09.12.2021

Frohes Neues! Dieser oft geäußerte Wunsch aus dem frühen Januar ist ein schöner Brauch. Für einen Moment können wir so tun, als sei mit dem Datumswechsel eine Zäsur verbunden. Ein Reset, ein Neustart. Doch die Themen, die uns derzeit begleiten, sind gegen Silvesterböller immun. Sie haben einen langen Atem.

Dirk Biermann, Chefredakteur KÜCHENPLANER online/offline. Foto: Ostermann

Allen voran Klimaneutralität und nachhaltiges Wirtschaften als Ziel und Daueraufgabe. Und Corona. Natürlich. Aber auch die akute Materialverknappung, die daraus resultierenden Verlängerungen der Lieferzeiten, die deutlich gestiegenen Preise für Rohstoffe aller Art, für Energie, Verpackungen und Logistik; der Mangel an Halbleitern und Fachkräften. Und ob die Monate der sprunghaft gestiegenen Inflation temporär einzustufen sind oder die ungewöhnlich hohe Teuerungsrate gekommen ist, um 
zu bleiben? Das wird sich erst noch heraus­stellen. Das alles kann der Stimmung den ­Stecker ziehen.

Und was macht die Küchenbranche? Die zeigt sich trotz der aktuellen Beruhigung bislang robust wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig. „2021 wird ein sehr, sehr gutes Jahr“, resümierte Markus Sander in seiner Rolle als Vorstandssprecher bei der 
AMK-Mitgliederversammlung vor einigen Wochen. Der Blick aufs Zahlenwerk der ersten neun Monate des Jahres zeigt ein erneutes Plus der Küchenmöbelindustrie von mehr als 10 %. Neben dem verhaltenen Inland (+ 3,9%) hat der Export (+ 20,8 %) in diesem Zeitraum rasant zugelegt. Auch die Elektrogeräteindustrie meldet weiter steigende Verkaufsumsätze. Von Januar bis August in Höhe von 11,3 %. Wovon der Küchenhandel profitiert: Laut GfK stieg die Verkaufsmenge bis August um 5,9 %, der Verkaufsumsatz um 10,3%und der Auftragswert um 4,1 %. Küchen werden also weiter immer hochwertiger vermarktet.

Nach einem ohnehin starken Jahr 2020 legen Industrie und Handel nochmal eine Schippe drauf. Und die Bedingungen sind weiterhin vorzüglich, wie die AMK prognostiziert: Kochen daheim bleibt Trend, die Menschen investieren weiter in die Aufwertung ihres Zuhauses und entscheiden sich dabei für immer wertigere Küchenmöbel und Ausstattungen, der Küchenfachhandel vermarktet renditestabil. Zudem erholt sich die Wirtschaft in Europa und weltweit, der internationale Tourismus als einer der wichtigsten Budgetkonkurrenten köchelt auf Warmhaltestufe und die für das Inland so bedeutsamen Kennzahlen wie Anschaffungsneigung oder die Zahl der Baugenehmigungen von Wohnungen und Häusern liefern durchweg positive Impulse. Vor diesem Hintergrund wählte ­Roland ­Hagenbucher, neben Markus Sander zweiter Vorstandssprecher der AMK, für den Ausblick auf 2022 schon bescheiden anmutende Worte: „Wir sehen positive Effekte für unsere Branche. Das sollte uns zuversichtlich stimmen.“

Keine Frage: Auch die Küchenbranche leidet unter bremsenden Effekten. Manche sind Folge der weltweiten Pandemie und nicht zu steuern. Zeitgleich hat sie tatsächlich viele gute Gründe, zuversichtlich zu sein. Diese Stärke sollten Industrie und Handel nutzen und Aufgaben in den Fokus nehmen, die noch am ehesten beeinflusst werden können. Zum Beispiel das Thema Fachkräfte. 

Geeignete Mitarbeiter zu finden, wird immer schwieriger. Hilfreich könnte es sein, wenn sich Inhaber und Führungskräfte dieser Frage stellen: „Warum sollte jemand ausgerechnet bei uns anfangen?“ Das klingt simpel, hat aber seine Tiefen. Wer darauf spontan mindestens drei Antworten hat, dürfte auf einem guten Weg sein. Alle anderen haben zu tun. In puncto Recruiting, 
Ausbildung – und Förderung der Zufriedenheit. Denn es geht nicht allein darum, neue Kräfte zu gewinnen. Fachkundige Mitarbeiter langfristig zu binden, ist ein weiterer wichtiger Aspekt.

Der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt. Aus Arbeitnehmern sind Arbeitgeber geworden und umgekehrt. Das fordert altgediente Gewohnheiten heraus: im Führungsverhalten und generell in der Kultur vieler Unternehmen. Von nichts kommt eben nichts. Oder um mit den Worten von Markus Sander und Roland ­Hagenbucher zu schließen: „Die erneuten Rekordzahlen der  Küchenbranche sind keine Selbstverständlichkeit. Erwirtschaftet werden sie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihnen gebührt der Dank.“

Dirk Biermann
 


Dieser Text ist in gedruckter Form als Editorial der Ausgabe KÜCHENPLANER 12/2021 erschienen.