01.02.2009

Der Mensch mag keine Veränderungen. Schon gar nicht, wenn sie zu Lasten seiner Gewohnheiten und der Bequemlichkeit gehen. So wäre es - um an dieser Stelle ein besonders heikles Beispiel zu wählen - natürlich sinnvoll, sich zwei, drei Mal die Woche aufs Rad zu schwingen, um die überschüssigen Weihnachtspfunde zum Schmelzen zu bringen. Oder die Jogging-Schuhe zu schnüren. Oder die Treppenstufen zum Büro zu erklimmen, anstatt sich garantiert kalorienverbrennungsfrei ins Obergeschoss liften zu lassen. Jede Tat zählt. Doch im Zweifel belassen wir es aller Sinnhaftigkeit der Alternative zum Trotz gern beim Alten.

Dirk Biermann, Chefredakteur

Diese Erfahrungen mussten vor genau 30 Jahren bereits die Gründungsmitglieder einer politischen Gemeinschaft namens Die GRÜNEN machen. „Bedingungsloser Wohlstand für alle, koste es, was es wolle“ – diese Maxime der Wirtschaftswunderzeit sei nicht länger tragbar, meinten die Pioniere des grünen Politbewusstseins und erklärten unter anderem am Beispiel der durch menschliches Handeln zusätzlich verursachten Klimaveränderungen warum. Kurz gesagt: „Der Mensch gefährdet das Gleichgewicht der Erde, indem er ökologische Gesetzmäßigkeiten ignoriert. Der unvermindert hohe Ausstoß von Treibhausgasen stört eine Vielzahl von natürlichen Regulationsprozessen und lässt die Durchschnittstemperaturen ansteigen. In der Folge schmilzt unter anderem das Polareis weitaus rasanter als normal. Der Spiegel der Weltmeere steigt an und setzt bewohnte Küstenregionen unter Wasser. Gleichzeitig wächst die Gefahr verheerender Wirbelstürme und ungewöhnlich heftiger Dürreperioden. Das bringt unter anderem Probleme mit der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung.“ Diese Zusammenfassung stammt keineswegs aus einer aktuellen Veröffentlichung des Bundesumweltamtes, sondert datiert von 1982, sinngemäß entnommen einer Info des BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.
So richtig hören wollten das damals die wenigsten. Grünes Gedankengut galt als fortschrittsfeindlich, deren Träger wurden teils als „Ökos“ verunglimpft und in die Spinner-Schublade gesteckt. Im Grunde nicht verwunderlich: Schon im Altertum wurde Überbringern schlechter Nachrichten der Kopf abgeschlagen. Damit das nicht wieder vorkommt.
Dass der Club of Rome, eine 1968 gegründete internationale Vereinigung von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik, bereits 1972 mit dem überaus kompetenten und viel diskutierten Bericht Limits to Growth (Die Grenzen des Wachstums) den Konflikt auf den Punkt gebracht hatte, fiel der profitorientierten Verdrängung großer Teile von Wirtschaft und Politik ebenfalls zum Opfer.


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Heute steht der Themenkomplex erneut im Mittelpunkt und jeder Anbieter, der auf sich hält, hat in den letzten Monaten bis weit über die Ellbogen hinaus in den grünen Farbtöpfen gerührt. Autos, Flugreisen und Lebensmittel sind plötzlich Bio, und der Begriff Öko ist längst kein Schimpfwort mehr. Hört, hört: Selbst Weinlagerschränke oder Klimageräte schonen die Ressourcen. Klimaschutz ist IN. Was vor 30 Jahren lästig war, ist nun Zukunftsaufgabe Nr. 1.
Eine zweifelhafte Ehre, galten die naturwissenschaftlichen Fakten von heute doch bereits vor 30 Jahren. Allerdings lässt sich inzwischen mit dem Thema Umwelt- und Klimaschutz Geld verdienen. Konsumenten, die im Grunde alles haben, müssen schließlich irgendwie davon überzeugt werden, sich neue Dinge anzuschaffen. Jetzt unter Androhung eines schlechten Umweltgewissens. Als es nur um die Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen ging, reichte dies offensichtlich nicht.
Dabei hatten sich die Umweltaktivisten von einst von Beginn an nicht auf den erhobenen Zeigefinger beschränkt, sondern konkrete Zukunftsperspektiven aufgezeigt wie beispielsweise die technische Entwicklung und die politische Förderung von Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien. Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten fundiert mit Sonne, Wind oder Erdwärme beschäftigt haben, zählen aktuell zu den stabilen Gewinnern einer börsengebeutelten Wirtschaft. Ebenso wie jene Unternehmen, für die die Produktion von Kühl- und Gefriergeräten mit bester Energieeffizienz schon seit mehreren Jahren eher Regel statt Ausnahme ist. Eine klare Positionierung mit Sinn, Verstand und Überzeugung zahlt sich offensichtlich aus.
Für Handel und Verbraucher geht es um Orientierung. Und um die Fragen: Wo ist Grün drin? Und wo steht nur Grün drauf? Wer sich allein auf flotte Marketingaussagen verlässt, ist schnell verlassen. Papier ist geduldig, Hochglanzbroschüren auch. „Greenwashing“ nennen das die Experten heutzutage. Nötig ist ein Blick hinter die Kulissen des Vertriebsalltags. Wie nachhaltig agiert ein Unternehmen wirklich? Und vor allem: Was versteht man überhaupt unter Nachhaltigkeit?
In dieser Ausgabe berichten wir unter anderem über zwei, wie wir meinen, vorbildliche Beispiele. Die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH ist mit dem Titel des „nachhaltigsten Unternehmens Deutschlands“ gekürt worden, und das weltweit agierende Familienunternehmen Miele machte bei der Vorstellung seines aktuellen Nachhaltigkeitsberichtes eindrucksvoll deutlich, dass sich Nachhaltigkeit nicht auf energiesparende Produkte beschränkt, sondern sämtliche Unternehmensabläufe betrifft, bis hin zum Mitarbeiterschutz und zu sozialen Arbeitsbedingungen. Und das nicht allein hinter der eigenen Haustür in Deutschland, sondern an allen Fertigungsstandorten weltweit – bei sich und bei seinen Lieferanten. Garantiert, kontrolliert und mit Prüfsiegel. Mehr davon, meint
Dirk Biermann, Chefredakteur
www.kuechenplaner-magazin.de