26.01.2012

Küchen 2012. Neue Programme, Oberflächen, Rastermaße, Formen und Farben bieten nahezu unendlich viele Optionen zur Individualisierung. Das Ergebnis: Küchen für eine höchstmögliche Lebensqualität in großer Vielfalt. Wer als Küchenplaner Lust am Kombinieren hat, kommt voll auf seine Kosten.

Die neuen Küchen-Kollektionen machen Lust auf kreative Experimente – von konsumig bis abgehoben, von typgerecht bis Mainstream und von „grün“ bis HighTech. Das kreative Spiel mit Formen, Farben, Rastermaßen, Oberflächen, Strukturen, Licht und cleveren Funktionen zieht sich wie ein rotes Band durch die Neuheiten-Präsentationen der Küchenmöbelindustrie; es demonstriert eine Vielfalt und Power, die den Bogen zwischen Postmoderne und Retro aufspannt.
Yin und Yang, das zeitlose Spiel der scheinbaren Gegensätze – (super)matt/hochglänzend, dunkel/hell, strukturiert/glatt, warm/kühl, gesoftet/eckig, innen/außen – wurde bei den neuen Küchenplanungen souverän und gekonnt auf allen Ebenen ausgespielt. Die individuelle Mischung der polaren Prinzipien macht’s dabei, ob grifflos-puristisch, vom Bauhaus-Stil inspiriert oder mit nostalgischen Anklängen.

Bei dem Modell Chalet 2681 bringt Brigitte Küchen akaziefarbige Eichenfurniere mit Mattlackfronten in Vanille (Front Calas 2383) zusammen.

Lust auf Retro
Neben der weiterhin tonangebenden grifflosen Eleganz zieht ein neuer Retro-Stern am Küchenhimmel auf. Im digitalen Zeitalter mit computeranimierten, virtuellen Welten und einem sekundenschnellen globalen Informationsabgleich muten die neuen Landhausküchen wie Relikte aus einer fernen Vergangenheit an. Doch gerade deshalb berühren sie uns. Retro ist nicht einfach nur „in“, er erlebt eine Renaissance, da er in Zeiten extremen Wandels eine Art persönlichen Anker setzt – in der Mode, Musik, beim Einrichten und Wohnen. Oder wie es der Verband der Deutschen Möbelindustrie so treffend formulierte: „Im Zeitalter von Lebensabschnitts-Partnern und Lebensabschnitt-Jobs gönnt uns Retro die dringend benötigten Verschnaufpausen“.

Der moderne Landhausstil dieser nobilia-Küche mit hochwertigen Lackrahmentüren in Weiß matt (Aviano 471) vermittelt eine gemütliche und doch leichte Atmosphäre.

Neben dem Bekannten und seinem nostalgischen Charme erfüllt der neue Landhaus-Chic eine weitere Funktion. Er rückt den „Homo Digitalis“ wieder ein Stück weit in die Nähe der Natur und schafft einen spannenden Ausgleich: global vernetzt sein einerseits – bodenständig, natürlich und bei sich selbst angekommen andererseits. Beide Pole faszinieren gleichermaßen, das Virtuelle ebenso wie alles Solide, Wertbeständige und konkret Anfassbare. Wo kann man den Spannungsbogen zwischen Immateriellen und Materiellem, Verstand und Körper, Alltag und Freizeit besser erleben als in den neuen Küchenwohnwelten?

Natürliche Ausstrahlung
Das Schöne am Retro-Style ist, dass er zwar bekannt wirkt, dennoch die Dinge immer wieder neu und zeitgemäß interpretiert. Landhaus-Küchen gibt es schon lange, doch so etwas wie die Vintage-Küche des 21. Jahrhunderts noch nicht. Neben den eleganten, grifflosen Küchen reizen die neuen Boliden im Used-Look durch ihre robuste, betont solide handwerkliche und natürliche Ausstrahlung. Hier zeigt sich das produktionstechnische und planerische Können der Küchenmöbelindustrie (ebenso wie bei den grifflosen Puristen), denn die Küchen im Gebraucht-Look suggerieren: „Obwohl täglich benützt, bin ich immer noch schön an­-
zu­sehen, denn ich überdauere die Zeit …“. Die Küchensaison 2012 trifft die Kundenwünsche. Zudem sind viele Neue echte Hingucker, wie die Hausmessen zeigten.

„Carré-FS“: Mit dieser schlichten, matt lackierten Rahmenfront lassen sich klassisch-bürger­liche ebenso gestalten wie moderne Küchen. Sie ist in den Radien auf das Programm „Classic“-FS von Leicht Küchen abgestimmt und daher 100 % kompatibel. Zur Wahl stehen außer 12 Kollektionsfarben alle RAL-Farben der „Classic“-Palette.

Ob modern-grifflos oder Retro-Style – eines ist den Küchen 2011/2012 gemeinsam: hochwertige Werkstoffe, eine erstklassige Verarbeitung und eine weiter zunehmende Wertigkeit. Man möchte zögernden Verbrauchern am liebs­ten zurufen: Wenn schon Flucht in Sachwerte, dann am besten in eine neue Küche „Made in Germany“. Diese Investition lohnt sich, in jeder Hinsicht. Statt in Uniformität präsentieren sich die Küchen als Unikate und Zeitzeugen einer neuen Ära, mit veränderten Ansprüchen an Erleben und Wohnen, Lifestyle und Work-Life-Balance.

Erdige Töne
Sehr natürlich, naturbelassen oder zumindest naturnah – das haben sich viele, neu vorgestellte Küchen auf die Fahne geschrieben. Fango, Trüffel, Graphitbraun, Terrabraun, Quarzgrau, Cashmere/Kaschmir usw. – auch wenn die Namensschöpfungen noch so vielfältig sind, eines ist ihnen gemeinsam: das Erdige. Und so reicht das Farbspektrum von Braun, Ocker, Ton, Sand, Beige und Creme über alle Grau- (steinfarben) und Schilftöne bis hin zu vielseitig kombinierbaren Mischfarben (im Sinne von Taupe und Grège), die zwischen Braun und Grau angesiedelt sind. Der neue Trendfarbton – auch in der Mode- und Kosmetikwelt – nennt sich Fango. Kein Wunder, denn er ist mit vielen Uni-Dekoren sowie hellen und dunklen Hölzern sehr gut kombinierbar. Quotenbringer sind und bleiben allerdings Weiß und Magnolie. Wenn schon hell, warum nicht in den neuen Farbtönen Ice, Arcticwhite oder Polarweiß?

Nichts Überflüssiges
Was bleibt, sind klare und markante Konturen, unter Verzicht auf alles Überflüssige. Das gilt auch für die Retro-Küche. In den elegant-grifflosen Wohnlandschaften schleicht sich neben zahlreichen Programmen mit betont geradlinig-kubistischer Linienführung auch die eine und  andere „weiche“ Linie ein – z. B. als gesoftete Front, Arbeitsplattenkante und Wange. Wandhängende Planungen verleihen den neuen Küchen etwas Heiteres, Leichtes und Schwereloses. In Verbindung mit beleuchteten Paneelwand-Systemen und frei hängenden Sideboards ergibt sich ein nahtlos-attraktiver Übergang zum Wohnbereich.

Lack, Echtholz, Glas und Metall: Beim Programm „BelleÉpoque“ bringt RWK Küchen unterschiedliche Materialien, Formen und Farben zusammen. Bis zu drei verschiedene Frontarten und Materialien werden konsequent kombiniert.

Viel Holz …
Nach wie vor ungebrochen stark ist der Anteil an Holz und Glas – die Hersteller haben ihre Holzprogramme und -dekore sowie das Angebot an Glaselementen weiter ausgebaut. Favorit unter den Echthölzern und erstklassigen Holz-Reproduktionen (mit Synchronpore) zählt die vielseitige Eiche. Es ist schon erstaunlich, was man damit alles anstellen kann: So kommt die schöne Eiche als Massivfront oder Furnier lackiert, gebürstet, gewischt, geschröpft, sandgestrahlt, durch- oder angeschliffen, geölt, in der Variante sägerau oder mit ausdrucksstarken Astlöchern daher.

Mit dem Dekor Country greift Schüller (C-Kollektion) den aktuellen Trend der markanten Hölzer auf. Der Used-Look in Braun/Weiß sieht der Hersteller als Ausdruck von Individualität und Naturverbundenheit mit Anspruch an Pflegeleichtigkeit. Als cooler Kontrast dient Murano in Aqua metallic, und als Verbindungsglied zwischen den unterschiedlichen Stilen vermittelt das neue Dekor Marmor Amalfi Braun als Arbeitsplatten- und Wangenfarbe.

… und Glas
Der vielseitig einsetzbare Werkstoff Glas präsentiert sich ebenso wandlungsfähig; klar, hochglänzend, satiniert, rückseitig lackiert oder bedruckt. Schön trendy: Glas in der Nische als dezent-elegante, stimmungsvolle oder aufmerksamkeitsstarke Rückwand – dazu pflegeleicht, praktisch – und mit Wachstumspotenzial. Ein weiterer Pluspunkt: Die Verwendung von Sicherheitsglas im Frontbereich dürfte etwaige Bedenken seitens der Kundschaft zerstreuen.

Lack geht immer
Besonders edel und wohnlich wirkt das Dreamteam Holz, Glas & Lack (hochglänzend, matt, supermatt, Soft- und Strichlack). Neben den zuvor genannten erdnahen Farbstellungen begeistern auch neue perlmuttartig schimmernde Töne (Pearl) sowie alle pudrigen Farben, da sie den Möbelfronten eine samtige und kostbare Note verleihen.

Gefühlte Erlebnisse
Haptik ist in den aktuellen ­Küchen ganz groß geschrieben – hier reichen die gefühlten bzw. fühlbaren Erlebnisse von samtweich bis rau und deftig. Dezente Fräsungen (waagerecht, senkrecht oder unregelmäßig verlaufende Rillen) bis hin zu kraftvollen Oberflächen-Strukturen mit deutlichen handwerklichen Bearbeitungsspuren (Retro-Küchen) zeigen, in diesen neuen Küchen ist was los, die halten etwas aus.

Kombinieren im Luxussegment: Die Version BeauxArts.02 erweitert das 2006 vorgestellte Konzept von SieMatic um eine geradlinige, leichte Spielart und lädt dazu ein, liebgewonnene Küchenmöbel und auch Erbstücke zu integrieren.

Kostbarkeiten
Im Highend-Segment finden sich beispielsweise edle Metallfronten und hochwertig verarbeitete Schieferoberflächen, mit 2 mm bis 3 mm Materialstärke, als leichtgängige Schiebetüren. Beeindruckend sind auch die Schiefer-Reproduktionen. Der schöne und natürliche Werkstoff Keramik findet bei weiteren Herstellern neue Einsatzmöglichkeiten, z. B. im Frontbereich (Schiebetüren).

Eingerahmt
Bei dem großen Spektrum an neuen Rahmen- und Kassettenfronten könnte man fast schon von deren Revival sprechen. In den puristischen Küchen kommen beispielsweise schmale Metallrahmen mit furnierter Füllung oder Sperrholzfüllung zum Einsatz, während die neuen Retro-Küchen auf markant-robuste Rahmenfronten setzen – auch gerne kombiniert mit glatten, rahmenlosen Fronten im Vintage-Look (gewischte Fronten, mit mehr oder minder deutlich erkennbaren Astlöchern) ganz nach der Devise: modern, klar, geradlinig und zeitgemäß.

Lieblingsplatz Küche. Farben wecken Stimmungen, schaffen Atmosphäre und unterstreichen den individuellen Lebensstil. In diesem Küchenvorschlag hat Hersteller nobilia supermatte Fronten (Senso 412) in der Trendfarbe Pearl Hochglanz mit Arbeitsplatten und Wangen in dunklem Country Oak Dekor kombiniert.

Durchgängig
Unter der Prämisse „möglichst breit planen und verkaufen“ setzen die Hersteller auf Stringenz. Das gilt für die neuen Farbkonzepte ebenso wie für Programme und Programmerweiterungen sowie deren durchgängige Kombinierbarkeit untereinander (z. B. dank neuer bzw. gleicher Korpushöhen) – und auch bei unterschiedlichen Preisgruppen. Ein weiteres Stichwort lautet Dekorverbund (von Arbeitsplatten, Wangen/Stollen, Korpussen und Fronten). Das sorgt für ein ästhetisches Erscheinungsbild – quasi als eine „Klammer“, die auch ungewöhnliche Planungen und Dekore optisch und stilistisch zusammenhält.

Farbgleich
Besonderen Wert legen die Anbieter auch darauf, dass der Blick ins Möbelinnere ebenso erfreut wie auf die Fronten. Daher wurde kräftig in zusätzliche neue Korpusfarben investiert. Farbgleich auf die Fronten abgestimmt, ermöglicht das Planungen, die innen und außen wie aus einem Guss wirken. Nicht zuletzt das Spiel mit eigens definierten Rastermaßen ermög­licht darüber hinaus schön ausgewogene und harmonische Fugenbilder, was den letzten Feinschliff gibt.

Auch Alno hat das Frontmaterial Keramik ins Programm genommen und eine neue Produktgeneration kreiert. Die Linien heißen ALNOSTAR CERA bzw. ALNOCERA und verfügen über eine 3 mm starke Keramikschicht, die auch bei den Seitenverkleidungen eingesetzt wird.

Schwungvoll
Die vorgestellten Arbeitsplatten/-Dekore bringen mit ihren geraden, gesofteten oder abgewinkelten Kanten ebenfalls neuen Schwung in die Küchen. Die Anmutungen reichen von filigran bis markig – die Materialstärken von ultraslim bis voluminös. Ebenso vielfältig sind die eingesetzten Materialien. Besonders edel wirken Arbeitsplatten aus satiniertem Glas, Naturstein oder Echtholz; ungewöhnlich und mit Eyecatchereffekt dagegen die Holz- und Stein-Dekore im Used Look. Dank Kantenverarbeitung mit neuer Lasertechnologie sind Arbeitsplatten und Kanten klebstofffrei, fugenlos und dauerhaft miteinander verbunden.

Lichtspiele
Für die entsprechende Inszenierung sorgen neue LED-Beleuchtungssysteme. Hier weist der Zeiger in Richtung warmweißes (3000 bis 3500 Kelvin) Licht. Das Angebot an LEDs ist groß. Für Komfort sorgen beispielsweise schwenk- und kippbare LED-Leuchten – wer‘s mag, mit Fernbedienung. Ein „must have“ im Premiumbereich: LED-Beleuchtung in sämtlichen Auszugsschränken. LED beleuchtete Hänge- und Hochschränke, Nischen und Sockel kreieren zudem ein besonders wohnliches und stimmungsvolles Ambiente.

Reichhaltig
Einen lustvollen Komfort hinter den Fronten garantiert das reichhaltige Innenleben. Auch hier ist von Jahr zu Jahr eine erneute Aufwertung zu beobachten. Innovative Möbelfunktionsbeschläge, darunter z. B. neue Schwerlastbeschläge, clevere Lösungen für Küchen­ecken oder für die Bevorratung aller trockenen Lebensmittel, und nicht zuletzt die elektrische Öffnungsunterstützung zeigen, was einen zeitgemäßen Küchenkomfort heutzutage ausmacht.

Multimediales
Noch längst kein Standard sondern immer noch die große Ausnahme sind Küchen mit Infotainment-Angebot, wie beispielsweise einem integrierten TV-Flatscreen, unsichtbar eingebautem Audio-System, einer Dockingstation für die Apple-Welt oder einem PC mit Internetzugang. Doch es gibt sie (z. B. SieMatic, Ballerina, Nolte, Poggenpohl) und bei dem steigenden Wunsch nach Connectivity ist die Vernetzung der Küche absehbar.

Komplett
Im Premiumsegment ist die exklusive Gerätetechnik dezent integriert oder macht sich möglichst unsichtbar – vollintegriert, versteckt in Highboards und Funktionstürmen, in die Küchenarbeitsplatte versenkt (Muldenlüftungen) oder in die Decke flächenbündig integriert (Deckenlüfter). Im Mainstreambereich ist dies kein Thema. Wie auf den Hausmessen auch zu beobachten war: Die Zusammenarbeit mit wenigen, ausgesuchten Lieferantenpartnern aus der Hausgeräteindustrie hat sich bewährt. Und so gab es auf der diesjährigen Herbstmesse erweiterte Angebote an Einbaugeräten für die Komplettvermarktung zu sehen.

Nachhaltig
Zum Schluss noch das Stichwort „grüne Küchen“ – Modelle, für deren Produktion aus  nachhaltiger Waldwirtschaft verarbeitetes Holz verwendet wird. Noch ist es ein Verkaufsargument und Wettbewerbsvorteil, da nur wenige Unternehmen bislang zertifiziert sind und mit einem Öko-Siegel (z. B. PEFC) werben können nach dem Motto: „Mit gutem Gewissen produzieren und verkaufen“. Für umweltbewusste Käufer sicher ein guter Grund und Pluspunkt im Beratungsgespräch. Angela Grond

www.kuechenplaner-magazin.de