14.05.2010

Universal Design. Produkte sollen ästhetisch, hochwertig und funktional sein, für alle Zielgruppen gleichermaßen geeignet, und ihr Handling muss sich ohne Bedienungsanleitungen intuitiv erschließen. Wie wird dieser Anspruch im Marktsegment Küchenspülen umgesetzt?

Produkte werden künftig noch mehr sein müssen als nur schön, komfortabel und funktional. Das Stichwort lautet "Universal Design". Die Idee dazu stammt aus den USA, seit Längerem beschäftigt man sich damit bereits in Japan. Auslöser ist der demografische Wandel. Neue Produkte sollen deshalb noch benutzerfreundlicher werden: ästhetisch und qualitativ hochwertig bei gleichzeitig weniger Produktvielfalt; flexibel und (multi)funktional im Gebrauch, ohne überflüssige Details und von allen Zielgruppen gleichermaßen einfach ohne Bedienungsanleitungen zu händeln - egal ob jung, alt, groß, klein, gehandicapt, Rechts- oder Linkshänder.

Zwei Sinne-Prinzip
Ganz wichtig dabei - die neuen Produkte dürfen nichts versprechen, was sie nicht halten, und sie müssen so konzipiert sein, dass sich ihre Funktion, ihr Nutzen und ihre Bedienung intuitiv nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erschließen, d.h. die Produktinformationen müssen gesehen und gefühlt oder gesehen und gehört werden. Der Forderungskatalog geht noch weiter: Universal Design im Sinne eines ganzheitlichen Prozesses muss bereits im Vorfeld anfangen, beispielsweise bei der Verpackung (leichter und einfacher Zugang für alle Zielgruppen von Anfang an), und bis zum After-Sales-Service reichen, der eine schnelle, leicht erreichbare und erfolgreiche Hilfe bietet.

Oliver Zimmermann, Geschäftsführer der Franke-Küchentechnik GmbH.

Wettbewerbsvorteil
In diesem Sinne stellt Universal Design eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine große Chance für Industrie, Handel und Konsumenten dar. der küchenplaner wollte wissen, wie Hersteller von Küchenspülen und Armaturen das Thema insgesamt bewerten? Wie weit sie die Anforderungen bereits umgesetzt sehen und ob das Ganze ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist? Hier die Antworten von Franke, Blanco, ­Villeroy & Boch und systemceram.

Die Uhr tickt...
"Wir sehen Universal Design als große Chance für alle Unternehmen der Konsumgüterindustrie", sagt Oliver Zimmermann, Geschäftsführer der Franke-Küchentechnik GmbH, Bad Säckingen. "Was am Ende  das Produkt auszeichnet, ist die Folge von notwendiger Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. Ohne die Konzentration auf das Wesentliche sind bereits heute viele Aktivitäten zum Scheitern verurteilt - für viele tickt bereits die Uhr! Universal Design, mit seiner Forderung nach Klarheit und Transparenz, schafft schließlich bei konsequenter Umsetzung eine spürbare Vereinfachung bis in alle Bereiche. Gerade dem Handel kommt das sehr entgegen, so sind doch manche Sortimente in den vergangenen Jahren schier aus allen Nähten geplatzt, und es nutzt keinem, wenn die notwendige Übersicht verloren geht. Auch der demografische Wandel gibt uns hier Aufgaben und findet ebenso Berücksichtigung wie veränderte soziale Netze und Beziehungen. Vielleicht hat man hierauf die letzten Jahre auch zu wenig reagiert. Universal Design bietet nun die Chance, Vergangenes wieder gut zu machen. Franke nimmt sich dieser Aufgabe national wie international an. Die Neuausrichtung des weltweit tätigen Franke Konzerns mit über 11.000 Mitarbeitern und 3 Mrd. CHF Umsatz ist dazu ein wichtiger Schritt."

Brigitte Ziemann, Leitung Konzept und Design bei Blanco.

Differenzieren
Blanco sieht bei dem Thema zwei wichtige Strömungen, die es zu differenzieren gilt: "Universal Design im Sinne des demografischen Wandels, d.h. ein Produkt soll heute zwar generationengerecht funktional, aber trotzdem ästhetisch hochwertig, attraktiv und zeitgemäß gestaltet sein. Allerdings sollen seniorengerechte Produktlösungen aufgrund ihrer Gestaltung nicht als solche erkennbar sein, um die Zielgruppe nicht als gesellschaftliche Randgruppe zu stigmatisieren. Gleichzeitig sind jedoch gerade hier besondere Anforderungen an die Funktion gefragt, wie beispielsweise die leichte und komfortable Lesbarkeit von Bedienelementen, Displays etc. - speziell auch für Sehbehinderte; sie muss so umgesetzt sein, dass optisch nicht der Eindruck einer seniorengerechten Speziallösung entsteht", sagt Brigitte Ziemann, Leitung Konzept und Design bei Blanco.
"Ein gutes Produkt muss grundsätzlich einfach verständlich und möglichst intuitiv richtig zu bedienen sein. Handhabung und Bedienung eines u.a. auch technisch hoch entwickelten Produktes müssen sich auf den ersten Blick erschließen (z.B. Menüführung voice messenger). In diesem Fall sprechen wir von universellem Design, das also breiten Nutzergruppen zugänglich gemacht wird. Es bietet aber auch breite und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und ist z.B. gleichermaßen gut für Links- und Rechtshänder geeignet.
Sicherlich ist es sinnvoll, im Rahmen der demografischen Entwicklung die speziellen Anforderungen der stark anwachsenden Gruppe der Best Ager zu berücksichtigen. Es handelt sich im deutschsprachigen Raum um eine wachsende, agile Zielgruppe mit hoher Kaufkraft. Produkte mit speziell ausgeprägten Nutzungsanforderungen sollen im Sinne des Universal Designs gestalterisch aktuell bzw. zeitgemäß sein und in ein modernes Umfeld passen. Produkte bzw. Systeme des täglichen Lebens, die einer technisch und technologisch schnellen Weiterentwicklung unterliegen - denkt man beispielsweise an vernetzte Haustechnik, elektronische Hausgeräte, Minicomputer, Unterhaltungselektronik, Mobiltelefone - müssen gut verständlich und problemlos zu bedienen sein. Daher ist dieser schnelllebige technisch-funktionale Produktbereich für den Fokus Universal Design besonders interessant."
Und wie sieht es mit Universal Design als künftigen Wettbewerbsvorteil aus? "Im Produktbereich Spülen und Armaturen, den wir durchaus als technisch weniger komplex als z.B. Elektrogeräte ansehen können, wird Universal Design als Wettbewerbsvorteil momentan noch als bedingt relevant eingestuft. Bei uns geht es eher darum, Handgriffe im Küchenalltag zu vereinfachen, wie z.B. extra flache, optisch flächenbündige Spülenränder, reversible Spülen für Links- und Rechtshänder. Diesen Ansatz definieren wir konzeptionell als universelles Design - also passend für die Kernanforderungen der breiten Käuferschichten", so die Design-Chefin.

Gerhard Göbel, Vorsitzender Geschäftsführer der systemceram GmbH & Co. KG.

Zielführend
"Flexibel und multifunktional im Gebrauch, ohne überflüssige Details und von allen Zielgruppen gleichermaßen einfach ohne Bedienungsanleitung zu händeln, egal ob jung, alt, groß, klein, gehandicapt, Rechts- und Linkshänder - diese Beschreibung entspricht exakt dem, was wir heute dem Endkunden mit unserem KeraDomo-Spülenprogramm aus hochwertigem Feinsteinzeug bieten können. Auch wenn - zugegeben - für das richtige Händling einer Spüle nicht unbedingt eine Gebrauchsanweisung erforderlich ist", sagt Gerhard Göbel, Vorsitzender Geschäftsführer der systemceram GmbH & Co. KG. "Unser Design ist schnörkellos, durchdacht und dient ausschließlich der Funktion. Die Formen- und Farbenvielfalt entspricht der Individualität der Kunden und ihrer Küchen. Die Auswahl verwirrt nicht, sondern bietet gestalterische Entfaltungsmöglichkeiten. Es ist daher genau zu prüfen, ob und wie weit eine Konzentration des Programms und der Produktvielfalt tatsächlich für den breit gefächerten Küchenhandel zielführend ist, wie es Marketingstrategen mit dem Konzept des Universal Designs anstreben."
Zu beachten ist allerdings, dass auch in Zukunft der Küchenplaner großen Einfluss auf die Auswahl einer individuellen, in Farbe und Form zur Küche passenden und zugleich ergonomisch richtigen Spüle und ihrer Einbauvarianten haben wird. Diesen Einfluss kann und sollte er bei der Beratung des Endkunden auch als seine besondere Serviceleistung deutlich machen."

Werner Jautz, Vertriebsleitung Keramikspülen Villeroy & Boch.

Convenience
"Universal Design, verstanden als ein Design, das mehr leistet als eine gute Optik, ist für Villeroy & Boch, die Voraussetzung der Produktkonzepte. Das gilt für den deutschen Markt ebenso wie für den internationalen Markt", sagt Werner Jautz, Vertriebsleitung Keramikspülen bei Villeroy & Boch. "Ein Wettbewerbsvorteil seit Langem und erst recht in Zukunft, da der Verbraucher anspruchsvoller geworden ist und genau erkennt, welchen Nutzen ihm ein Spülendesign in ästhetischer und funktionaler Hinsicht bringt. Es ist bereits in breitem Umfang umgesetzt. Natürlich arbeiten wir permanent an weiteren innovativen Lösungen. So weisen unsere Produkte einen hohen Grad an Convenience auf, die den Konsumenten mittels technischer Raffinesse jenen Mehrwert bietet, der neben exzellentem Design die Arbeit an der Spüle erleichtert und für effiziente Raumnutzung sorgt. Unser Spülenprogramm ist so konzipiert, dass es für die Stil-Vielfalt moderner Küchen jeweils die idealen Ergänzungsmöglichkeiten bietet. Besondere Bedeutung messen wir der Farbe als wichtigem Gestaltungsmittel der Küche bei. Im Spülenbereich bieten wir neben zahlreichen Farben und klassischen Weiß-Tönen jetzt auch Variationen mit dezentem Dekor an und eröffnen hierdurch neue Farbspielräume für trendbewusste Konsumenten." (acg)