08.09.2011

Da schau einer an. Jetzt wissen auch die Amerikaner ein Tripple A zu würdigen. Im Land der schier unbegrenzten Möglichkeiten hat eine Ratingagentur die Kreditwürdigkeit der wirtschaftlichen Supermacht herabgestuft und damit das Höher-schneller-weiter-Selbstverständnis einer ganzen Nation erschüttert. Die praktischen Konsequenzen daraus eignen sich wenig für einen billigen Kalauer. Dennoch: Wenn der Begriff ­Tripple A schon im Umlauf ist, könnte man den US-amerikanischen Blick doch gleich in die Küche lenken. Die Gelegenheit scheint günstig, den weit verbreiteten XXL-Energiefressern grüne Manieren beizubringen. Wenn auch bei Uncle Sam das Plus im Dreierpack auf breiter Front einzöge – das Weltklima könnte aufatmen. Für einen Moment.

Doch kehren wir vor der eigenen Haustür. Hier gibt es genug zu tun. Als Kücheninsider könnte einen zwar manchmal das Gefühl beschleichen, ganz Deutschland denke nur noch in Energieeffizienzklassen, doch ganz so weit ist es nicht.
Dennoch liegt der Geruch von Veränderung in der Luft: Der Marketingtrend Nachhaltigkeit scheint sich zu einer gesellschaftlichen Strömung zu wandeln. Immer mehr Menschen suchen nach Möglichkeiten, ihr umweltfreundliches Gewissen in konkretes Handeln umzusetzen. Und zwar in allen Einkommensklassen, nicht nur bei den Besserverdienenden. Der Boom der Bio-Siegel im Lebensmittelhandel spricht Bände. Dieser Prozess will gestaltet werden.
Der Küchenhandel könnte sich bei konsequenter Umsetzung der zur Verfügung stehenden Zutaten angemessen positionieren. Mit starken Wurzeln, die sich längst im Thema verankert haben. Per FSC- oder PEFC-Siegel geadelte Holzwerkstoffe aus nachhaltiger Waldwirtschaft schaffen zielgerichtete Orientierung. Leichtbauplatten, aktuell in einer Variante mit einem hohen Anteil kurzfris­tig nachwachsender Rohstoffe in der Mittellage gefüllt, setzen in Sachen Nachhaltigkeit noch eins drauf. Selbst Lackfronten müssen keine Öko-Ferkel mehr sein, um designbetont zu glänzen. Die führenden Markenkonzerne der Hausgeräteindustrie haben in den vergangenen Jahren in beeindruckender Manier an der Energieeffizienzschraube gedreht und ihren Statistiken zufolge den Stromverbrauch auf sehr breiter Front um fast 50 Prozent reduzieren können. Hinzu kommen moderne Arbeitsplatten, die einen hohen Anteil Recyclingmaterial aufweisen, oder Armaturen, die den Wasserdurchlauf sensorgesteuert minimieren.

Schon allein diese wenigen, gängigen Beispiele zeigen, wie sehr unsere Branche die drängenden ökologischen Herausforderungen angenommen hat. Der Blick in die Tiefe nachhaltig orientierter Unternehmensabläufe brächte einige Schätze mehr ans Tageslicht.
Testen Sie als Küchenhändler ihre Lieferanten bei den jetzt anstehenden Herbstmessen doch mal auf deren Kompetenzen in Sachen Nachhaltigkeit, und fragen Sie konkret nach. Zum Produkt, zur Produktion, zur Logistik, zum Rohstoffeinsatz, zum Umgang mit den Mitarbeitern und den Lieferanten. Weiße Fronten haben viele – aber wie sieht es dahinter aus?
Auch wenn der Begriff der Nachhaltigkeit aufgrund seiner inflationären Verwendung an Schärfe zu verlieren droht: Es lohnt sich, die damit verbundenen Aspekte von Respekt und Verantwortung im Umgang mit Mensch und Natur immer selbstverständlicher ins tägliche Geschäft einfließen zu lassen.

Nachhaltigkeit, Komfort und Lifestyle gehen in der Küche Hand in Hand. Damit ist das Produkt Einbauküche seinen beiden maßgeblichen Budgetwettbewerbern, dem Auto und der Fernreise, einen deutlichen Schritt voraus. So weist die jüngst veröffentlichte Umweltliste des VCD (Verkehrsclub Deutschland) unter den ersten zehn CO2-Minimalisten ein einziges Automobil aus Deutschland auf. Ein Armutszeugnis für die deutschen Hersteller. Ein Tripple A gibt’s dafür sicher nicht, meint

Dirk Biermann, Chefredakteur
d.biermann@kuechenplaner-magazin.de

 

PS: Am 17. September be­ginnt in Löhne die Orderfachmesse area30. Verlag und Redaktion laden Sie herzlich ein zu einem Besuch auf unseren Stand (­STROBEL Verlag). Informieren Sie sich aus erster Hand über den Fachtitel ­KÜCHENPLANER, unser Publikumsmagazin inwohnen sowie das Onlineportal www.kuechenplaner-magazin.de