02.08.2022

Für Holzwerkstoffhersteller Egger war das Geschäftsjahr 2021/2022 von hohen Umsatzzuwächsen geprägt. Gleichzeitig dämpfen komplizierte Rahmenbedingungen die Erwartungen.

Die neu formierte Gruppenleitung von Egger berichtete Rekorden bei Umsatz und Produktionsvolumen sowie von mannigfaltigen herausfordernden Situationen (Foto von links): Thomas Leissing, Hannes Mitterweissacher, Frank Bölling und Michael Egger jun. Foto: Egger

Im Ergebnis schloss die Egger Gruppe mit einem Umsatz von 4,23 Mrd. Euro das Geschäftsjahr 2021/2022. Der Stammsitz des Unternehmens ist in St. Johann in Tirol (AT). Foto: Egger

Auch im zweiten Pandemie-Jahr hielt der Cocooning-Effekt an: Starke Konsuminvestitionen in das eigene Zuhause führten wiederum zu einer hohen Nachfrage. Foto: Egger

Der Blick auf die wichtigsten Kennzahlen beeindruckt. Die Egger Gruppe schloss das Geschäftsjahr mit einem Umsatz von 4,23 Mrd. Euro. Das sind 37,4% mehr als im vorhergehenden Berichtszeitraum. Von allen Produktbereichen erzielte der Bereich „Decorative Products“ (Produkte für den Möbel- und Innenausbau) mit 76,9% den größten Umsatzanteil und liegt mit gerundet 3,47 Mrd. Euro um 36,6% über dem Vorjahr. Die Division „Flooring Products“ erwirtschaftete 506,9 Mio. Euro (+13,4%) und die Division „Building Products“ 534,7 Mio. Euro (+62,7%). Weitere Kennzahlen im Überblick: EBITDA 877,5 Mio. EUR (+41,0%), EBITDA-Marge 20,7% (Vorjahr: 20,2%); Eigenkapitalquote 50,9% (42,0%). „Diese Ergebnissteigerung zeigt, dass wir einerseits die Herausforderungen der nach wie vor anhaltenden Pandemie gut bewältigt und zugleich die sich in unserer Branche ergebenden Chancen sehr gut genützt haben“, sagte Thomas Leissing, Gruppenleitung Finanzen/Verwaltung und Sprecher der Gruppenleitung, im Rahmen der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens.

„Ausnehmend herausfordernd“
Grundsätzlich bezeichnete das Unternehmen das abgelaufene Geschäftsjahr als „ausnehmend herausfordernd“. Die Gründe dafür sind wohlbekannt: Die andauernde Corona-Pandemie sowie die dramatischen Entwicklungen in der Ukraine, die sich massiv auf die globalen Energie- und Rohstoffmärkte auswirken. Zur Situation auf den Rohstoffmärkten sagt das Unternehmen: „Die Geschehnisse in der Ukraine und deren Auswirkungen auf die globalen Handelsströme führen aktuell zu einer weiteren massiven Verschärfung der Verfügbarkeiten sowie der Preisdynamik am Rohstoffmarkt. Egger verzeichnet zudem einen enormen Energie- und Transportkostenanstieg. Die zunehmende Nachfrage nach Holz, dem wichtigsten Rohstoff für den Holzwerkstoffproduzenten, führt zu zusätzlichem Kostendruck.“

Nie mehr produziert
Dennoch war die Produktnachfrage 21/22 hoch wie nie. Das Unternehmen produzierte in den vergangenen Monaten angesichts der starken Nachfrage Rekordmengen. Mit 10,5 Mio. m³ Holzwerkstoffen und Schnittholz verzeichnet die Unternehmensgruppe einen Produktionshöchststand. Für die damit verbundenen Umsatzzuwächse in allen Produktbereichen macht die Gruppenleitung drei Hauptfaktoren aus: das positive Marktumfeld für Säge- und Bauprodukte, vor allem am nordamerikanischen Markt, Mengensteigerungen, vor allem durch die neuesten Werke in Biskupiec (PL) und Lexington, NC (US) und die durch Kostendruck notwendigen Preissteigerungen. „Die positive Entwicklung in diesem herausfordernden Umfeld verdanken wir vor allem unseren rund 10.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, so die Gruppenleitung unisono.

Fast 300 Mio. Euro investiert
Insgesamt investierte die Unternehmensgruppe im letzten Geschäftsjahr 293,6 Mio. Euro in ihre Produktionsstandorte. Mit 194,5 Mio. Euro entfiel ein großer Anteil auf den Ausbau des Stammsitzes in St. Johann in Tirol (AT). Der Großteil der Summe sei mit dem Ziel verbunden, „mit Recycling, Prozessoptimierung und Innovationen die CO2-Emissionen zu reduzieren“.

Zwei Werke in Russland
Zum Ende des Geschäftsjahres zeichnete sich die dramatische Entwicklung in der Ukraine ab. Egger ist mit zwei Werken in Russland vertreten. Beide Fabriken produzieren laut Unternehmen „unter Einhaltung aller EU-Sanktionen für wirtschaftliche Beziehungen zwischen den für Egger relevanten EU-Ländern und Russland weiter“. Dafür seien eine strikte Compliance-Struktur und ein Programm zur Einhaltung der EU-Sanktionen eingerichtet worden. Die in Russland produzierten Holzwerkstoffe werden demnach vor allem vor Ort sowie in den angrenzenden sogenannten Stan-Staaten verkauft.

Gedämpfte Erwartungen für die Zukunft
Für das Geschäftsjahr 2022/2023 seien die Ergebniserwartungen der Egger Gruppe gedämpft. Auch hier sind die Faktoren identisch mit denen der jüngeren Vergangenheit: „Die Krise in der Ukraine, die volatilen Rohstoffmärkte, die unsichere Energieversorgung, die fortdauernde Corona-Pandemie und die steigende Inflation“. Zudem ergeben sich laut Thomas Leissing für das Unternehmen Unsicherheiten aus der Währungsentwicklung in Russland, Argentinien und der Türkei. „Diese Gemengelage gestaltet eine Vorausschau für die nächsten Monate durchaus schwierig“, so der Finanzchef. Dennoch prognostizierte er: „Für die gesamte Egger Gruppe ist der Ausblick in der Umsatzentwicklung gedämpft. Die anhaltend hohen Rohstoff- und Energiekosten werden weiterhin zu einem hohen Preisniveau der Produkte führen.“

Langfristige Beziehungen pflegen
Obwohl die Aussichten aktuell trüb seien, will das Unternehmen an der Unternehmensstrategie festhalten und „das stabile Wachstum aus eigener Kraft fortsetzen“. „Wir konzentrieren uns weiterhin auf ein vielfältiges Produktportfolio und Innovationen für unsere Kunden, tätigen Investitionen in zusätzliche Veredelungskapazitäten sowie in die Verbesserung der Rohstoff- und Energiesituation und pflegen unsere langfristigen Lieferbeziehungen mit Kunden und Lieferanten“, so Thomas Leissing.

Neubesetzung der Gruppenleitung
Im aktuellen Geschäftsjahr formiert sich das oberste Führungsgremium des Holzwerkstoffherstellers neu: Walter Schiegl trat nach mehr als 20 Jahren aus der Gruppenleitung aus. Im Herbst 2022 wird er das Aufsichtsratsmandat von Michael Egger übernehmen und so die strategische Ausrichtung der Unternehmensgruppe weiter mitgestalten. Michael Egger feiert Ende August seinen 75. Geburtstag und wird sich anschließend aus dem strategischen Gremium zurückziehen.
Die Position von Walter Schiegl als verantwortlicher Gruppenleiter für Technik/Produktion übernimmt Hannes Mitterweissacher. Frank Bölling ergänzt die Gruppenleitung und verantwortet den Bereich Logistik. Mit dieser Besetzung reagiere das Unternehmen „auf die Potenziale und Entwicklungen im Bereich der internen und externen Logistik“.
Ebenso wird nach vielen Jahren wieder ein Vertreter der Familie Egger im operativen Management der Egger Gruppe tätig sein: Michael Egger jun. übernimmt die Agenden Marketing/Vertrieb von Ulrich Bühler. Dieser wiederum wird dem Unternehmen erhalten bleiben und Michael Egger jun. mit seiner langjährigen Erfahrung und Expertise begleiten.
Gemeinsam mit Thomas Leissing und Michael Egger jun. bilden Hannes Mitterweissacher und Frank Bölling somit das neue Management-Team der Egger Gruppe.

www.egger.com