11.09.2025

Ob es einen genauen Zeitpunkt gab, kann ich gar nicht sagen. Vermutlich war es ein schleichender Prozess. Aber irgendwann dachte ich bei Haushaltsgeräten automatisch nur noch an Einbau. Die Welt der Kleingeräte verlor sich in kleinen Schritten. Doch dann zog der Airfryer ein.

Dirk Biermann, Chefredakteur KÜCHENPLANER.

Im Grunde beginnt diese Geschichte schon einige Jahre früher. Denn ich gebe es zu: Ich war schon zweimal in meinem Leben auf einer Thermomix-Party. Freiwillig, das möchte ich betonen, aber natürlich mit kritischem Argwohn, wie es sich für einen „Einbauküchenfachjournalisten“ gehört. Was sollte diese Wundermaschine schon Besonderes können? Dieser überbordende Hype war mir suspekt und irgendwann ging mir der Satz „Das macht der Thermomix alles allein“ auf die Nerven. Von wegen von allein. Ständig klingelt es und das Gerät verlangt Aufmerksamkeit. Hier drücken, da einstellen, dort abwiegen. Im Betrieb dampft, rasselt und scheppert es, dass die Teller auf dem obersten Regalboden zittern, und das Zubehör ist ebenso reichhaltig wie sperrig. Auch in der Spülmaschine. Die Höllenmaschine selbst macht sich auf der Arbeitsplatte breit wie ein B-Promi am Lagerfeuer im Dschungelcamp. Aber reichen diese abgewogenen Argumente von tadelloser Objektivität, um den Störenfried nach einer Probephase wieder loszuwerden? Oder besser, ihn nach der Vorstellungsparty gar nicht erst ins Haus zu lassen? Natürlich nicht. Kritik an einem Thermomix behält man besser für sich. Denn Majestätsbeleidigung gefährdet den sozialen Frieden. Andererseits kümmert sich die Thermomix-Community immer weniger um diese Art Pöbeleien. Im Rausch der Rezepte hat sich eine kritikresistente Zaubertopf-Bubble gebildet. Ich bin ehrlich beeindruckt. Und wenn ich ganz ehrlich bin: So schlecht ist das Gerät auch nicht.

Das Versprechen: Genuss ohne Reue
Und nun der Airfryer. Hier spielt sich im Netz Ähnliches ab. Aber unter anderen Vorzeichen. Geht es beim Thermomix um kulinarische Kreativität und um komplexe Gerichte, die mit beruhigender Gewissheit jedes Mal aufs Neue in gleichartiger Konsistenz und Qualität entstehen, verspricht der Airfryer Genuss ohne Reue. Es handelt sich schließlich um eine Heißluftfritteuse. Sprich: Die Lebensmittel werden mit Heißluft gegart, statt in Öl gebadet. Die Idee ist bestechend, aber in der Einbauküche als Backofen mit Heiß- oder Umluft bestens bekannt. In der Praxis geht es der Fangemeinde auch gar nicht um den Wettbewerb mit der Fritteuse – die ja ohnehin kaum jemand im Schrank hat –, sondern um den Vergleich mit dem Backofen. Schneller, krosser, günstiger, komfortabler, gesünder, schmackhafter: Der Enthusiasmus in den sozialen Medien überschlägt sich und nimmt mitunter beängstigende Ausmaße an. Als der Titel „Ist der Airfryer der bessere Backofen?“ im YouTube-Vorschlagswesen auftauchte, war klar: Das muss ich mir dann doch mal näher anschauen. Wobei die Erwartungen klar waren: Noch so ein Kleingerät, das sich für eine Zeit aufspielt und Anteil vom kostbaren Platz auf der Arbeitsfläche beansprucht. Doch im Praxistest offenbarte das Gerät Qualitäten eines Spezialisten, die wirklich interessant sind und unterschiedliche Kochgewohnheiten unterstützen oder ergänzen. Auch für den Küchenfachhandel kann das interessant sein. Testeindrücke lesen Sie in dieser Ausgabe.

Ruhe fürs Auge
Als Backofen-Funktion wird uns das Thema „Airfryer“ auf der nun anstehenden Küchenmeile 2025 gewiss an mehreren Orten begegnen. Doch was erwartet uns in diesem Messeherbst noch? Das Küchendesign scheint sich weiter zu beruhigen. So ist in den Ankündigungen der Industrie von einer weiter gesteigerten Durchgängigkeit zu lesen. Und vom „Japandi“-Stil, dieser elegant-unaufgeregten Mischung aus skandinavischem Hygge und fernöstlicher Würde. Das verspricht Harmonie. Zumindest für die Augen. Aufregende Themen rechts und links gibt es schließlich genug. Und damit sind nicht nur die internationale Politik, die globalen Auswirkungen der Kriege auf diesem Planeten oder die Zollquerelen gemeint. Es geht auch deutlich branchennäher. Etwa der digitale Produktpass. Oder das Recht auf Reparatur, das für Industrie und Handel in den Startlöchern der Umsetzung steht. Und allgegenwärtig die KI. Davon bleibt gefühlt kein Lebens- und Geschäftsbereich unberührt. In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns ebenfalls damit. Konkret mit den neuen Spielregeln der digitalen Sichtbarkeit in Zeiten der künstlichen Intelligenz. Aus Sicht der Industrie und des Fachhandels. Dazu haben wir ein Interview mit einer Fachkraft geführt, die es eigentlich wissen muss: mit der KI selbst.

Dirk Biermann

 



Dieser Beitrag ist als Editorial der Ausgabe KÜCHENPLANER 9/2025 erschienen.