24.04.2015

AMK: „Einmischen und die Weichen stellen“

„Wir müssen jetzt die Weichen stellen, damit unsere derzeit gute Position auch gut bleibt“, lautete der Tenor auf der Mitgliederversammlung der AMK. Drei Themen sind für die Unternehmen der Küchenbranche derzeit besonders relevant: 1. Weiterer Aufbau von Exportstrukturen, 2. Teilnahme an internationalen Normierungsverfahren und 3. aktives Marketing im Inlandsmarkt. Von Dirk Biermann

Führte souverän und humorvoll durch die Mitgliederversammlung: AMK-Geschäftsführer Kirk Mangels. Foto: Biermann

AMK-Vorstandssprecher Dr. Oliver Streit: „Die Deutschen, ein Land von Optimisten – wer hätte das gedacht. Foto: Biermann“

Die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielen der Küchenbranche in die Karten. Die typischen GfK-Indikatoren im Dreiklang von Wirtschaftswachstum, Haushaltseinkommen und Konsumneigung zeigen stabil nach oben und sorgen für gute Stimmung im Land. Selbst die Einkommenserwartung der Bundesbürger ist positiv. „Die Deutschen, ein Land von Optimisten – wer hätte das gedacht“, brachte AMK-Vorstandssprecher Dr. Oliver Streit (nobilia) die Lage mit ironischem Unterton auf den Punkt. Und da wichtige europäische Exportmärkte wie Holland, Spanien und Frankreich ebenfalls wieder angefangen haben sich zu erholen, die Zahl der Baugenehmigungen weiterhin stabil und die Sparneigung gering ist, steht einem Gläschen Jahrgangssekt wohl nichts im Wege. Ach, was: Champagner! Schließlich gibt es hierzulande einen Trend zum bewussten Konsum, der Qualität vor Quantität setzt und den Durchschnittspreis aller in Deutschland verkauften Einbauküchen (Statistik außer Ikea) nach oben hievt. Im vergangenen Jahr laut GfK von 5799 auf 6281 Euro. Eine Art Goldgräberstimmung herrscht zudem in Übersee. In den aufstrebenden Märkten Asiens zum Beispiel muss nur „Made in Germany“ an der Front geschrieben stehen und die Küchen verkaufen sich wie geschnitten Brot.

Kein Freibrief für die Zukunft
Die aktuell Lage der Branche als Ganzes ist grundsätzlich wirklich „sehr erfreulich“, stellte AMK-Sprecher Dr. Streit zusammenfassend fest, er machte aber auch deutlich, dass dies nicht für alle Unternehmen und Produktzweige im gleichen Maß gelte. Die Geräte- und Zubehörindustrie profitiert vom Trend zu Qualität und Design deutlich stärker als die Küchenmöbelindustrie, die seit einigen Jahren an Umsatzanteil im Gesamtensemble Einbauküche verliert. Von einst rund 60 % auf heute noch 40 %, wie Experten meinen. „Aber wir sehen die Küche bei der AMK ja ganzheitlich“, so der AMK-Vorstandssprecher. Und er fügte hinzu, dass diese grundsätzliche erfreuliche Entwicklung – von den jeweiligen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einmal abgesehen – 1. nicht von allein kommt und 2. kein Freibrief für die Zukunft sei.
Zu „Erstens“ verwies er auf die langjährige Arbeit der AMK-Arbeitsgruppen, deren Mitglieder wertvolle Grundlagenarbeit für den wirtschaftlichen Erfolg der gesamten Branche im In- und Ausland leisten. Rund 150 Experten engagieren sich derzeit in den Themenbereichen „Marketing & Öffentlichkeitsarbeit“, „Technik & Normung“, „Internationalisierung“, „Spülen & Zubehör“ und „Messen“. „Das sind für mich die stillen Helden der AMK“, würdigte Dr. Streit diese Arbeit. Gleichzeitig appellierte er an alle Mitgliedsunternehmen: „Weitere Mitstreiter sind in allen Gruppen willkommen.“
Zu Punkt „zwei“, dem nicht existierenden Freibrief, erhielt Dr. Streit argumentative Unterstützung von seinem Vorstandskollegen Werner Heilos (MHK Group), gleichzeitig Sprecher der Arbeitsgruppe „Internationalisierung“. „Das Geschäft im Inland ist in den letzten Jahren gut gelaufen, aber gehen Sie nicht davon aus, dass dies zuverlässig so weitergeht“, sagte Heilos und appellierte an die anwesenden Mitglieder: „Schaffen Sie sich Alternativen.“ Womit der Aufbau von tragfähigen Exportstrukturen gemeint ist. Mit der Organisation von Länderinformationstagen unterstützt die AMK ihre Mitglieder schon seit rund vier Jahren bei diesen Plänen. Fachkundige Referenten aus dem Kreis der Branche und darüber hinaus berichteten bei diesen Gelegenheiten, was man beim Markteintritt zum Beispiel in China, Indien, Russland, Brasilien, Südostasien, Türkei oder England tun kann und besser bleiben lassen sollte. Nun ist eine Art Konzentration dieser Veranstaltungen geplant. Am Dienstag, 19. Mai 2015, führt die AMK den „1. Internationalen Strategietag für Entscheider“ durch. Und zwar von 10 bis 17 Uhr im Maritim Airport Hotel Hannover. Ziel sei es, Firmeninhabern, Geschäftsführern und Exportverantwortlichen eine „breite Grundlage für spätere Entscheidungen“ zu vermitteln, wie Werner Heilos sagte. Nähere Informationen dazu gibt es bei der AMK-Geschäftsstelle in Mannheim.

Chinesen machen Druck
Der Erfolg in fernen Märkten entscheidet sich nicht erst an der Zollschranke exotischer Gefilde, sondern bereits Daheim. Zum Beispiel bei der vorhandenen oder fehlenden Bereitschaft, sich in die Prozesse der Möbelnormierung einzumischen. Keine Frage: Das riecht nach Staub und ist für die Marketingexperten in den Unternehmen inhaltlich knüppelhartes Brot. Doch die Technikexperten der AMK-Mitgliedsunternehmen können damit umgehen und manche von ihnen leisten gar nicht hoch genug einzuschätzende Arbeit für die Gemeinschaft. Frei nach dem Motto: Was man selbst mit erarbeitet hat, kann einen später nicht überraschen. Dieses prä-normative Wirken der AMK-Arbeitsgruppe „Technik & Normierung“ hat viele Jahre reiche Früchte getragen. Doch jetzt weht ein anderer Wind. Denn die Möbel- und Einrichtungsbranche ist globaler geworden, mit neuen und starken Marktteilnehmern. Allen voran China. Dort habe man ein starkes Interesse, statt mit den in Europa gängigen EN-Normen mit den international sehr verbreiteten ISO-Normen zu arbeiten, berichtete Peter Retemeier (Poggenpohl). Das neu entstandene Selbstbewusstsein auf diesem Gebiet dokumentiert eine jüngst gemachte Aussage von Changling Zhu, Präsident des Chinesischen Möbelverbandes: „Wir sind der weltgrößte Markt, wir sind der weltgrößte Produzent von Möbeln, wir haben die Normen-Experten, wir haben den Willen und wir haben die Unterstützung unserer Regierung.“ Für Peter Retemeier steht fest: „Wir müssen uns mit den ISO-Normen beschäftigen und die EN-Normen damit abgleichen.“ Das Bewusstsein für diese wichtige Aufgabe sei bei den Küchenmöbelherstellern in Deutschland noch deutlich zu gering. „Wir Europäer müssen mit einer Stimme sprechen“, mahnte Retemeier eindringlich und sagte diesen Satz, der auf keiner AMK-Mitgliederversammlung fehlen darf: „Wer nicht normt, wird genormt.“ AMK-Geschäftsführer Kirk Mangels unterstrich dies zusätzlich: „Bitte mischen Sie sich ein und bringen Sie Ihr Fachwissen beim Arbeitskreis Normung aktiv mit ein. Denn jetzt werden die Weichen für den künftigen Erfolg gestellt.“

Marketing aktiv gestalten
Der Ausbau der Exportaktivitäten ist ein branchenübergreifendes Thema mit firmenindividueller Relevanz - hinsichtlich Umfang, Zeitplan und konkrete Zielmärkte. Was alle Mitgliedsunternehmen der AMK eint, ist die Präsenz auf dem Inlandsmarkt. Und dieser ist trotz aller konjunkturellen Schwankungen nach wie vor bärenstark. Schließlich gibt jeder Deutsche laut VDM statistisch betrachtet 384 Euro im Jahr für Einrichtung von Haus und Wohnung aus, Deko und anderen Klüngel noch gar nicht eingerechnet. Das ist mit deutlichem Abstand Spitze in Europa. Sich gemütlich einzurichten, ist aktuell ein stark ausgeprägter Wunsch vieler Menschen. Ob es jedoch ein Sofa, ein Boxspring-Bett oder doch eine neue Einbauküche sein soll, entscheidet sich oft am Erfolg der Konsumentenansprache. Und an Kreativität und Fachkunde der Marketingverantwortlichen. Auch hier unterstützt die AMK die Mitgliedsunternehmen mit praktischen und ausgesprochen erfolgreichen Instrumenten. Der „Tag der Küche“ zählt dazu, die in Zusammenarbeit mit dem HDH/VDM realisierte Pressearbeit ebenso. Neu aufgelegt und vorab gründlich modernisiert wurde nun der Ratgeber Küche. Und das Projektteam „Marktforschung“ liefert wertvolle Ansätze für eine bedürfnisorientierte Ansprache potenzieller Küchenkäufer. Aktuelle Basis dafür ist eine kürzlich durchgeführte repräsentative Befragung durch die Marktforscher der GfK, wie Gruppensprecherin Elke Meyer (Hettich) berichtete. „Dadurch wissen wir nun, dass die durchschnittliche Küche in Deutschland 12,7 Jahre alt ist und 13,3 qm in der Fläche misst“, so Meyer. Und dass 15 Millionen Küchen älter als 15 Jahre alt sind, in welchen Regionen die Küchen wie alt sind, welche Altersgruppen eine wie stark ausgeprägte Anschaffungsneigung haben und wer deshalb ein besonders geeigneter Empfänger für ein Exemplar des „Ratgeber Küche“ sein könnte. Die Ausführungen von Elke Meyer machten deutlich: Marketing ist planbar und muss sich keineswegs auf Rabattwerbung beschränken. Vorausgesetzt man kennt seine Zielgruppe.

Weitere Tagungssplitter
10 Millionen Küchen in Deutschland sind älter als 20 Jahre und 15 Millionen Küchen sind älter als 15 Jahre. „Ein enormes Potenzial“, meint Axel Hagmeister (nobilia), Gruppensprecher „Marketing & Öffentlichkeitsarbeit“. Und sicher ein Fakt für Küchenspezialisten, sich noch mal intensiv Konzepte zur Küchenrenovierung anzuschauen – oder in der Kundenansprache eigne Strategien dafür zu entwickeln.

Wie Franz Bahlmann (KüchenTreff) berichtete, haben 2014 wieder rund 2.000 Händler beim „Tag der Küche“ mitgemacht. Er räumte aber ein: „Die Qualitätsunterschiede im Handel sind sehr groß.“ Ausgesprochen erfolgreich sei die Einbindung verschiedener Social Media-Kanäle im Aktionszeitraum gewesen. Aktuell zählt die Sponsorenliste für den „Tag der Küche“ 35 Namen. „Von 136 Mitgliedern ...!“ Bahlmann diese Aussage bewusst unvollendet im Raum schweben. Um aber dann doch anzufügen: „Unterstützen Sie den Tag der Küche.“

Denn wie außerordentlich intensiv der „Tag der Küche“ als Medienthema angenommen und umgesetzt wird, belegte Achim Hannott, Leiter Öffentlichkeitsarbeit beim VDM/HDH (Verband der Deutschen Möbelindustrie / Hauptverband der Deutschen Holzindustrie). Ein Großteil der insgesamt 153 Millionen Abdrucke in bundesdeutschen Zeitungen und Magazinen sei 2014 auf das Konto „TdK“ gegangen. Ebenfalls starke Anlässe für die Berichterstattung in den Medien seien die Wirtschaftspressekonferenz der AMK und natürlich die LivingKitchen. Aber die taucht erst wieder in der Statistik für 2015 auf.

Über den aktualisierten „AMK Ratgeber Küche“ haben wir schon in der Ausgabe KÜCHENPLANER 1/2 2015 ausführlich berichtet. In Mannheim skizzierte Florian Goos (Goos Communication) wichtige Eckpunkte für die Tagungsteilnehmer. Ziel sei es gewesen, die Broschüre mit neuen Fotos und Texten emotionaler zu gestalten, dabei jedoch den Ratgebercharakter und vor allem die Herstellerneutralität zu bewahren. Eine neu gegründete Arbeitsgruppe soll nun eine Online-Version des Ratgebers erarbeiten.

Gerhard Goebel (systemceram) berichtete für die Arbeitsgruppe „Spülen & Zubehör“ von den Aktivitäten in diesem Segment. Unter anderem sagte er: „Der Wechsel zum Recycling-Unternehmen RKT am 1. Januar 2015 sei „ruhig über die Bühne gegangen.“

Dem Interessenkreis „China“ innerhalb der Arbeitsgruppe „Internationalisierung“ gehören derzeit 25 Unternehmen an. Die prägenden Themen sind laut AMK-Geschäftsführer Kirk Mangels „Normung“, „Verbandskontakte“, „Pressearbeit“ und „Wahrung der Schutzrechte der Mitglieder“. Mangels betonte erneut, dass sich die China-Gruppe eigenständig finanziere und nicht das AMK-Budget belaste.

Eine „schwungvolle Veranstaltung“ nannte Vorstandsprecher Dr. Oliver Streit die LivingKitchen 2015. Womit er die allgemeine Einschätzung der Branche wohl recht gut wiedergab. Für den Veranstalter Koelnmesse, einer der Partnerorganisationen der AMK, gab Arne Petersen, Geschäftsbereichsleiter Messemanagement, einen konzentrierten Rückblick und zeigte die Entwicklung bei Ausstellern und Besuchern von 2011 über 2013 bis 2015 auf. Sein Fazit: „Die LivingKitchen 2015 konnte sich als internationales Küchenevent etablieren.“ Anlass zur Selbstgefälligkeit sei dies jedoch noch. „Wir haben noch ein prall gefülltes Aufgabenheft“, gab der Messemanager zu Protokoll. Insbesondere erwartet die Branche von ihm und seinem Team, wozu allen voran Eike Fuchs und Stefanie Nienhaus gehören, weitere Steigerungen der Internationalität. Stattfinden wird die nächste LivingKitchen vom 16. bis 22. Januar 2017. Im Herbst 2015 werden die Anmeldeunterlagen versendet. Mit einer weiteren Veranstaltung will die Koelnmesse international den Weg für einen Besuch in Köln ebnen. Die CIKB in Shanghai fand 2014 mit 150 Ausstellern statt. 15.000 Besucher wurden gezählt. Der nächste Termin: 21. bis 23. Oktober 2015. Wieder in Shanghai.

Dr. Lucas Heumann steht bestimmt nicht auf der Lohnliste der AMK-Arbeitsgruppe „Internationalisierung“, aber sein Statement deckte sich inhaltlich mit dem von Werner Heilos. „Beschäftigen Sie sich jetzt mit internationalen Märkten, denn in China, Indien und Brasilien spielt künftig die Musik“. Die Rahmenbedingungen in Deutschland seien derzeit zwar „toll“, aber er sieht mehrere strukturelle Probleme im Markt für Einrichtungen und Möbel. Deshalb sein Fazit: „Wir brauchen eine noch stärkere Exportoffensive.“

Neu im AMK-Verbund ist unter anderem der Bundesverband des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM). Dessen Hauptgeschäftsführer Thomas Grothkopp stellte den Verband inhaltlich vor. Dabei ging er auch auf die Interessenvertretung der Branche auf den verschiedenen politischen Ebenen ein. Dem BVDM gehören über die 16 Landesverbände und Fachgemeinschaften rund 4.000 Mitgliedsfirmen an. André Kunz, ebenfalls BVDM, beleuchtete besonders auf die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten von der Möfa bis zur AMK-Akademie.

www.amk.de


Dieser Beitrag ist erschienen in KÜCHENPLANER, Ausgabe 3/4 2015.
Die gesamte Ausgabe gibt es auch als ePaper auf www.pressekatalog.de, Stichwortsuche Küchenplaner.



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