14.05.2013

Ich geb’s ja zu: Ich bin AMK-Fan. Jetzt nicht so überschwänglich mit Gesängen, Pyro-Technik und orangefarbener Bettwäsche. Aber immerhin und bei aller gebotener Distanz: Ich schätze die inhaltliche Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche. Der öffentlichkeitswirksame Teil fällt natürlich als Erstes ins Auge. Der Tag der Küche im September.

Der herstellerneutrale Ratgeber Küche. Die Formulierung moderner Küchenstandards. Die Ergonomie-Studie. Das ergonoMeter©. Die Pressearbeit. Die Länder-Informationstage. Die branchenübergreifenden Wirtschaftszahlen.

Lassen wir es bei diesen Beispielen bewenden und blicken auf die Handlungsfelder jenseits des Scheinwerferlichts. Da ist in erster Linie die Arbeitsgruppe Technik & Normung. Ein sperriger Begriff, keine Frage. Das allseits beliebte Lifestyle-Feeling der modernen Küche bleibt bei Diskussionen zum Schraubenausziehwiderstand oder zu den Feinheiten thermobeschichteter Folienfronten in einer der frühen Entwicklungsphasen stecken. Und wenn es nach den kreativen Zeitgenossen unter uns geht, dürften die Geheimnisse kunststoffbeschichteter Flachpressplatten für Küchenmöbelbauteile weiterhin wohlgehütet bleiben. Doch dass die Welt überhaupt so oft und gern in Küchen „Made in Germany“ kocht, lebt und wer weiß was veranstaltet, liegt genau daran, dass Probleme mit Widerständen dieser Art frühzeitig aufgedeckt werden. Und zwar bevor der Möbeltechniker in Rödinghausen ratlos vor der CNC-Fräse steht und sich am Kopf kratzt, der Händler in Stuttgart wutentbrannt beim Lieferanten anruft und sich beschwert, dass schon wieder kaum etwas zusammenpasst, oder die Kollegen in China beschließen: Das machen wir jetzt erst mal alles ganz anders als die in Europa. Schlimm genug, dass die US-Amerikaner auf ihren eigenwilligen Maßen bestehen. Das sollte besser keine Schule machen.


Diese wichtige Arbeit machen die engagierten Mitarbeiter der Geschäftsstelle in Mannheim natürlich nicht allein. In den vier Arbeitsgruppen der AMK kommen Spezialisten aus den Mitgliedsunternehmen zusammen – und arbeiten. Und das ohne finanzielle Aufwandsentschädigung und zum Wohle der gesamten Branche. Das ist bemerkenswert. Und gar nicht hoch genug einzuschätzen. Denn bei allem Gemeinschaftsgefühl darf man nicht vergessen, dass hier Wettbewerber an einem Tisch sitzen, die sich im grauen Vertriebs­alltag nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen. So viel Harmonie lässt kritische Geister gern aufblicken. Vor allem wenn sie beim Kartellamt arbeiten. Doch die Wettbewerbshüter dürfen entspannen: Bei der AMK dürfte zwar jeder die Frontzähne seines Nachbars beschreiben können – ganz bestimmt nach einer Mitgliederversammlung samt Branchen­abend – doch dieses dentale Detailwissen ist nicht allein Ergebnis christlicher Nächstenliebe oder ausufernder buddhistischer Gelassenheit. Und schon gar nicht Resultat geheimer Verabredungen im Hinterzimmer. Die Mitgliedsunternehmen können gut unterscheiden zwischen Grundlagenarbeit und Wettbewerb. Das ist wahrscheinlich der Garant schlechthin für den Erfolg der AMK. Und Erfolg hat der Club. Die Branche hat erkannt, was sie an der AMK hat. So ist die Zahl der Mitglieder von 103 im Jahr 2008 auf 125 in 2013 gestiegen. Das ist ein Plus von mehr als 25% innerhalb von fünf Jahren.


Doch kein Licht ohne Schatten. Oder besser Lichtflecken. Nach einer Mitgliederversammlung wie jüngst im März hat der Beobachter das Gefühl, die gesamte Küchenbranche kleide sich atmosphärisch in AMK-Orange. Das stimmt so nicht. Denn noch gibt es Unternehmen, die auf Buffet und Branchenhäppchen verzichten. Weil sie es immer vor sich her schieben, den Aufnahmeantrag zu unterschreiben? Rein aus Bequemlichkeit? Oder gar aus Kalkül, weil die das ja schon machen? Wer weiß das schon.


Wer sich dem Branchen-Happening AMK entzieht, sollte sich bewusst sein, dass er versäumt, den geschäftlichen Erfolg der Zukunft mitzugestalten. Und gestaltet werden muss ein Erfolg – vom Himmel wird er nicht fallen in den zumeist gesättigten Märkten unserer Zeit. Das gilt auch für den Export: Wenn Möbel, Geräte und Zubehör in alle Welt getragen werden sollen, ist es besonders praktisch für Hersteller aus Deutschland, wenn alles überall zusammenpasst und im Idealfall durchgehend die gleichen Maße gelten wie daheim. Genau darum kümmern sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe Technik & Normung, und schon allein dieser Punkt rechtfertigt eine Mitgliedschaft.


An alle noch-nicht-AMKler also der Hinweis: Es sind bestimmt noch Plätze frei im Fan-Block. Einfach mal ein orangefarbenes Fähnchen in die Hand nehmen und schwenken. Einfach zur Probe. Dieses ganze Tamtam mit Feuerwerk und Singen muss am Anfang gar nicht sein – und die Bettwäsche bleibt auch im Schrank.

 

 

Dirk Biermann, Chefredakteur
d.biermann@kuechenplaner-magazin.de