KI im Küchenhandel: Maschine mit Mehrwert

Ingo Anneken, Geschäftsführer der SEB Steuerberatung, unterstützt Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen. Von der Rechtsformoptimierung bis hin zur Existenzgründung. Zudem ist er Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.). Foto: SEB
Selbst der größte Technikmuffel kommt an Künstlicher Intelligenz kaum mehr vorbei. Und das hat Gründe: Ihre Fähigkeit zur rasanten Datenverarbeitung, kombiniert mit einem enormen Wissensschatz, kann sich auch der Küchenhandel zunutze machen. Zwar stehen dort persönliche Beratung, handwerkliches Können und individuelle Planung im Vordergrund, doch unterstützend dazu können KI-gestützte Anwendungen Prozesse beschleunigen, die Qualität steigern und Spielräume für das Wesentliche schaffen: die Kundschaft zu begeistern. Hersteller und Verbände entwickeln bereits eigene Systeme, die in unterschiedlichsten Bereichen intelligente Unterstützung bieten. Und die Praxis zeigt: KI ist kein Ersatz für das menschliche Know-how, aber eine Ressource, die dieses sinnvoll ergänzt.
Ordnung ins System
Die Potenziale der Künstlichen Intelligenz offenbaren sich besonders dort, wo Standardisierung gefragt ist: im Tagesgeschäft. Routineaufgaben wie Bestellungen, Wareneingangskontrollen oder Lagerverwaltung lassen sich durch KI-Systeme automatisieren. Mit dem Ziel, menschliche Fehler zu reduzieren und administrative Aufgaben zu entschlacken. Auch die Mitarbeiterplanung profitiert: KI-gestützte Tools berechnen Stoßzeiten, werten vergangene Verkaufszahlen aus und erstellen bedarfsorientierte Einsatzpläne. In der Buchhaltung bringt KI ebenfalls konkrete Entlastung: Belege lassen sich digital erfassen, Buchungsvorschläge automatisch generieren und wiederkehrende Zahlungen vorausschauend planen. Was früher Stunden dauerte, gelingt heute in wenigen Klicks – mit höherer Präzision und mehr Übersicht. Dennoch ist klar, dass die Kontrolle weiterhin beim Menschen liegen sollte, der die Vorschläge prüft, plausibilisiert und gegebenenfalls justiert. Übrigens: Investitionen in solche Systeme sind in der Regel abschreibungsfähig und damit auch steuerlich interessant.
Kommunikation mit Wirkung
Besonders dynamisch zeigt sich der Einfluss der KI im Marketing. Wo früher regionale Streuwerbung das Mittel der Wahl war, entstehen heute datengestützte Kampagnen, die präzise auf Zielgruppen und Kanäle abgestimmt sind. Verbände stellen ihren Mitgliedern inzwischen spezialisierte Portale zur Verfügung, in denen KI-Anwendungen helfen, den idealen Kampagnenzeitpunkt, das passende Medium und sogar die geeignete Tonalität zu finden. Dabei fließen nicht nur historische Kampagnendaten ein, sondern auch aktuelle Suchtrends, lokale Gegebenheiten und saisonale Besonderheiten. Die Händlerinnen und Händler behalten dabei die volle Souveränität: Sie legen Ziele, Budgets und Zeiträume fest und die KI entwickelt daraus eine maßgeschneiderte Strategie. Der große Vorteil: Aufwändige Planungsarbeit wird minimiert, während die Präzision steigt. Das Resultat sind effiziente Kampagnen mit hoher Wirkung und mehr Zeit für das persönliche Kundengespräch. Viele KI-Systeme liefern zudem betriebswirtschaftliche Auswertungen in Echtzeit. Etwa zur Performance einzelner Maßnahmen, zum Budgeteinsatz oder zur Kundenreichweite. Wer diese Daten gemeinsam mit seinem Steuerberater regelmäßig analysiert, schafft Transparenz und kann so fundierte unternehmerische Entscheidungen treffen.
Planung mit Perspektive
Auch in der Planungsphase kann KI ihren Beitrag leisten. Systeme analysieren Kundenwünsche, erkennen Einrichtungsstile und leiten daraus passende Designvorschläge ab. Dabei wird nicht nur der funktionale Bedarf berücksichtigt, sondern auch emotionale Vorlieben. Etwa der Wunsch nach Minimalismus, Wohnlichkeit oder moderner Klarheit. Die generierten Vorschläge lassen sich visuell aufbereiten und in Echtzeit anpassen. Das kann ein enormer Vorteil im Beratungsgespräch sein, wenn es darum geht, aus Ideen greifbare Räume zu machen. Neben diesem Visualisierungsaspekt kann KI selbstverständlich auch helfen, wenn es an die konkrete Planung geht. Übrigens: Auch die Rolle der Kundschaft verändert sich durch KI. Viele informieren sich bereits im Vorfeld mit Hilfe KI-basierter Stilfinder oder Online-Konfiguratoren. Der Küchenhändler begegnet einem gut vorbereiteten Gegenüber – und tut gut daran, diese Entwicklung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen, mit seinem Gegenüber individuelle Küchen auf Augenhöhe zu entwickeln.
Montage intelligent begleitet
Montage bleibt Handarbeit. Doch auch hier kann KI unterstützen. Aus der Planung lassen sich automatisch Montagepläne generieren, die nicht nur Maße und Positionen enthalten, sondern auch individuelle Kundenwünsche, Besonderheiten oder Hinweise zu Sonderlösungen. Ergänzt durch Checklisten für Monteure entsteht ein System, das Klarheit schafft und Nachbesserungen vorbeugt. Auch die Tourenplanung lässt sich durch intelligente Tools optimieren, etwa durch die Berücksichtigung von Verkehrsaufkommen, Wegstrecken oder Materialverfügbarkeit. Im After-Sales-Bereich ermöglicht wiederum KI einen deutlich gezielteren Kundenkontakt. Systeme können Erinnerungen an Wartungen ausspielen, Bewertungen anregen oder gezielte Serviceangebote unterbreiten. Auch Beschwerden lassen sich über intelligente Dialogsysteme vorqualifizieren. So entsteht ein strukturiertes Serviceerlebnis, das aber trotzdem persönlich bleibt.
Was KI kann – und was nicht
Trotz aller Möglichkeiten: KI bleibt ein Werkzeug, kein Wunder. Sie analysiert, vergleicht, schlägt vor – aber sie versteht nicht im eigentlichen Sinne. Ihre Intelligenz ist mathematisch, nicht empathisch. Ihre Entscheidungen beruhen auf Daten, nicht auf Intuition. Und ihre Sprache mag beeindruckend klingen, bleibt jedoch stets eine Replik auf zuvor Gelerntes. Deshalb ist eines entscheidend: Der Küchenhändler muss die Vorschläge der KI verstehen, bewerten und in den individuellen Kontext überführen. Wer das tut, profitiert von einer enormen Arbeitserleichterung. Wer sich blind auf die Technologie verlässt, riskiert Fehlentscheidungen. Denn verkaufen, montieren, zwischen den Zeilen lesen – das kann nach wie vor nur der Mensch. Wer sich aber nicht mit ihr beschäftigt, riskiert, den Anschluss zu verlieren. Neue Technologien wurden im Handel schließlich schon oft belächelt – bis sie alles verändert haben. Wer hätte etwa gedacht, dass Kunden freiwillig Möbel online kaufen oder sich selbst an der Supermarktkasse abkassieren?