19.02.2021

Zum zweiten Mal innerhalb von 12 Monaten bleiben die Türen im Küchenhandel geschlossen. Haben die Küchenstudios ihre Lehren aus dem ersten Lockdown gezogen? „Bei Weitem nicht alle“, meint Volker Schmidt* von der SEB Steuerberatung. Für Küchenstudios, die ihre Kommunikation noch nicht digital ausgerichtet haben, erläutert er, welche einfachen Möglichkeiten bestehen, damit auch in Lockdown-Zeiten Küchen verkauft werden können.

Hinweis im Lockdown: Die folgenden Kontaktdaten wurden für das Foto außen vor gelassen. Foto: Biermann

Der Küchenhandel hat sich vom ers­ten Lockdown im Frühjahr 2020 recht gut erholt. Im Sommer, in dem sonst eher Flaute herrscht, haben viele Kunden nachgeholt, was sie im Frühjahr nicht konnten, und im Oktober erreichte der Küchenhandel sogar Zuwächse im zweistelligen Bereich. Zu diesem Wachstum haben mehrere Gründe geführt: Die Menschen verbringen jetzt mehr Zeit zu Hause. In diesem nicht ganz freiwilligen ­Cocooning möchte man sich in den eigenen vier Wänden natürlich wohl fühlen. Eine neue Küche kann dabei helfen. Der zweite Grund: Trotz Lockdown werden neue Häuser und Wohnungen fertiggestellt. Und es wird – wenn auch in leicht vermindertem Umfang – umgezogen: Täglich finden in Deutschland im Schnitt rund 20.000 Wohnungsumzüge statt. Und ein weiterer Nebeneffekt: Da die Gastronomie ebenfalls nur sehr reduziert arbeiten kann, ist die Küche im Haus umso wichtiger.

Der Bedarf ist vorhanden
Kurz gesagt: Neue Küchen werden weiterhin benötigt. Doch wer eine braucht, steht beim Küchenfachhandel und bei den Möbelhäusern vor verschlossenen Türen. Und trotz der Erfahrung des ersten Lockdowns sind viele Betriebe nicht auf digitale Küchenplanungen und Kaufvertragsabschlüsse vorbereitet. Diese Küchenstudios können aktuell kaum arbeiten und niemand weiß, ob es nach der Aufhebung des Lockdowns ohne den Effekt aus der gesenkten Mehrwertsteuer erneut eine Aufholjagd geben wird. Und das Problem wird sich fortsetzen. Die Digitalisierung macht auch vor dem Küchenhandel nicht halt. Wer darauf nicht eingestellt ist, wird es in der Zukunft schwer haben. Auch ohne Corona. Dabei ist es im Grunde genommen nicht kompliziert. Mit wenigen Möglichkeiten können Küchen­händ­ler trotz Lockdown im Kundenkontakt bleiben und sogar Neukunden gewinnen.

Der Schlüssel zum Erfolg
Die drei wichtigsten Punkte für den Verkaufserfolg heißen Kommunikation, Kommunikation und noch einmal Kommunikation. Bei den bereits geknüpften Kundenkontakten ist es recht einfach: Hier kann das Verkaufspersonal per E-Mail oder Telefon Kontakt zum Kunden halten – und zum Erfolg führen. Denn solche Kontakte führen oft zum Kaufabschluss, wenn sie offensiv gepflegt werden. Doch wie kommen Neukunden ins Geschäft? Zufriedene Kunden bringen neue Kunden. Diese Erkenntnis gilt auch in Corona-Zeiten. Der erste Kontakt findet dann meist über die Website statt. Eine professionelle, aussagekräftige Website ist also unerlässlich. Weiter geht es in der „­Customer Experience“ dann über das Telefon. Wenn der Küchen­händ­ler hier überzeugen kann, sind Kunden bereit, den Weg zur Wunschküche auch unter besonderen Umständen weiterzugehen.

Von Angesicht zu Angesicht
Telefon und E-Mail sind hier die Standard-Kommunikationsmittel. Als besser haben sich aber Gespräche in digitaler Form erwiesen: Berater oder Planer können den Kunden sehen und andersherum bekommt auch der Kunde direkten Blickkontakt zum Verkäufer. Das stärkt das Vertrauen der späteren Vertragspartner. Bildschirminhalte können geteilt werden, was die Planung sowie Vertragsverhandlungen erleichtert. Küchenstudios sollten sich also mit Programmen wie Skype, Zoom, WebEx, Teams und Ähnlichem vertraut machen. Die Programme unterscheiden sich meist nur in kleinen Details und sind leicht zu erlernen.

Hausbesuch trotz Corona?
Trotz der besonderen Umstände sind längst nicht alle Kunden auf digitale Kommunikation eingestellt. Wenn der Küchenverkäufer sich an die geltenden Bestimmungen hält und darüber hinaus sich und den Kunden maximal schützt, sind sogar Besuche beim Kunden möglich. Das hat den Vorteil, dass physische Muster gezeigt werden können und die Planung vor Ort gemacht werden kann. Da der Küchenkauf Vertrauenssache ist, ist der direkte Kontakt vielfach erfolgreicher. Im Falle eines Vertragsabschlusses sollten Küchenstudios in Hinblick auf das Fernabsatzgeschäftsgesetz die Unterschrift auf dem Kaufvertrag beim Kunden oder an der Lagertür vornehmen. Denn die Abholung von Ware durch den Kunden ist erlaubt; Eingangstür und Verkaufsraum bleiben für sie aber geschlossen. Eine Planung und Küchenbemusterung im Küchenstudio quasi durch die „Hintertür“ ist also keine gute Idee.

Nachhaltig profitieren
Viele Küchenhändler gehen davon aus, dass der Online-Kontakt auch in den Zeiten nach Corona eine wesentlich größere Rolle spielen wird. Warum? Fahrtzeiten und Fahrtkosten fallen weg, die ersten Planungen oder die Besprechung von kleineren Zwischenschritten kann auch mal zwischendurch gemacht werden – der Kunde muss also nicht einen halben Tag Urlaub nehmen, sondern kann kleine Fragen mit dem Küchenstudio auch mal vom Arbeitsplatz aus klären. Zwar seien, so berichten Küchenhändler, die Online-Kontakte derzeit noch zeitaufwendig. Es gebe mehr Anfragen, als bedient werden können. Man erreiche geschätzt 85 % des Verkaufsumsatzes ohne die Corona-Beschränkungen. Trotzdem muss die Chance, den Küchenhandel digitaler zu gestalten, ergriffen und mit einem gewissen Grad an Professionalität umgesetzt werden. Auf kurze Sicht werden die Fachhändler im Vorteil sein, die einfach mal ausprobieren und im ständigen Gespräch mit ihrer Community sind. Im digitalen Verkaufsgespräch ist heute noch keiner perfekt. Aber wer nicht damit anfängt, wird zukünftig mit ziemlicher Sicherheit weniger Kaufverträge auf sich ziehen können.


Was Küchenstudios brauchen, um online zu verkaufen:

  • Einen professionellen Internetauftritt
  • Leistungsfähige Datenleitungen
  • Eine zeitgemäße PC- und Bildschirmausstattung
  • Meetingsoftware
  • Kamera und Mikrofon
  • Dropbox zum Austausch von größeren Datenmengen
  • Mut zum Experiment und zum Fehler
  • Und natürlich: Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!

* Volker Schmidt von der SEB Steuerberatung ist Steuerberater, Vereidigter Buchprüfer und Fachberater für Unternehmensnachfolge und für die Umstrukturierung von Unternehmen sowie Datenschutzbeauftragter insbesondere für den Küchenhandel. Das Unternehmen beschäftigt 50 Mitarbeiter und ist seit 1990 auf den Kücheneinzelhandel spezialisiert. www.seb-steuerberatung.de