07.12.2019

Die Fallen der Digitalisierung rechtzeitig erkennen

Die Digitalisierung hat für den Küchenhandel positive Aspekte, birgt aber auch konkrete Risiken. Volker Schmidt von der SEB Steuerberatung weist auf zwei Digitalfallen hin, die unter Umständen teuer werden können und die durch neue Gesetze und Verordnungen entstanden sind – und er beschreibt, wie man vermeiden kann, in sie hineinzutappen.

Volker Schmidt. Foto: SEB

Die Digitalisierung birgt gerade für die Küchenbranche große Potenziale. Die Planung kann individueller und anschaulicher gemacht werden. In der Abwicklung lassen sich Vorgänge automatisieren. Neue Vertriebskanäle öffnen sich, und die Küche selbst wird intelligenter. Doch wie so oft im Leben gehen diese Vorteile auch mit einer Reihe von Risiken einher. Risiken, die für den einzelnen Küchenhändler richtig teuer werden können. Zwei dieser neuen Digitalrisiken lassen sich leicht vermeiden – wenn man sie denn kennt.

Risiko 1: Systemwechsel in der Buchführung
Das erste Risiko liegt in einem Vorgang, zu dem die meisten Unternehmer grundsätzlich schon ein zwiespältiges Verhältnis haben dürften: in der Betriebsprüfung. Bei Unternehmen haben die Finanzämter ohne weitere Voraussetzungen das Recht, Außenprüfungen vorzunehmen, um die Korrektheit der steuerlich relevanten Vorgänge sicherzustellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Betriebsprüfer des Finanzamtes eher mit dem Interesse in ein Unternehmen gehen, Abweichungen zu finden, als dass sie das Unternehmen entlasten wollen. Doch das war schon immer so. Ein Betriebsprüfer im Haus war noch nie die pure Freude für den Unternehmer. Wo liegt nun also das Digitalisierungsproblem? Früher hatte der Betriebsprüfer Zugang zur Buchführung und zu den Bankunterlagen. Heute reicht das nicht mehr, denn die Art, wie Küchenstudios arbeiten, hat sich geändert. Durch Gesetz- und Verordnungsänderungen ist also neuerdings der Ablauf zu beschreiben, wie die Zahlen der Buchführung zustande kommen. Den Umfang der Buchhaltungsunterlagen hat der Gesetzgeber dabei erweitert. Als maßgeblich gelten schon seit einiger Zeit die Unterlagen und vor allem Programme, mit denen die betriebswirtschaftlichen Prozesse im Küchenhandel abgebildet werden, also im Wesentlichen die Planungsprogramme, die eventuell daran anschließenden Warenwirtschaftsprogramme, die Montagepläne oder die Fakturierungssoftware.

Unterschiedliche Zahlen in unterschiedlichen Systemen
Der Prüfer macht nun Folgendes: Er gleicht die Angebote aus der Planungssoftware mit den Umsätzen in der Buchhaltung ab. Maßgebend sind für ihn die Angaben der Software. Ist zwischen den Planungs- und Buchhaltungssystemen alles identisch, hat das Küchenstudio kein Problem. Doch in der Realität ergeben sich häufig größere Unterschiede. Zum Beispiel, wenn Rabatte eingeräumt werden, die dann in der Software nicht mehr vermerkt werden. Oder wenn Angebote überschrieben werden. Diese Praxis ist durchaus gängig. Der Händler nutzt ein altes Angebot, das zu keinem Kaufvertrag geführt hat, um einem Neukunden ein Angebot zu unterbreiten. Die alten Daten werden durch neue Daten ersetzt. Nach neuerer Definition kann die Buchhaltung so nicht mehr ordnungsgemäß sein. Für einen Außenstehenden ist es nun unmöglich, die Gesamtzahl der Angebote festzustellen, bzw. Angebote und Verträge zu vergleichen. Alle Details, bei denen Software und Buchführung Divergenzen aufweisen, müssen im Detail nachvollziehbar gemacht werden – was im Einzelfall sehr schwierig sein kann. Gelingt dies nicht zur Zufriedenheit des Finanzamtsprüfers, wird er im günstigsten Fall wegen der Unsicherheiten Umsatz und Gewinn schätzen. Im schlechtesten Fall, also bei großen Abweichungen, müssen eventuell sogar Steuerstrafverfahren eingeleitet werden.

Keine alten Angebote überschreiben
Beides sind keine schönen Szenarien, und so gilt es, diese zu vermeiden. Und zwar durch größere Sorgfalt bei der Nutzung der Daten im Planungs- und Kundenrechnungsprogramm. Diese Daten müssen über 10 Jahre gesichert und lesbar sein. Programmbeschreibungen und -einstellungen sind ebenso lange vorzuhalten. Außerdem sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Daten aus der Planungssoftware mit den Buchungen in der Buchhaltung übereinstimmen. Die Praxis, alte Angebote für neue Kunden zu überschreiben, muss unbedingt vermieden werden – darauf sollten Küchenstudioinhaber ihre Verkaufsmitarbeiter in Schulungen nachdrücklich hinweisen.
Kücheneinzelhändler sind darüber hinaus angehalten, eine Verfahrensbeschreibung bereitzustellen, mit der erklärt wird, wie die Zahlen in die Buchhaltung kommen. So sollen die Betriebsprüfer Schwachstellen identifizieren können. Über den Sinn solcher Beschreibungen kann man streiten. Fakt ist aber, dass sie häufig fehlen – und das kann wiederum zur Schätzung von Umsatz und Gewinn führen. Um das zu umgehen, sollten Küchenstudios die Beschreibung unbedingt bereithalten: Wesentlich ist in diesem Zusammenhang der Wareneingangsfluss (von der Bestellung bis zur Auslieferung an den Kunden) und der Umsatzprozess (vom Angebot bis zur Reklamationsabwicklung). Da diese Verfahren im Kücheneinzelhandel vielfach sehr ähnlich sind, sollte der Handel hier auf Vervielfältigung und Anpassung setzen.

Risiko 2: Verletzung von Datenschutzvorschriften
Die meisten Unternehmen werden sich noch erinnern: Am 25. Mai 2018 trat die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft. Die Verunsicherung war groß. Jeder redete darüber. Und wie beim Millenniumswechsel wurde mit dem Stichtag der Zusammenbruch der Weltwirtschaft erwartet, bzw. bei den eher realistisch veranlagten Menschen eine riesige Abmahnwelle. Und was passierte? Nichts. Nach und nach ebbte das Interesse an dem doch eher trockenen Thema ab und während große Unternehmen ihre Abläufe DSGVO-konform gestalten ließen, war das Thema gerade bei kleineren Unternehmen schnell vergessen. Die Ruhe jedoch trügt: Kürzlich wurde in den Medien über ein Bußgeld von 14,5 Mio. Euro berichtet. Die Datenschutzbehörden haben sich fachlich und personell konsolidiert – und der Bußgeldkatalog sieht happige Strafen selbst für kleinere Vergehen vor (siehe Kasten).

Datenschutz ist Chefsache
Doch auch hier kann entgegengesteuert werden. Zunächst zur Zuständigkeit: Datenschutz ist Chefsache. Gerade in kleinen Unternehmen, in denen kein Datenschutz-Beauftragter notwendig ist, ist der Unternehmer für Risiken, die sich aus der Datenverwaltung ergeben, verantwortlich. Und was sollte er tun? Zunächst die betreffenden Daten identifizieren: Im Kücheneinzelhandel sind die wesentlichen Risiken bei den Kundendaten und den Daten der Mitarbeiter zu sehen. Wurde zum Beispiel ein Kreditantrag mit der neuen Küche gestellt, sind damit sensible Daten des Kunden (Lohnbescheinigungen oder Ähnliches) gespeichert. Wird nun der Rechner zum Beispiel gehackt, kann das teuer werden. Gleiches gilt für Mitarbeiterunterlagen, wie zum Beispiel Krankenakten. Diese beiden Personengruppen sind es, die entsprechende Anfragen stellen können – und dies gegebenenfalls auch werden. Ein vorausschauender Unternehmer sollte daher Verfahrensanweisungen erstellen, wie er mit Kunden und Mitarbeiterdaten umgeht und wie diese im Unternehmen geschützt sind. Wo sind die Daten gespeichert, wie lange sind sie gespeichert, wann werden sie gelöscht, wie sind die Datenträger geschützt? Das sind die Fragen, die in diese Beschreibungen hineingehören. Auch Meldepflichten muss nachgegangen werden. Gab es ein Datenleck, muss dieses innerhalb von bestimmten Fristen gemeldet werden. Es würde den Rahmen sprengen, auf alle Feinheiten der neuen DSGVO einzugehen. Wichtig ist: Wenn das Küchenstudio erst einmal angefangen hat, die Prozesse zu beschreiben, werden sich die Schwachstellen schnell zeigen. Und wenn diese Schwachstellen eliminiert sind und man auf Nachfrage ein Verarbeitungsverzeichnis vorlegen kann, sind wichtige Bußgeldrisiken aus der neuen DSGVO schon ausgeschaltet.

Volker Schmidt und die SEB Steuerberatung
Volker Schmidt ist nicht nur Steuerberater und Vereidigter Buchprüfer – er ist ebenfalls Fachberater für Unternehmensnachfolge und für die Umstrukturierung von Unternehmen sowie Datenschutzbeauftragter insbesondere für den Küchenhandel. Die SEB Steuerberatung beschäftigt 50 Mitarbeiter und ist seit 1990 auf den Kücheneinzelhandel spezialisiert. Derzeit betreut die Beratungsgesellschaft rund 80 Kücheneinzelhandelsunternehmen unterschiedlicher Größen mit diversen Verbandszugehörigkeiten. Die persönliche Betreuung hinsichtlich betriebswirtschaftlicher, steuerrechtlicher, buchhalterischer und datenschutzrechtlicher Fragen steht dabei im Vordergrund.