24.01.2012

„Keine moderne Küche ohne LED“

Interview. Als versierter Kenner des LED-Marktes stellt sich Martin Staaks, Marketingleiter und Produktentwickler des Küchenzubehörgroßhändlers Naber, den Fragen der KÜCHENPLANER-Redaktion.

Küchenplaner: Die Entwicklung der LED-Technologie verläuft dynamisch, wie wir es allenfalls aus der Computerbranche kennen. Wie schaffen Sie es, diesem rasanten Entwicklungstempo dennoch zu folgen? Als Zubehörgroßhändler kümmert sich Naber schließlich nicht den ganzen Tag ausschließlich um Licht und Leuchten.

Martin Staaks: Wir beobachten die Entwicklung im LED-Bereich von Anfang an sehr genau und tes­ten ständig neue Modelle bei uns im Hause, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Das rasante Entwicklungstempo ist aber in der Tat ein Problem, besonders was die Darstellung in unserem Verkaufskatalog angeht. Manchmal verändert der Chiphersteller (in Asien) bereits wieder einige LED-Bauteile, ehe wir unsere Verkaufsunterlagen überhaupt an unsere Kunden verteilt haben.

 

Seit bestimmt zehn Jahren hören wir nun, dass es sich bei LEDs um das „Licht der Zukunft“ handelt. Sind die Leuchtdioden inzwischen in der Gegenwart angekommen?

Martin Staaks: Ja, die Leuchtdiode hat es in den vergangenen 30 Jahren geschafft, sich von der ursprünglich wartungsfreien Signalisierungs-Beleuchtung für technische Anzeigen hin zur leistungsfähigen effizienten Beleuchtungseinheit zu entwickeln. Die rasante Entwicklung in den letzten zehn Jahren hat es ermöglicht, hocheffizientes LED-Licht in die Straßenlaterne, den Autoscheinwerfer und z. B. eine Möbeleinbauleuchte zu integrieren. Heute haben LEDs in nahezu allen Einsatzbereichen der Beleuchtung ihren Platz.

Gilt das auch für die klassische Küchenbeleuchtung?

Martin Staaks: Auch im Bereich der klassischen Küchenbeleuchtung ist die LED heute angekommen. Durch die LED können neue moderne flache Bauformen für Leuchten realisiert werden, die früher zu Zeiten der Halogenlampe mit Reflektorspiegel nicht möglich gewesen wären. LEDs in Chip-on-Bord Technologie (CoB) können in völlig verschiedenen Bauformen als Spot oder Langfeldbeleuchtung gestaltet werden und homogen die Nische ausleuchten.

 

Die Vorteile der LED-Technik sind inzwischen gelernt. Von wegen sparsam, langlebig, schlank zu verbauen. Doch nicht wenige Nutzer schlagen enttäuscht die Hände über dem Kopf zusammen, weil das erzeugte Licht einfach nicht schön ist. Geradezu ungemütlich. So etwas spricht sich gewöhnlich herum. Haben LEDs dadurch an Verbraucherakzeptanz eingebüßt?

Martin Staaks: Da das originäre Licht einer LED blau ist, musste die Industrie technische Maßnahmen ergreifen, um die blauen Lichtbestandteile aus dem entstehenden Licht herauszufiltern. Das geschieht über den gelben Phosphor, ein Fluoreszenzfarbstoff, der auf der Oberfläche des Halbleiters aufgebracht wird. Durch das zu Verkaufsbeginn des LED-Lichts noch überwiegend vorhandene, sehr warme Halogenlicht mit 2800 Kelvin war der Farbunterschied zur LED natürlich sehr groß.
Das war übrigens nicht nur bei der Küchenbeleuchtung so. Ich erinnere mich noch gut an die ers­ten „blauen“ LED-Lichterketten für Weihnachtsbäume, die warme weihnachtliche Stimmung verbreiten sollten. Mittlerweile ist die Richtung klar. In der Zukunft wird das LED-Licht eine natürliche Lichtfarbe von etwa 4000 Kelvin haben.

 

Wie alltagstauglich sind die Produkte der aktuellen Generation?

Martin Staaks: Heutige, qualitativ hochwertige LED-Produkte sind leistungsstark, langlebig und wartungsfrei. Absolut geeignet, eine herkömmliche Halogenlampe zu ersetzen.

Bei herkömmlichen Glühbirnen und Halogenlampen genügt in der Regel die Watt-Zahl, um zu wissen, welche Leuchte wohin gehört. Bei LEDs scheint die Sache komplizierter. Selbst motivierte Interessierte können zwischen Lux, Kelvin und Watt den Überblick verlieren ...

Martin Staaks: ... es ist unkomplizierter als Sie vielleicht denken.

Dann lassen Sie uns doch eine Art „Sendung mit der Maus“ inszenieren. Was versteht man unter Kelvin und warum ist dieser Wert wichtig?

Martin Staaks: Kelvin (K) ist die Einheit der thermodynamischen Temperatur (Wärme) des Lichtes, sie gibt an ob ein Licht vom menschlichen Auge als kalt (6000 K) oder warm (2800 K) wahrgenommen wird.

Und Lux?

Martin Staaks: Die Einheit Lux (lx) gibt Auskunft über die Beleuchtungsstärke einer Lichtquelle in einem fest bestimmten Abstand zu der beleuchteten Fläche. Sie ist wichtig, um die nötige Lichtmenge in einem Raum, an einem Arbeitsplatz oder auf einer Küchenarbeitsplatte zu ermitteln.

Welchen Stellenwert haben die Watt-Angaben in diesen Zusammenhängen?

Martin Staaks: Anhand der Watt Angabe kann man wie bisher bei der Halogenlampe die Stärke des Lichtstromes ablesen. Zusammen mit der Angabe der Lichtstärke pro Watt ermittelt man die Lichtausbeute des Leuchtmittels.

 

Und dann gibt es noch das Güte­kriterium der Farbwiedergabe. Was ist darunter zu verstehen?

Martin Staaks: Damit ist wohl der Farbwiedergabeindex (Ra) gemeint. Mit dem Ra-Wert wird über 14 fest definierte Testfarben die Genauigkeit der Farbwiedergabe eines Leuchtmittels bestimmt. Tageslicht hat mit 100 Ra den höchsten Wert. Ein Ra Wert von 80 sollte für den Arbeitsbereich nicht unterschritten werden, um eine verfälschte Farbwiedergabe von Materialien und Oberflächen zu verhindern.

 

Noch eine Frage zur Farbtemperatur in Kelvin. Dient allein die Einteilung Warmweiß, Neutralweiß und Tageslichtweiß als praktikable Orientierungshilfe?

Martin Staaks: Nur die Farbtemperatur Kelvin zur Hilfe zu nehmen, wäre zu wenig. Genauso wichtig ist der Wert Lumen (lm), denn erst aus der richtigen, zur Umgebung passenden  Lichtfarbe und der entsprechenden Lichtstrom-Leistung des Leuchtmittels entsteht eine gut geplante Beleuchtung.


Dann lassen Sie uns doch alle ­relevanten Detailwerte zielführend zusammenfassen: Auf was ist zu achten, um eine Arbeitsfläche mit Unterbau-LED-Leuchten so auszuleuchten, dass es vom Nutzen an die gelernte Halogenbeleuchtung erinnert?

Martin Staaks: Als erstes auf den K-Wert, dann auf die Leistung in Lumen (lm) und den für die Beleuchtungsstärke wichtigen Lux-Wert (lx). Bei der Planung bedeutet das, – um eine herkömmliche 20-Watt-Halogenlampe (Lumenleistung ~18 lm/Watt x 20 Watt = 360 lm) gleichwertig zu ersetzen, benötigen Sie ein Leuchtmittel, das mindestens 360 Lumen erzeugt. Um eine Arbeitsfläche angemessen auszuleuchten, benötigen Sie eine Beleuchtungsstärke zwischen 300 und 500 Lux (lx).

Und wie sieht es bei der klassi­schen Esstisch-Beleuchtung aus? Welche Werte sind bei diesem Einsatzzweck maßgebend?

Martin Staaks: Eine optimale Arbeitsplatzbeleuchtung sollte bei 500 lx liegen. An einem Essplatz, an dem ab und zu vielleicht auch mal Schulaufgaben erledigt werden, sollte dieser Wert als Maximalwert zur Verfügung stehen. Im normalen Gebrauch liegt der „gemütliche“ Wert eher im Bereich zwischen 100 und 200 Lux.


Und bei der raumerhellenden Deckenbeleuchtung?

Martin Staaks: Als Raumausleuchtung wird ein Lux-Wert von etwa 300 lx zugrunde gelegt. Dieser Wert ist aber schwankend, je nachdem ob eine helle oder dunkle Möblierung des Raumes vorliegt. Es gilt dabei zu beachten, dass dunkle Oberflächen mehr Licht „verschlucken“ als helle.

Werfen wir noch den Blick in den Wohnraum. Die klassische Stehlampe. Was braucht eine LED-Lampe, um ein gemütliches Leselicht zu verbreiten.

Martin Staaks: Vom Aspekt der Gemütlichkeit aus gesehen, kann es die Lichtfarbe 2800 K sein. Leichter lesen kann man aber sicher bei einer helleren Lichtfarbe, die im Tageslichtbereich liegt. Im Büro arbeitet ja auch niemand bei gemütlichem Kerzenschein.

Es gibt Einzel- und es gibt Flächen-LEDs. Welche Technologie hat welche Vorteile?

Martin Staaks: Die Einzel-LEDs (SMD) haben den Vorteil, dass sie auch in kleinen Losgrößen individuell auf eine Platine gelötet werden können. Sie benötigen aber in der Regel eine Optik zur Lichtbündelung. Die gelben Flächen-LEDs werden in einer kompletten Fläche mit gelbem Phosphor-Silikon vergossen und geben das Licht in einem flachen Abstrahlwinkel sehr diffus an die Umgebung ab. Beide Technologien haben ihre Berechtigung und werden auf den jeweiligen Einsatzzweck abgestimmt in aktuelle Leuchtenmodelle eingebaut.

Und welche eignet sich für die klassischen Einsatzbereiche innerhalb der Küchenplanung?

Martin Staaks: Je nach Einsatzbereich und Leuchten-Design entscheidet sich der Endkunde für die eine oder andere Variante. Richtig eingesetzt sind beide Technologien als gleichwertig zu sehen. Wichtig ist, dass der Händler auf eine ausreichende Anzahl der platzierten Leuchten achtet, um Schattenflächen zu verhindern.

Ein besonders betonter Vorteil von LEDs ist die Langlebigkeit. 50. 000 Betriebsstunden und mehr sollen es sein. Gilt dies grundsätzlich für alle Leuchten, oder gibt es Qualitätsunterschiede?

Martin Staaks: Als wichtigstes Merkmal für die Haltbarkeit einer LED gilt die Wärmeableitung der bei der Lichtentstehung entstehenden Wärme. Grundsätzlich sollte jede LED-Leuchte über eine ausreichende Kühlfläche verfügen, entweder direkt an der Platine oder mit einer möglichen Wärmebrücke zum (Metall-)Gehäuse, das dann als Kühlkörper fungiert. Hochwertige LED-Platinen überwachen die Temperatur der LED-Bauteile selbstständig und regeln den Strom unmerklich herunter, um Schäden an der LED-Einheit zu verhindern.

 

Die energiefressende Glühlampe gehört bald endgültig der Vergangenheit an. Und auch die Tage der Halogenbeleuchtung sind gezählt. 2016 soll es z. B. der weit verbreiteten G 9-Stift-Halogenleuchte an den Kragen gehen. Das sind nur noch vier Jahre. Was bedeutet das für den küchenplanenden und verkaufenden Handel heute?

Martin Staaks: Die 20-Watt-Halogenleuchte wird sicher, wenn auch in einer reduzierten Wattage, nach 2016 erhältlich sein. Der Wirkungsgrad wird jedoch immer deutlich hinter einer LED mit derselben Lichtmenge viel geringer sein. Die LED als Beleuchtungselement steht immer noch am Anfang ihrer Entwicklung. Die Halogenlampe befindet sich dagegen am Ende ihres Produktlebenszyklus und hat kaum noch Entwicklungspotenzial. Der Endkunde achtet beim Kauf von Elektrogeräten ja auch ver­stärkt auf das Energielabel, das den Verbrauch der Geräte darstellt. Darauf gilt es auch bei der Beratung und beim Verkauf von modernen LED-Lichtsystemen hinzuweisen.

LED ist ein rationales Thema, die genannten Vorteile überzeugen. Keine Frage. Doch selten lassen sich Produkte erfolgreich rein über die Ratio vermarkten. Was braucht die LED-Technologie, um die Herzen der Verbraucher zu erreichen - und so einfacher verkaufbar zu sein?

Martin Staaks: Ich bin überzeugt, dass der Verbraucher längst um die Vorteile der LED Technologie weiß. Diese gilt es, wie es die Automobil­industrie bereits erfolgreich vormacht, auch im Küchen-und Möbelbereich, mit einem innovativen „must have“-Image zu belegen.
– Keine moderne Küche ohne LED-Licht!

 

Sie haben uns überzeugend dargelegt, dass LED als „Licht der Zukunft“ in der Gegenwart angekommen ist. Angesichts der rasanten Entwicklung auf dem Lichtmarkt: Was erwartet uns in der nächsten Zeit? Werden LEDs immer spezialisierter, effizienter oder noch sparsamer? Oder gibt es eine darauf aufbauende Technologie?

Martin Staaks: Das Thema organische LEDs, abgekürzt OLED, ist heute noch in einem frühen Stadium der Entwicklung. Eine Anwendung in unserem Bereich sehe ich kurzfristig noch nicht. Aber wer weiß, die LED-Entwicklung ist, wie bereits gesagt, rasant. Ich denke auf der Light & Building 2012 im nächsten Jahr werden wir die weitere Zukunft im Bereich OLED sehen, die über den bisherigen Einsatz bei Displays und Monitoren hinausgeht.

 

Eine abschließende Frage: Welche Empfehlung geben Sie dem küchenplanenden und verkaufen­den Handel in puncto Licht und Leuchten?

Martin Staaks: Bei der Planung und Bestückung von Musterküchen bereits darauf zu achten, dass die Lichtfarbe der Leuchte zur Küche passt und verschiedene Lichtfarben mit unterschiedlichen Oberflächen in der Ausstellung zu präsentieren. Bei der Beratung bekommt der Kunde dann recht schnell einen Eindruck, wie welche Lichtfarbe in „seiner“ neuen Küche wirkt.
Sehr hilfreich für den Handel  sind da spezielle LED-Lichtborde und Lichtfarben-Vergleichspräsenter, die eine schnelle und einfache Erklärung zu diesem Thema bieten.

Herr Staaks, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses ausführliche Gespräch genommen haben.

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