01.10.2008

Die Angelegenheit scheint simpel. Ein neuer automobiler Untersatz muss her, da der Leasinggeber den alten nach drei Jahren für sich beansprucht. Nichts leichter als das.

Dirk Biermann, Chefredakteur

Die Zahl der Anbieter ist immens, an der Flut der zu verkaufenden Neuwagen scheinen die Autohäuser zu ersticken. Da soll sich doch was machen lassen, denkt der willige Kunde, reibt sich in stiller Verhandlungsvorfreude die Hände und grinst. Doch die Tücken liegen im Detail. Oder besser in den Details. Mehrzahl. Denn „ein“ Auto kaufen zu wollen – Einzahl – gelingt allenfalls beim Gekauft-wie-gesehen-Händler an der Ecke. Das Ganze in neu schult die Entscheidungsfähigkeit bis an die Grenzen der Vorstellungskraft.
Marke und Modell sind schnell klar. Da siegt die Hausmarke. Doch 90, 130, 150 oder gar die 210 PS-das-kann-ich-auch-Variante? Als Benziner oder Diesel? Der Fragen-Marathon beginnt auf höchstem technischen Niveau. Wie sieht es eigentlich mit einem umweltfreundlichen Autogas-Antrieb aus? Geht das mit jedem Auto? Und schon ab Werk? Oder ist das eine Angelegenheit für die Nachrüstung? Was ist dann mit der Garantie? Gibt es überhaupt genügend Tankstellen für Gas? Auch an Autobahnen? Hier muss der ADAC helfen, wofür zahlt man schließlich seit Jahren seine Beiträge.

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Eine Mail mit den wichtigsten Fragen später sind alle technischen Ungereimtheiten vertagt, und das nächste Kapitel kann aufgeschlagen werden: die Ausstattung. Es beginnt mit der Farbe. Weiß soll jetzt „in“ sein, doch das ist zu unpraktisch mit den vielen Tauben in der Nachbarschaft. Rot wirkt aggressiv. Blau kühl. Schwarz ist im Sommer zu warm. Die Auswahl will gut überlegt sein, man will schließlich nicht jedem selbsternannten Farbpsychologen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis ins offene Messer laufen. Die Wahl fällt auf Silber. Das ist zeitlos und pflegeleicht.
Drei Ausstattungslinien stehen zur Auswahl: Comfort-Line, Sport-Line und All inclusive auf vier Rädern. Die jeweiligen Möglichkeiten geben eine Menge her, doch wirken sie im Detail etwas unausgewogen. Gibt es die Anthrazit-Sitze auch für das 150-PS-Modell mit Klimaanlage und Schiebedach aber ohne klappbare Seitenspiegel und Colorverglasung? Ja, sagt der Online-Navigator, aber nur in Verbindung mit dem Winterpaket samt Alu-Kompletträdern und Scheinwerferwaschanlage. Das zerrt an den Nerven. Und als ein Pop-up-Menü auf dem Computerbildschirm aufspringt und nachfragt, ob nicht auch das jetzt besonders günstige Sondermodell ­„Beijing 2008“ mit integriertem Stäbchenhalter und Glückskekssammelbox (aber nur ohne Ledersitze und nicht in der Comfort-Line erhältlich) eine prima Alternative sein könnte, ist es aus mit dem Hände reiben und dem Grinsen. Wie wäre es, den bisherigen Wagen einfach zu übernehmen? Nicht besonders einfallsreich aber gesundheitlich unbedenklich.
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An dieser Stelle kann inhaltlich betrachtet die Stunde des fachlich versierten Küchenverkäufers schlagen. Dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, hat der Kunde beim Autokauf längst gelernt. Diesen Umstand gilt es zu pflegen und zu fördern. Auch in der Küche sind analog zur Blechhülle des Automobils die Möbel allein – und sind sie noch so schick – nur die Hälfte wert. Erst im Zusammenspiel mit den Extras wird ein Schuh daraus. Doch während der Kunde zwischen PS-Zahlen und standardisierten Ausstattungslinien schnell verloren gehen kann, wird ihm beim Küchenkauf eine individuelle Einbauküche für seinen ganz eigenen Küchenraum zusammengestellt. Der Küchenverkäufer wägt ab, wählt aus und präsentiert dem Kunden eine persönlich stimmige Lösung, statt dabei zuzusehen, wie dieser im Meer der Möglichkeiten versinkt.
Wer als Küchenfachhändler in den kommenden Tagen zur Küchenmeile und ihren angeschlossenen Fachmessen nach Ostwestfalen-Lippe reist, sollte sich nicht allein mit optischen Neuheiten abspeisen lassen. Die 12. Variante eines noch nie dagewesenen ­Cappuccino-Farbtons in Hochglanz reißt niemanden dauerhaft vom Hocker. Lenken wir den Blick auch und noch intensiver auf die Differenzierungsmöglichkeiten hinter der Front, sprechen wir über Ergonomie und Möglichkeiten der Stauraumplanung, über Spülen, Armaturen und Lichtkonzepte. Über moderne Hausgeräte, die man hinter der Möbelfront verstecken kann, aber wider anderslautenden Stimmen überhaupt nicht muss.
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Mit Extras punkten lautet das Motto, um einem müden Inlandsmarkt neues Leben einzuhauchen. Neun Millionen austauschwürdige Küchen warten darauf, ebenso wie die wieder leicht steigende Zahl von Wohnungsneubauten. Allen Konjunkturdellen und Krisenszenarien zum Trotz.
Dirk Biermann, Chefredakteur
www.kuechenplaner-magazin.de

PS: Geschäftlicher Erfolg lebt von tragfähigen Kontakten. Im „Branchentreff Küche“ auf www.xing.com/net/kueche/ sind davon jetzt eine Menge mehr möglich. Weitere Details dazu lesen Sie auf Seite 48 in dieser Ausgabe.