19.05.2011

Der Riss zieht sich wie immer mitten durch die Gesellschaft. Hier die Elektronikbegeisterten, die den Hals gar nicht voll genug bekommen können von strombetriebenen Elementen, die das Leben einfacher, schneller und komfortabler machen sollen. Dort die beständig Bedachten, die George Orwells 1984 spätestens seit Big Brother verwirklicht sehen.

Wo sich die einen erst richtig wohl fühlen, wenn es in ihrer Umgebung beständig blinkt, piept und vibriert, möchten die anderen am liebsten mit Knoblauch nach dem ganzen neumodischen Kram werfen. Beide Seite blicken milde lächelnd auf die jeweils andere Fraktion hinab. Die einen, weil Sie sich hipp und trendy fühlen und gewappnet um die besten Startplätze im Rennen ins digitale Zeitalter, die anderen ob des wunderlichen Tanzes um das goldene i. Eine Aufführung, die in ihren Augen ohnehin nur die kompensierende Suche nach individueller Bedeutsamkeit dokumentiert. Das Ego kann Apple. So viel steht schon mal fest. Doch mit einer undifferenzierten Sichtweise wird man den sozialen Netzwerken kaum gerecht.

Social Media, die englischsprachige Beschreibung für soziale Netzwerke, verändert unsere Kommunikation rasant. Denn unter dem jeweilig weltanschaulich geprägten Mantel von Heiligenverehrung und Teufelswerk befindet sich objektiv betrachtet erst mal nichts weiter, als eine vergleichsweise neue Art der Kommunikation. Facebook, Xing, Youtube und Twitter, aber auch die eigene Hompage und natürlich E-Mail, sind Möglichkeiten, wie Menschen über das Internet miteinander in Kontakt treten können, um sich Informationen zukommen zu lassen oder sich gegenseitig Dinge oder Gedanken zu verkaufen. Wer diese Erkenntnis aus seinem persönlichen Wahrnehmungsbereich ausblenden will, agiert an der Realität vorbei. Internetgestützte Kommunikation ist keine Idee, über die erst noch diskutiert werden muss. Internetgestützte Kommunikation IST. Genau so wie es Brieftauben, Trommeln, die Deutsche Post und Telefon mit Wählscheiben einmal waren. Und noch sind. Nur dass die Internetkommunikation neben dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort auch mit bewegten und unbewegten Bildern umzugehen weiß.

Wie immer im Leben ist auch beim Thema Kommunikation ein Zuviel genau so deplatziert wie ein Zuwenig. Wer die Internet-Kommunikationsplattformen inflationär nutzt, um seine Mitmenschen über jeden Pups zu informieren und gleichzeitig den Anspruch hat, über jeden ins Wanken geratenen chinesischen Reissack innerhalb von Sekunden informiert zu werden, wird scheitern und unter Umständen ausbrennen. Alles eine Frage der Zeit. Das gibt der zugängliche Teil der menschlichen Gedächtnisfestplatte einfach nicht her. Oder ist schon ein App für biologische Multitasking-Entspannung erhältlich? Andererseits sind wir auf Informationen und aufs Informieren zwingend angewiesen. Wie soll die Welt sonst davon erfahren, dass es ausgerechnet bei uns die schönsten Einbauküchen der Welt gibt?

Was neu ist, ruft stets jubelnde Anhänger und zurückhaltende Skeptiker auf den Plan. Diese Lagerspaltung in den frühen Neuheitenphasen scheint zum Menschsein zu gehören wie die Queen zu England. Das macht die Lage so berechenbar und nährt die Hoffnung, dass wir es lernen, auch diese Sache mit dem Social Media irgendwie hinzukriegen. Gelernt werden muss es. Daran führt kein Weg vorbei.
Soziale Netzwerke fordern Kreativität. Das macht es allem „Schneller, Leichter, Komfortabler“ zum Trotz so anstrengend. Für Küchenhändler ist es ungenügend, in bewährter Jahrmarktsmentalität von den besten aller Küchen zu tönen, die es nur hier gibt. Über diese Information liegen im Nu Dutzende anderer Reissäcke. Kommunikation im Internet funktioniert nach eigenen Regeln. Es sind Kürze, Prägnanz, Relevanz, Verständlichkeit und insbesondere Leichtigkeit und Humor. Aber alles zu seiner Zeit und auf dem jeweils passenden Kanal.

Die eigene Internetseite, auf der sich Küchenkäufer kurz, bündig und vor allem aktuell über Produkte und Serviceleistungen informieren können, ist heutzutage Pflicht, Bewegtbilder aus der Ausstellung oder von realisierten Projekten die Kür. Neue Mitarbeiter können auch über Xing gesucht, gefunden und engagiert werden. Facebook und Twitter dürften für den Alltag eines Küchenhändlers hingegen eher zweitrangige Kanäle sein. Ausnahmen bestätigen diese Annahme.

Wer als küchenverkaufender Fachmann im Internet über die eigenen Ladengrenzen hinaus wahrgenommen werden will, hütet sich davor, sich direkt als küchenverkaufender Fachmann darzustellen. Er beteiligt sich indirekt mit seinem Fachwissen in ausgewählten Bauherren- und Renovierungsforen. So wird ein Schuh draus und kann richtig Spaß machen, meint

Dirk Biermann, Chefredakteur
d.biermann@kuechenplaner-magazin.de