14.08.2025

Wer im Zeitalter der KI digital sichtbar sein will, muss nicht lauter werden, sondern klarer. Sprache, Struktur und Substanz sind wichtiger als Keywords. Und eine Reichweite, die sich nur über Klickzahlen definiert, verliert dramatisch an Wert.

Dirk Biermann, Chefredaktion KÜCHENPLANER.

Sichtbarkeit im Netz war bislang eine Frage der Keywords. Wer sich mit Google gut verstand, die richtigen Begriffe klug verteilte und seine Meta-Tags pflegte, konnte hoffen, gefunden zu werden. Heute, in Zeiten der KI-Suche, funktioniert das nicht mehr. Maschinen wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity denken nicht in Schlagworten, sondern in Sinnzusammenhängen. Sie verstehen Fragen und liefern passende Antworten. Generiert werden sie aus eingespeisten Trainingsdaten und immer öfter aus maschinenlesbaren und als relevant eingeschätzten Online-Inhalten. Unternehmen und Marken, die in dieser neuen Suchlogik bestehen wollen, müssen umlernen.

Einfache Übung in Klarheit
Der Begriff für die neuen Spielregeln der digitalen Sichtbarkeit heißt LMO. Es ist die Abkürzung für „Language Model Optimization“. Zugegeben, das klingt wie ein Studiengang, durch den man ohne Mathe-Leistungskurs nicht durchkommt. Im Kern ist es aber eine einfache Übung in Klarheit. LMO bedeutet, Inhalte digital so aufzubereiten, dass Sprachmodelle sie erkennen, als relevant einordnen und in ihren Antworten zitieren. Gefordert sind nicht mehr allein Videos und Podcasts. Wichtiger werden klar formulierte Texte und Formatierungen mit Struktur. Und der Verzicht auf oberflächliche Selbstdarstellungen, wie sie auf den Social-Kanälen an der Tagesordnung sind. Was uns zu einer interessanten Erkenntnis bringt: Gute Inhalte, ob für Menschen oder Maschinen, folgen am Ende denselben Prinzipien: Sie beantworten Fragen, zeigen Nutzen auf, sind nachvollziehbar aufgebaut und basieren auf verlässlichen Quellen. Vor allem klingen sie nicht wie ein Influencer auf Speed, der unbegleitet mit dem Marketing-Baukasten spielt.

Kommunikation muss konkreter werden
Ein Beispiel für diesen Wandel ist Googles neues Format der KI-Übersichten (AI Overviews). Sie erscheinen inzwischen bei vielen Suchanfragen oberhalb der klassischen Ergebnisse und liefern Antworten statt Auswahlmöglichkeiten. Direkt, kompakt, scheinbar abschließend. Für Nutzerinnen und Nutzer ist das auf den ersten Blick praktisch. Für Unternehmen, die in den letzten Jahren viel dafür getan haben, in der Google-Suche möglichst weit oben zu landen, wird es zum Problem. Oder besser gesagt: zur Herausforderung, in Zukunft verbindlicher, konkreter und fachlich fundierter zu kommunizieren, die für sie stimmigen Kanäle dafür auszuwählen und die Inhalte digital so darzustellen, dass die KI etwas damit anfangen kann. Kurz: Maschinen mögen Struktur und Relevanz. Dafür müssen Inhalte aussagekräftig und gegliedert sein: mit Überschriften, Zwischenüberschriften, klaren Aussagen und vielleicht sogar einem kleinen Fazit. Ein bisschen also wie guter Journalismus. Woraus sich ein willkommener Vorteil ergibt: Solche Inhalte sind nicht nur KI-kompatibel, sondern auch nutzerfreundlich. Was Maschinen leicht erfassen, erschließt sich auch uns Menschen schneller. Und dass Inhalte, die den Weg in KI-Antworten finden, nebenbei auch im wirklichen Leben Autorität aufbauen, Reichweite bringen und neue Zielgruppen erschließen, dürfte ebenfalls nicht schaden.

Wer etwas zu sagen hat, wird auch künftig gefunden
Reichweite, der heilige Schrein der Social-Media-Zunft, bleibt auch in Zukunft wichtig. Aber eine Reichweite, die sich ausschließlich über Klickzahlen definiert, verliert dramatisch an Wert. Denn jetzt liest ein Algorithmus mit, der mehr versteht als geschickt gesetzte SEO*-Begriffe. Damit verbunden sind zwei Nachrichten. Eine gute und eine schlechte. Die Gute: Wer etwas zu sagen hat, wird auch künftig gefunden. Vielleicht nicht immer ganz oben, aber dafür ganz gezielt. Die Schlechte: Alle anderen nicht.

Das Thema digitale Sichtbarkeit im Zeitalter der KI wird uns in den nächsten Ausgaben noch intensiv beschäftigen. Denn die neuen Spielregeln wollen übersetzt werden. Was bedeuten sie für die Kommunikation der Industrie mit dem Handel? Und wie sollte der Küchenfachhandel künftig digital mit potenziellen Endkunden in Kontakt gehen? Antworten auf diese Zusammenhänge geben wir schon in der nächsten Ausgabe, in KÜCHENPLANER 9/2025. So viel kann ich schon mal verraten: Das wird spannend.

Dirk Biermann


Dieser Beitrag ist als Editorial in der Ausgabe KÜCHENPLANER 7-8/2025 (Print und E-Paper) erschienen.

 

* Update vom 14. August 2025: Von einem aufmerksamen Leser wurde ich völlig berechtigt darauf hingewiesen, dass der Begriff SEO in dem Beitrag nicht erläutert wird – aber man nicht davon ausgehen sollte, dass jeder etwas mit diesem Kürzel anfangen kann. Deshalb zur Vervollständigung: SEO steht für Search Engine Optimization und ist die Abkürzung für den komplexen Prozess der Suchmaschinenoptimierung. Danke für den Hinweis!