Geschichten mit Substanz

Dirk Biermann, Chefredakteur KÜCHENPLANER.
„Und, Herr Biermann, schon was Schönes gesehen?“ Diese Frage wird irgendwann auf jeder Küchenmeile gestellt. Was nicht wundert, denn als Berichterstatter kommt man rum und sieht Küchenneuheiten in einer Vielfalt, die dem firmengebundenen Standpersonal zwangsläufig entgehen muss. Doch Antworten darauf sind tricky. Was ist schon schön? Reden wir über Optik oder Funktion? Über Konzepte? Ist praktisch auch schön? Oder wird erst die Kombination aus schön und praktisch zu einer tragfähigen Idee? Bevor es zu kompliziert wird, sage ich meist: „Ach wissen Sie, ich schaue mir in dieser Woche alles in Ruhe an. Wenn ich nächste Woche wieder am Schreibtisch sitze, werte ich es aus und sortiere es. Nach schön, praktisch und schön praktisch.“
Suche nach dem roten Faden
Während in Verl, Rödinghausen und Löhne noch die letzten Cateringreste zusammengefegt werden, beginnt die Suche nach dem roten Faden. Ausstellungsbesuche laufen vor dem geistigen Auge ab und der Eindruck verdichtet sich, wie ermüdend Rundgänge und Standbesuche sein können, die sich wie mechanisch von Produkt zu Produkt hangeln und sich dabei in Aufzählungen von Farbbezeichnungen und Frontprogrammen erschöpfen. Oder – mit Blick auf die Gerätewelt – sich in Energieeffizienzklassen, kryptisch anmutenden Funktionsbezeichnungen oder Glanznuancen mattschwarzer Oberflächen verlieren. Solche Informationen bleiben schlecht hängen. Erst eine Geschichte dazu erreicht die für die Langzeitspeicherung zuständigen Gehirnareale. Und erst dann sitzen auch Details zu Produkten, Farben, Oberflächen und Funktionen.
Was soll hängen bleiben?
Aus diesen Zusammenhängen hat sich im Lafe der Jahre eine liebgewonnene Messeabschlussfrage entwickelt: „Was sollten Ihre Kunden als wichtigste Botschaft verinnerlicht haben, wenn sie gleich durch die Ausgangstür gehen?“ Wer vorher Fakten gebolzt hat, findet darauf keine Antwort. Was bedenklich stimmt. Denn in Zeiten austauschbarer Angebote kommt es mehr denn je auf das Drumherum an. Damit ist kein simples Storytelling gemeint, das Substanzlosigkeit hinter aufgebauschten Worten verbirgt, sondern echter Hintergrund. Dieser zeigt auf, was der jeweilige Hersteller mit Partnerschaft meint, wenn er Partnerschaft sagt.
Wenn Sachsenküchen etwa von Lebensstilen spricht und dies in ein ganzheitliches Ausstellungskonzept einfließen lässt, ist das authentisch und inhaltsreich, weil das Unternehmen seit zehn Jahren darauf aufbaut und das Konzept kontinuierlich erweitert. Das bietet Stoff für Gespräche. Das Gleiche gilt, wenn Rotpunkt Küchen Zukunftsfähigkeit als Ziel der Kollektionsentwicklung benennt. Dann reicht der Dialog über die Frage nach der Farbe der Saison hinaus. Ebenso, wenn Ballerina-Küchen die Kooperation mit Johann Lafer vertieft oder wenn LEICHT Küchen die Präsentation einer neuen Hygge-Farbkollektion zu einem Marktplatz macht, der planende Fachkräfte zum Austausch einlädt. Und was es mit dem neuen Blanco-Oval auf sich hat? Auch das ist eine Geschichte wert, über die nach der Küchenmeile 2025 noch länger gesprochen werden dürfte. Was auch für die neue Dampfschublade gilt.
Mit unseren Reportagen von den Messen in Ostwestfalen (Küchenmeile) und Berlin (IFA) erzählen wir diese und viele weitere Geschichten. Über Produkte, Konzepte und Ausstellungsideen, die begeistern können. Vielleicht ist ja was Schönes für Sie dabei.
Dirk Biermann
Dieser Beitrag erschien als Editorial in der Ausgabe KÜCHENPLANER 10/11 2025. Den Link zum E-Paper erhalten Abonnenten unseres kostenfreien wöchentlichen Newsletters. Hier geht es zur Anmeldung: https://www.kuechenplaner-magazin.de/newsletter/anmeldung/anmeldeformular/.