26.10.2022

Mitarbeiterbindung ist ein drängendes Thema der Zeit. Extrazahlungen sind hier ein beliebtes Mittel, um besondere Leistungen zu honorieren. Allerdings werden auch bei Sonderzuwendungen Abgaben fällig. Wie man diese reduzieren kann, schildert Ingo Anneken von der SEB Steuerberatung.

Ingo Anneken. Foto: SEB Steuerberatung

Dass der Arbeitsmarkt sich zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt hat, ist mittlerweile bekannt. Wer gute Mitarbeiter gewinnen und halten möchte, muss ihnen etwas bieten. Dazu gehört neben interessanten Aufgabenfeldern und angenehmen Arbeitsbedingungen natürlich auch das Gehalt. Sonderzuwendungen, die über das vertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehen, sind für Arbeitgeber ein beliebtes Mittel, um den Mitarbeitern Anerkennung zu zollen und sie langfristig an den Betrieb zu binden – das gilt vom Großkonzern bis hin zum Küchenstudio. Leider hat aber auch der Staat ein Interesse an diesen außerordentlichen Zahlungen: Von Sonderzahlungen kommen beim Arbeitnehmer im Normalfall nur 50 Prozent Netto an. Den Arbeitgeber selbst kosten solche Zahlungen über den AG-Sozialversicherungsanteil sogar 125 Prozent. Ein teures Vergnügen mit wenig befriedigendem Resultat.

Über Gehaltsverzicht Nachteile umgehen
Um diese Nachteile für beide Seiten zu umgehen, gab es bis 2019 einen Weg: Das Normalgehalt wurde gesenkt. Aus diesen Gehaltsminderungen konnte der Arbeitgeber Leistungen an die Mitarbeiter erbringen, die lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei waren. Umwandlung von Gehalt in Zusatzleistungen – so lautete die Zauberformel, durch die stillschweigend die Personalkosten wegen der Einsparung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gesenkt wurden. 2019 schob der Gesetzgeber dieser Praxis einen Riegel vor. Seitdem gilt: Es können nur noch zusätzliche Lohnleistungen lohnsteuerfrei sein. Dafür bedarf es wiederum vier Kriterien:

  • Die Leistung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet.
  • Der Anspruch auf Arbeitslohn wird nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt.
  • Die Leistung wird nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewahrt.
  • Bei Wegfall die Leistung wird der Arbeitslohn nicht erhöht.

Diesen Grundsätzen ist die Sozialversicherungsrechtsprechung weitgehend gefolgt, auch wenn sie sich anderer Worte bedient. Was bedeutet das nun für die Auszahlung von Sonderzahlungen? Zunächst einmal, dass die alte Praxis nicht mehr funktioniert. Dafür gibt es aber eine Reihe von freiwilligen Geldzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, die nach den oben genannten Grundsätzen geeignet sind, um die Abzüge zugunsten einer höheren Auszahlung zu optimieren. In der Praxis haben sich die folgenden Zusatzleistungen bewährt.

Erholung im Weihnachtsurlaub
Weihnachtsgeld ist die eine Sache, Arbeitgeber haben zusätzlich noch eine weitere Möglichkeit, ihren Mitarbeitern zu Weihnachten Gutes zu tun: Sie können Erholungsbeihilfen für den Weihnachtsurlaub zahlen. Jedem einzelnen Arbeitnehmer stehen dabei 156 Euro zu, dem Ehepartner 104 Euro und jedem Kind 52 Euro. Dieser Betrag wird mit 25 Prozent pauschal besteuert.

Zuschüsse zum Kindergarten
Wenn der Mitarbeiter Kinder im Kindergartenalter hat, sind Zuschüsse zur Unterbringung ein perfektes Mittel, um mehr Netto vom Brutto zu erhalten: Barleistungen des Arbeitgebers zum Ausgleich der nachgewiesenen Kosten zur Unterbringung von nicht schulpflichtigen Kindern im Kindergarten sind steuer- und sozialversicherungsfrei.

Ein Smartphone für den Küchenverkäufer
Dass die sogenannte „Überlassung betrieblicher Telekommunikationsgeräte“ steuerlich nicht ins Gewicht fallen sollte, erklärt sich eigentlich von selbst. Schließlich ist das eines der Hauptarbeitsgeräte heutzutage. Die unentgeltliche Überlassung von Handys zur beruflichen und privaten Nutzung, bei der der Arbeitsgeber sämtliche laufenden Kosten übernimmt und die Hardware am Ende der Laufzeit zurückerhält, ist steuerfrei. Aber auch der Privatanschluss kann bezuschusst werden: Fallen vom Privatanschluss des Arbeitnehmers beruflich veranlasste Gespräche an, können von den Telefonkosten 20 Prozent des Rechnungsbetrages steuerfrei ersetzt werden. Dafür ist kein Nachweis notwendig – allerdings liegt der Höchstbetrag bei 20 Euro im Monat. Diese Regelung schließt auch die berufliche Internetnutzung vom privaten Anschluss mit ein.

Die Verkehrswende unterstützen
Auch bei der Überlassung von Elektrofahrrädern gibt es Möglichkeiten, den Angestellten etwas Gutes zu tun: Die Überlassung von betrieblichen Elektrofahrrädern ist lohnsteuerfrei. Wird das betriebliche Elektrofahrrad später als gebrauchtes Fahrrad dem Arbeitnehmer übereignet, ist dieser Vorgang mit 25% pauschaler Lohnsteuer möglich. Diese Regelung gilt allerdings nicht für S-Pedelecs, denn diese schnellere Variante des Elektro-Fahrrads wird wie ein Kraftfahrzeug behandelt.

Den Einkauf bezuschussen
Last but not least gibt es auch die Möglichkeit, seinen Mitarbeitern Warengutscheine unter Anwendung der monatlichen Freigrenze für Sachbezüge zukommen zu lassen. Auch hier hat sich in letzter Zeit etwas geändert: Zum 01.01.2022 ist die Freigrenze von 44 Euro monatlich auf 50 Euro angehoben worden. Hinsichtlich der Gutscheine gelten strenge Regeln: Sie dürfen ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und müssen die Kriterien des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes erfüllen. Sie dürfen nur bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen einlösbar sein. Das ist zum Beispiel bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbänden im Inland gegeben. Wer diesen Weg wählt, sollte in Hinblick auf die neuen Ausführungen der Finanzverwaltung das Gespräch mit seinem Steuerberater suchen.

Die Inflationsausgleichsprämie nutzen
Eine weitere Variante ist derzeit in Arbeit: Im Gesetzgebungsverfahren befindet sich gerade die „Arbeitgeber-Inflationsausgleichsprämie“. Damit ist ein Inflationsbonus von 3.000 Euro gemeint, der als Sonderzahlung zusätzlich zum Gehalt vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlt werden kann. Begründet wird er mit der Inflation, die in den Jahren 2022, 2023 oder 2024 zu verzeichnen ist.
Auch diese Sonderzuwendung, die über das Gehalt hinaus geht, sollte optimiert werden. Damit für die Jahre 2023 und 2024 möglichst viel davon beim Arbeitnehmer verbleibt, ist es nicht ratsam, jegliche Sonderzahlung zunächst als Inflationsbonus zu deklarieren. Damit würden die weiteren Möglichkeiten zu steuer- und sozialversicherungsfreien Sonderzahlungen verpuffen. Wird der Inflationsbonus beschlossen, gilt also: Lediglich wenn alle anderen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft sind, also für einen eventuellen Rest an Sonderzahlung, der ansonsten der normalen Lohnsteuer und der Sozialversicherung unterliegen würde, sollte über eine Anrechnung via Inflationsbonus nachgedacht werden.

Im Einzelfall beraten lassen
Über die genannten Anwendungsbeispiele hinaus gibt es eine Reihe weiterer Möglichkeiten, um seinen Arbeitnehmern besondere Zuwendungen zukommen zu lassen. Diese sind im Vergleich mit den genannten Möglichkeiten beratungsintensiver und sollten im Einzelfall mit einem Steuerexperten besprochen werden.

www.seb-steuerberatung.de

 



Ingo Anneken und die SEB Steuerberatung
Der dreifache Vater Ingo Anneken ist seit 2009 Geschäftsführer der SEB Steuerberatung. Gemeinsam mit seinen Kollegen unterstützt er die Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen – von der Rechtsformoptimierung bis hin zur Existenzgründung. Zudem ist er Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.). Die SEB Steuerberatung beschäftigt 50 Mitarbeiter und ist seit 1990 auf den Kücheneinzelhandel spezialisiert. Derzeit betreut die Beratungsgesellschaft rund 80 Kücheneinzelhandelsunternehmen unterschiedlicher Größen mit diversen Verbandszugehörigkeiten. Die persönliche Betreuung hinsichtlich betriebswirtschaftlicher, steuerrechtlicher, buchhalterischer und datenschutzrechtlicher Fragen steht dabei im Vordergrund.