam) verzichten wir an dieser Stelle aus Platzgründen. Dass all dies nationenübergreifend auf möglichst einen einzigen Knopfdruck hin ablaufen muss, versteht sich von selbst. So schwierig kann das ja nun wirklich nicht sein.
###newpage###Liebe Entwickler von Geschirrspül­automaten aller Markenhersteller: Ihr habt unsere uneingeschränkte Hochachtung. Ihr habt es geschafft, dass eure Geräte im Vergleich zu 1988 nur noch 10 Liter Wasser statt 30 Liter pro Spülgang verbrauchen und damit deutlich weniger Strom benötigen, dass sie dabei weniger Krach machen als ein Computerlüfter, und dass sie – wenn es mal nötig ist – mit etwas mehr Einsatz alles ganz schnell wieder sauber kriegen. Ihr habt es geschafft, dass niemand mehr beim Beladen einen Bandscheibenvorfall riskiert und dass die eingesetzte Reinigungschemie auf ein Minimum reduziert werden kann. Die Geschirrreinigung in der Maschine spart im Gegensatz zum Handabwasch auf die Jahre gerechnet mehrere hundert Euro. Das ist euer Verdienst. Schnell Ordnung geschaffen in der Küche ist außerdem. In Deutschland verzichten immer noch 40% aller Haushalte auf eure Dienste. Nehmt es bitte nicht persönlich und entwickelt weiter. Euer Job ist sicher sehr abwechslungsreich und befriedigend. Ihr habt für einen erfolgreichen Verkauf im Neugeschäft und bei Küchenmodernisierungen sehr viel getan. Eure Nutzenargumente überzeugen auf der ganzen Linie. Danke. Dirk Biermann, Chefredakteur

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