09.09.2013

„Die Branche braucht die Möfa“

Die Fachschule des Möbelhandels Köln feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum. Zu diesem besonderen Anlass sprach Küchenplaner-Autorin Astrid Plaßhenrich mit Schulleiter Dieter Müller über die Zukunft der Schule und neue Traineekonzepte. Aber auch über die Leidenschaft der Studierenden und Dozenten für die Branche und warum viele ihrer Absolventen besser abschneiden als der Bundesdurchschnitt.

KÜCHENPLANER: Herr Müller, herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag Ihrer Schule. Was empfinden Sie, wenn Sie an das Jubiläum denken?
Dieter Müller: Ich empfinde sehr großen Stolz, da die Schule seit 75 Jahren qualifiziertes Fachpersonal ausbildet und sich dabei immer sowohl qualitativ als auch quantitativ weiterentwickelt hat. Einen Stillstand gab es bei uns nie. Aber ich habe auch eine gewisse Sorge, weil Teile der Branche noch nicht verstanden haben, was mit dem demografischen Wandel auf sie zukommt.

Was meinen Sie damit?
Die Zahl der Interessenten, die sich für eine Ausbildung im Einzelhandel entscheiden, hat bereits nachgelassen und wird in Zukunft auch weiterhin nachlassen. Andere Branchen wirken auf den ersten Blick oft interessanter. Deshalb muss die Branche ihre Attraktivität herausstellen und interessante Perspektiven bieten, damit sich junge Menschen für sie entscheiden. Wir unterstützen sie dabei mit unseren attraktiven, branchenorientierten Ausbildungsangeboten.

Inwiefern?
Wir haben Traineekonzepte geschaffen, mit denen die Unternehmen sehr zielgerichtet Nachwuchsförderung betreiben können. Für die Küchen- oder Einrichtungsfachberater sehen die Konzepte vor, dass ein Trainee, der bereits eine Erstausbildung absolviert hat, neun Monate an unserer Möbelfachschule weitergebildet wird und anschließend noch maximal neun Monate für die speziellen Anforderungen des Betriebes trainiert wird.

Dadurch sind Theorie und Praxis also eng verzahnt.
Richtig. Und nach nur 18 Monaten haben die Betriebe den großen Vorteil, hochqualifiziertes Fachpersonal einstellen zu können. Ein ähnliches Modell gibt es für die Betriebswirte. Aber auch für Schulabgänger mit Abitur oder Fachhochschulreife haben wir mit unserem dualen Fachschulstudiengang eine ansprechende Kombination aus Erstausbildung und Weiterbildung vorgelegt.

In der Branche wird oft kritisiert, dass es mit der Ausbildungsqualität im Küchenhandel hapert. Stimmen Sie dem zu?
Dieser Aussage stimme ich in der Form nicht zu. Es liegt nicht an der Ausbildungsqualität. Ich denke eher, die Branche hat Schwierigkeiten, qualifizierte Bewerber für die Ausbildung oder auch qualifiziertes Personal mit Berufserfahrung zu finden. Abiturienten und ähnlich gut ausgebildete Schulabgänger entscheiden sich eher für Ausbildungsberufe in der Industrie oder im Bankwesen, als den Weg in die Möbelbranche zu finden. Genau für diese Zielgruppe haben wir eben die Traineekonzepte und den dualen Fachschulstudiengang entwickelt.

Wie entwickeln sich die Zahl der Studierenden an Ihrer Schule?
Die Zahl ist zurzeit konstant. Wir sind zufrieden, das heißt aber nicht, dass wir auch damit glücklich sind, denn die Nachfrage nach unseren Absolventen übersteigt die Zahl der Abgänger deutlich.

Im Umkehrschluss: Die Zahl der Studierenden könnte höher liegen?
Ja, in der Tat. Ich bin der Meinung, dass in vielen Betrieben die Vorteile der Traineekonzepte und des dualen Fachschulstudiums noch nicht vorgedrungen sind. Kurzfristig sehen sie nur, dass der Trainee eine Zeit lang nicht vor Ort im Betrieb ist. Mittel- und langfristig profitieren sie aber von dem Konzept, indem wir nämlich zusammen hoch qualifiziertes Personal ausbilden und die Unternehmen dieses an sich binden können.

Was unternehmen Sie als Schule, um Studierende zu gewinnen?
Wir schreiben die Betriebe regelmäßig an, stellen ihnen unsere Konzepte vor. Wir sind auch auf Fach- und Berufsmessen vor Ort, gehen in die weiterführenden und beruflichen Schulen und organisieren Tage der offenen Tür. Wir wollen den Schulabgängern und den Absolventen einer beruflichen Erstausbildung zeigen, dass eine Küche zu planen nicht heißt, einfach nur einen Kasten neben den nächsten zu stellen, sondern dass Küchenplanung ein ungeheuer komplexer, spannender und kreativer Vorgang ist.

Worum geht es denn?
Jeder Raum bietet unendlich viele Möglichkeiten, um eine Küche zu planen. Dazu müssen die Fachberater die Wünsche und Vorstellungen der Kunden mit einfließen lassen. Das erfordert ein hohes Maß an Sensibilität. Was geht, was geht nicht? Wie gehe ich ein Verkaufsgespräch an? Und was sieht noch dabei gut aus? All diese Fragen können unsere Absolventen fachgerecht und kompetent beantworten und daraus kreative Planungsideen entwickeln. Und genau das wollen auch die Kunden.

Ein Großteil Ihrer Absolventen schneidet besser ab als der Bundesdurchschnitt. Wie erklären Sie sich das?
Ja, das stimmt. Wobei das sich nur auf die Betriebswirte und die Berufsschüler beziehen kann, denn Küchenfachberater und Einrichtungsfachberater bilden wir als einzige in Deutschland aus. Aber es ist so, dass sich unsere Studierenden ganz bewusst für unsere Schule und die Branche entscheiden. Oft sind es auch Seiteneinsteiger wie Köche, Schreiner oder Tischler, die bereits das nötige Verständnis und eine große Leidenschaft für die Möbel- oder die Küchenbranche mitbringen. Das ist ein ganz großer Vorteil. Hinzu kommt die Leidenschaft, mit der wir als Kollegium an unsere Aufgabe herangehen.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit Ihrer Schule mit der Industrie?
Die Zusammenarbeit ist sehr konstruktiv. Für den Bereich Küchen pflegen wir enge Kooperationen mit Herstellern von Küchenmöbeln, Küchengeräten und Küchenzubehör, die uns von den Verkaufsunterlagen, über Muster und Kataloge auch Möbel und Geräte zur Verfügung stellen, damit wir hier vor Ort die gelernte Theorie sehr anschaulich gleich mit der Praxis verknüpfen können.

Die Küchenbranche entwickelt sich sehr dynamisch. Das heißt: Nicht nur Ihre Studierenden müssen sich ständig weiterbilden, sondern auch die Dozenten.
Das stimmt. Und an dieser Stelle muss ich das Kollegium loben. Die Dozenten zeigen eine unglaubliche Eigeninitiative und ein hohes Maß an Engagement. Sie haben sich in Industrie und Handel ein großes und sehr enges Netzwerk geschaffen und bekommen die Entwicklung immer zeitnah und aus erster Hand mit. Natürlich nehmen die Kollegen auch die Weiterbildungsmöglichkeiten unserer Branche wahr. Das ist einerseits sehr aufwendig, andererseits aber auch eine überaus befriedigende Arbeit.

Was wünschen Sie Ihrer Schule für die kommenden 75 Jahre?
Ich wünsche mir einen Fortbestand auf hohem ­Niveau, denn wir wollen auch in Zukunft unserer Aufgabe der qualifizierten Aus- und Weiterbildung für die Küchen- und Einrichtungsbranche gerecht werden. Ich hoffe, wir werden immer genügend Studierende haben, die mit Leidenschaft und dem nötigen Ehrgeiz ihre Ausbildung absolvieren. Und ich wünsche mir auch, dass Industrie und Handel diese Begeisterung weiterhin mittragen. Denn eines steht fest: Die Branche braucht die Möfa.