28.01.2016

Warum Weiß nicht immer gleich Weiß ist

Viele Planer kennen diese Situation: Zwei LED-Leuchten des gleichen Herstellers, mit der gleichen Artikelnummer und der gleichen Farbtemperatur. Aber im direkten Vergleich ein sehr unterschiedlicher Farbeindruck. Wie kann das sein? Und wie können Planer eine solche Überraschung vermeiden?

Farbabweichungen wie diese können auch mit LEDs aus gleicher Produktionsserie passieren. Foto: Dial

Die Farbdrift von LEDs ist eine spezielle Herausforderung bei der Verwendung dieser Leuchten. Besonders, wenn man eine weiße Wandfläche beleuchtet, können Farbortverschiebungen schnell sichtbar werden. Dies ist sowohl für den Planer als auch für den Kunden sehr ärgerlich. Der erste Reflex: Hier wurden fälschlicherweise Produkte mit unterschiedlichen Artikelnummern geliefert. „Doch in der Regel ist dies nicht die Ursache“, wissen die Experten des Lüdenscheider Unternehmens DIAL GmbH. Um das Phänomen zu verstehen, helfen im ersten Schritt die Begriffe „Farbtemperatur“ und die „ähnlichste Farbtemperatur“.

Definition der „ähnlichsten Farbtemperatur“
Die Farbtemperatur beschreibt den Farbeindruck einer Weißlichtquelle. Eine hohe Farbtemperatur wird auch als „kaltweiß“ bezeichnet. Der Farbeindruck des Lichtes ist eher „bläulich“ und weckt die Assoziation von bläulich schimmerndem Polareis. Eine niedrige Farbtemperatur wird dementsprechend als „warmweiß“ beschrieben. Hier ist der Farbeindruck eher „gelblich“, was zur Assoziation eines gelben Kerzenscheins passt. Die Einheit, um die Farbtemperatur zu beschreiben, ist Kelvin [K]. Dabei entsprechen 273,15 K umgerechnet 0 °C, wobei die Differenz von 1 °C exakt der Differenz von 1 K entspricht.
Bei Temperaturstrahlern (z.B. Glühlampen) entspricht die Farbtemperatur des sichtbaren Lichtes annähernd der Temperatur der Wendel im jeweiligen Betriebszustand. Erhitzt man die Glühwendel auf eine Temperatur von ca. 1.700 °C, besitzt das Licht demzufolge eine Farbtemperatur von ca. 2.000 K. So lange es sich um Temperaturstrahler handelt, ist die Farbtemperatur relativ exakt reproduzierbar.
Bei weißen LEDs ist dies jedoch nicht der Fall, was daran liegt, dass hier ein anderes Prinzip der Lichterzeugung angewendet wird. Die Farbtemperatur des Lichtes wird hier erzeugt, indem Leuchtstoffe kurzwellige in langwelligere Strahlung umwandeln und sie additiv mischen. Um trotzdem eine Farbtemperatur angeben zu können, bedient man sich eines Hilfskonstrukts, der „ähnlichsten Farbtemperatur“ (Correlated Colour Temperature, kurz: CCT).
Vereinfacht gesagt wird hier das Licht der LED-Lichtquelle mit dem Licht eines Temperaturstrahlers vergleichen. Ist der Farbeindruck der LED-Lichtquelle ähnlich der des Temperaturstrahlers, so wird die vorliegende Farbtemperatur des Termperaturstrahlers als „ähnlichste Farbtemperatur“ für die LED-Lichtquelle angegeben. Und genau hier liegt das Problem: „Ähnlich“ ist nicht „identisch“.
„Die Abweichung zwischen den sichtbaren Unterschieden der ‚ähnlichsten Farbtemperatur’ wird bei LEDs leider häufig besonders deutlich“, so die Fachleute. Der Planer könne sich kaum darauf verlassen, bei identischen Artikeln oder selbst bei gleichen Chargen, identische Lichtwirkungen zu erhalten.

Toleranzen bei der Fertigung
Die Ursache für die Abweichung liegt im Herstellungsprozess der LEDs. Dort treten fertigungsbedingt Schwankungen auf, die man durch einen Auswahl- und Sortierungsprozess zu kompensieren versucht. Die LEDs werden nach der Produktion einem sogenannten „Binning“ unterzogen. Dabei erfolgt eine Selektion der produzierten LEDs in verschiedene Klassen oder auch „Behälter“ (engl. „bin“). Die Art der Einteilung und die Definition der Größe eines Bins werden dabei von jedem LED-Hersteller unterschiedlich definiert. Der Leuchtenhersteller hat die Wahl, aus welchem „Binning“ er die LEDs für seine Leuchten bezieht. Ein sehr feines „Binning“ führt dazu, dass man möglicherweise keine relevanten Unterschiede beim Farbeindruck der Leuchten wahrnimmt. Allerdings ist dies wiederum sehr teuer, da ja nur eine geringe Stückzahl von produzierten LEDs für die Produkte infrage kommt. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass das „Binning“ nicht nur in Bezug auf den Farbort, sondern auch in Bezug auf den Lichtstrom, die Farbwiedergabequalität oder weitere Parameter vorgenommen wird.

Qualitätskriterium SDCM und MacAdam-Ellipsen?
Als Qualitätskriterium der Farbeinheitlichkeit wird in vielen Datenblättern von LED-Leuchten das Kürzel „SDCM“ in Verbindung mit einer Zahl (z. B. < 3 SDCM) verwendet. Das Akronym „SDCM“ steht dabei für „standard deviation of colour matching“ und bezeichnet die Standardabweichung von einem Referenzfarbort. Je kleiner also die Zahl, desto besser ist die Farbeinheitlichkeit der Produkte. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von „MacAdam-Ellipsen“ gesprochen. Dabei meint „SDCM“ und „MacAdam-Ellipse“ das Gleiche. Doch wer sich näher mit dem Thema „MacAdam-Ellipsen“ beschäftigt, stellt ernüchtert Folgendes fest: Statistisch gesehen ist es möglich, dass selbst bei einem 2 SDCM-Binning, Farbortunterschiede existieren, die von fast allen Menschen wahrnehmbar sind.

Ebenfalls relevant: die Alterung
Hinzu kommt noch die altersbedingte Farbdrift von LEDs. Mit welcher Farbortverschiebung der Lichtplaner nach 10.000, 20.000, 30.000 oder gar 50.000 Betriebsstunden zu rechnen hat, findet man in der Regel nicht in den Datenblättern der Leuchtenhersteller. Hier müsste man genau wissen, welches LED-Modul verbaut ist, wie es betrieben wird, welche Umgebungstemperaturen herrschen. Dann kann man gegebenenfalls über ein Datenblatt des LED-Herstellers Rückschlüsse auf die Farbortverschiebung nach einer bestimmten Betriebsdauer ziehen. Aber das dürfte kaum ein Planer in der Praxis durchführen.

Was also tun?
Die Fertigungstoleranzen von weißen LEDs und die Definition der „ähnlichsten Farbtemperatur“ sorgen dafür, dass gleiche Produkte einen unterschiedlichen Farbeindruck hervorrufen können. An dieser Tatsache können Planer leider nichts ändern. „Es bleibt zu hoffen, dass LEDs schon bald sehr viel präziser gefertigt werden können, als es derzeit noch der Fall ist“, hofft die Fachwelt. Darüber hinaus gibt es aber Punkte, die beachten werden können, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

Über den Einsatzbereich nachdenken
Inwieweit die Farbunterschiede visuell wahrnehmbar sind, hat natürlich auch damit zu tun, wo und wie beleuchtet wird. Sicher fallen Farbortunterschiede sehr stark auf, wenn es um die Beleuchtung einer weißen Wand geht. Dies liegt einerseits natürlich an der Farbe Weiß, andererseits aber auch daran, dass die Vertikale in der Wahrnehmung des Menschen eine stärkere Gewichtung hat, als die Horizontale. Werden also unterschiedlich farbige Flächen oder Warensortimente beleuchtet, fallen die Unterschiede möglicherweise nicht so sehr ins Gewicht. Verfolgt man das Ziel, horizontale Flächen gleichmäßig auszuleuchten, findet ohnehin eine Durchmischung des Lichtes bis zur Nutzebene statt, und Unterschiede werden meist kaum sichtbar sein. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Lichtaustrittsflächen der Leuchten in der Wahrnehmung unterschiedliche Farbeindrücke hervorrufen können.
Dabei ist es wichtig, sich nicht nur ein Muster anzuschauen. Die Empfehlung des Unternehmens Dial lautet: „Versuchen Sie als Planer, die Lichtfarbe von mindestens zwei bis drei gleichen Leuchten nebeneinander visuell zu beurteilen. Idealerweise beschaffen Sie die Muster über verschiedene Wege (Hersteller, Großhändler, usw.), damit Sie eine Vorselektion ausschließen und eine reale Beschaffung simulieren können.“

Erweiterte Garantie
Falls der Hersteller eine (freiwillige) Garantie auf die Produkte anbietet, sollte geprüft werden, ob und in wieweit dort auch eine Farbortabweichung inbegriffen ist. Häufig sind Sätze wie diese in den Garantiebedingungen zu lesen: „…Die Farborttoleranz ist nicht Bestandteil dieser Herstellergarantie…“. Sollte dieser Aspekt nicht oder nur unzulänglich in der Garantie enthalten sein, sollten Kunden den Hersteller im Falle sichtbarer Farbunterschiede schriftlich zu einem Tausch der Produkte verpflichten. Viele Hersteller nehmen einen Austausch auf Basis der Kulanz vor. Allerdings drückt „Kulanz“ nur ein Wohlwollen des Herstellers aus und räumt dem Planer oder Kunden keinen Rechtsanspruch ein. (Quelle: DIAL GmbH, Lüdenscheid)

www.dial.de