04.12.2008

Die Politik will die Deutschen auf Vordermann bringen. "IN FORM" heißt der Plan und ist eine Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Im Beamtendeutsch formuliert: Der nationale Aktionsplan zur Prävention von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten.

Die Bundesregierung will uns also auf Gesundheitskurs bringen und dazu einen Klimawandel spezieller Art in Gang setzen: Die Fettschmelze. Übergewichtigen und adipösen – zu Deutsch fettleibigen – Menschen soll es erleichtert werden, abzunehmen bzw. gar nicht erst das Normalgewicht zu überbieten. Horst Seehofer, Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, sagt dazu: „Wir wollen erreichen, dass Kinder gesünder aufwachsen, dass Erwachsene gesünder leben und dass alle von einer höheren Lebensqualität und einer gesteigerten Leistungsfähigkeit in Bildung, Beruf und Privatleben profitieren.“ Umgesetzt werden soll das bis 2020. Wobei Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ergänzt: „Dieses Vorhaben kann nur gelingen, wenn wir Gesundheitsförderung und Prävention als einen gesellschaftlichen Wert verankern.“
Zu den Fakten: Circa zwei Drittel der Männer sowie etwa die Hälfte der Frauen zwischen 18 und 80 Jahren hierzulande tragen zu viel Gewicht mit sich herum. Unter den 0- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen gelten rund 15% als zu dick. Laut Aktionsplan besteht ein Zusammenhang zwischen Einkommen und Übergewicht: Je höher das Pro-Kopf-Einkommen, desto niedriger der Anteil der übergewichtigen bzw. adipösen Männer (14% in der höchsten Einkommensgruppe) und Frauen (16%). Generell steigt mit zunehmendem Alter die Tendenz zum „Breitenwachstum“. XXL-Gewichtler leiden eher an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder orthopädischen Problemen. Die Kosten aus Krankheiten, die durch falsche Ernährung und/oder Bewegungsmangel verursacht sind, liegen nach Informationen der Bundesregierung derzeit bei jährlich rund 70 Mrd. Euro. Ein künftiges gesellschaftliches Klima, in dem Gesundheit als eigen- und mitverantwortliches Gut verankert ist, macht also auch gesamtwirtschaftlich Sinn.
###newpage###

Versuche, die nationale Fitness anzukurbeln, sind aus der Vergangenheit bekannt. Paradebeispiel ist die 1970 mit einer riesigen Werbeaktion gestartete „Trimm-dich-Bewegung“. Untersuchungen zufolge konnte diese Aktion zwar einen bis zu 99%igen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung für sich verbuchen, hat aber kaum zu einer dauerhaft angelegten Verhaltensänderung geführt. Fast zeitgleich, 1972, wurde mit der ersten „Brigitte-Diät“ eine neue Buchgattung begründet. Sozusagen Fettschmelze-Literatur. Das Konzept des Erstlings landete so treffsicher mitten in einer Marktnische, dass Hunderte weiterer Titel zum Themenkreis gesunde Ernährung und Abnehmen folgten. Die Buchidee war und ist erfolgreich. Maximalen Erfolg hätte sie, wenn sie sich selbst überholte. Doch der Lese-Nachwuchs sprießt so üppig wie eine Pilzkultur, und eingefleischte Diätkurer halten verlässlich die Treue.
Ein resigniertes „Jo, Jo“ aus Lehnstuhl und Imbissecke heraus zu murmeln, wäre die falsche Konsequenz aus der offensichtlich fehlenden gesundheitlichen Nachhaltigkeit. Ob es jedoch der Bundesregierung gelingt, dem Hang zu „no sports“ und Gourmand-Gewohnheiten – gern, gut, viel – entgegenzuwirken und ein Klima herzustellen, das verbunden mit Spaß, Lust und Freude zu einem gesunden Lebensstil motiviert, ist weniger offensichtlich. Denn der Aktionsplan schwebt wie eine theoretische Dunstwolke aus Empfehlungen, neu zu schaffenden Strukturen, zu bildenden Arbeitsgruppen, Appellen zu Selbstverpflichtungen und ähnlichen Ansätzen leicht abgehoben über der Realität.
###newpage###

Hinzu kommt die Frage der Finanzierung: Zur Umsetzung des Aktionsplans sind pro Haushalt der beiden zuständigen Ministerien für die kommenden drei Jahre zunächst insgesamt jeweils 15 Mio. Euro vorgesehen. Das hört sich vielleicht viel an, dürfte aber angesichts der Größe der Aufgabe kaum zu nennenswerten Erfolgen führen. Erinnern wir uns allein an die Millionen-Investitionen der „Trimm dich“-Kampagne.
Dann doch lieber so: Jedes Dampfgargerät, das von einkommensschwachen Haushalten angeschafft wird, subventioniert der Staat aus dem 30-Millionen-Euro-Topf. Denn in Dampf zubereitete Lebensmittel – das ist hinlänglich bekannt – sind gesund, schmecken und machen nicht dick. Dieser sofort nutzbare Handlungsansatz für den Privathaushalt würde einer gesunden Ernährung tatsächlich Dampf machen. Dieses Gewusst-wie fehlt im Aktionsplan. Und genau das kann die Küchenbranche maßgeblich beitragen.
Damit es nicht an der praktischen Information mangelt, haben wir in dieser Ausgabe von „der küchenplaner“ den Markt für Dampfgarer und Dampfbacköfen in einer Marktübersicht beleuchtet. Aktuelle Geräte inklusive. Soll keiner sagen, er hätte von nichts gewusst.
Helga Bauer, Autorin „der küchenplaner“