20.09.2023

Reklamationen gehören in der Küchenplanung zum Alltag. Trotzdem ergeben sich von Küchenstudio zu Küchenstudio enorme Differenzen. Im schlimmsten Fall ist sogar die Liquidität gefährdet. Wie man die wahren Kosten ausrechnet – und die Reklamationsquote senken kann, erläutert Ingo Anneken von der SEB Steuerberatung.

Ingo Anneken ist seit 2009 Geschäftsführer der SEB Steuerberatung. Gemeinsam mit seinen Kollegen unterstützt er die Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen – von der Rechtsformoptimierung bis hin zur Existenzgründung. Zudem ist er Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.). Foto: SEB

Das böse Erwachen kommt manchmal nach dem Küchenkauf. Zum Beispiel, wenn der Kunde die Farbe der Fronten bemängelt oder bemerkt, dass ein falsches Abfalltrennsystem geliefert wurde. Fehler passieren und Fehler können korrigiert werden. Doch je größer die Abweichung vom Auftrag, desto teurer kann es für das Küchenstudio werden. Und dort wird das Thema „Reklamationen“ häufig unterschätzt. Denn: Es sind häufig die Reklamationskosten, die darüber entscheiden, wie hoch (oder wie niedrig) der Prozentsatz des Reingewinns vom Umsatz ausfällt. Oder anders ausgedrückt: Obwohl die Planungssoftware, die in Küchenstudios verwendet wird, Reklamationen im Mittel einkalkuliert, kann die Realität ganz anders aussehen: Wie hoch die Kennzahl „Reingewinn vom Umsatz“ ausfällt, steht und fällt auch mit den Reklamationskosten. Eine zu hohe Reklamationsquote kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das Geschäft unrentabel wird.

Reklamationsfälle können zu Liquiditätsfallen werden
Unrentabilität ist ein Problem. Kurzfristiger können Probleme in der Kundenbeziehung aber auch die finanziellen Mittel des Küchenstudios beeinträchtigen. Hat der Kunde eine Reklamation angezeigt, behält er meist einen Teil der Rechnungssumme ein. Aus seiner Sicht macht das Sinn: So hat er ein Druckmittel und kann sicher sein, dass die notwendigen Arbeiten schneller, beziehungsweise überhaupt ausgeführt werden. Kommt es nun zu mehreren Fällen gleichzeitig oder trifft die unvollständige Bezahlung zu einem schlechten Zeitpunkt ein, kann es beim Küchenstudio zu Liquiditätsproblemen kommen.

Welche Kosten im Reklamationsfall entstehen
Wie Eingangs gesagt: Reklamationen verursachen Kosten. Und diese sind meist höher als gemeinhin angenommen wird. Es geht schließlich meist nicht nur darum, ein einfaches Teil auszutauschen. Im Küchenstudio fallen erst einmal Verwaltungskosten an: Die Reklamation muss erfasst werden, Ware muss bestellt und angenommen werden, Termine müssen vereinbart werden, und Buchungsaufwand fällt ebenfalls an. Hinzu kommen die Kosten für nachbestellte Ware sowie Anfahrts- und Montagekosten. Grob geschätzt, kann pauschal von rund 250 Euro netto pro Anfahrt ausgegangen werden – ohne Kosten für nachbestellte Ware. Wenn Ware nachgeordert wird, kann meist eine Pauschale von 500 Euro netto veranschlagt werden – natürlich abhängig davon, was schiefgelaufen ist. Ist es, wie im obigen Beispiel, die Arbeitsplatte, schießen die Kosten deutlich in die Höhe.

Eine Frage der Kommunikation
Was kann der Küchenplaner tun, um diese Kosten zu vermeiden? Im Streitfall wird meist dem Küchenstudio ein Planungsfehler vorgeworfen. Doch oft sind es keine Schludrigkeiten des Planers, die zum Dissens führen, sondern schlichtweg Kommunikationsprobleme. Im Prozess zwischen Erstgespräch mit dem Kunden und dem ersten Spiegelei in der neuen Küche, gibt es viele Kommunikationsschnittstellen. Als am anfälligsten für Fehler hat sich in der Praxis diejenige zwischen Verkäufer und Monteur erwiesen. Aber auch die weiteren Schnittstellen, also zwischen Verkäufer und Kunde, Verkäufer und Lieferant, Lieferant und Monteur, Monteur und Käufer, sind fehleranfällig. Ein erstes Mittel um hier besser zu werden, ist die Dokumentation: Verkäufer oder Planer, die sich angewöhnt haben, bei der Planung und den Kundengesprächen immer eine Merkliste mit Montagebesonderheiten zur Projektakte zu nehmen, erzielen weit bessere Ergebnisse (siehe Kasten 1).

Zufriedene Kunden trotz Reklamation
Es ist selbstverständlich auch zu berücksichtigen, dass es nicht nur um Geld geht. Auch der gute Ruf und die Marke können leiden. Küchenmontage ist Vertrauenssache – und die wichtigen Bewertungen und Empfehlungen sprechen nur zufriedene Kunden aus. Fehler sind nun sicherlich menschlich – und wo auch immer sie passieren, sollten sie schnell behoben werden. Die Laufzeit der Reklamationen steht nämlich in engem Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit, der Höhe des Forderungsbestandes und der Weiterempfehlungsquote. Dauert es lange, wird am Ende sicherlich kein glücklicher Kunde aus dem Prozess hervorgehen. Demgegenüber ist eine rasche Mängelbeseitigung ein Werbeinstrument, das auch momentanen Ärger kurzfristig vergessen lässt. Und Gründe, die gegen eine schnelle Fehlerkorrektur sprechen, gibt es aktuell kaum: Die wenigsten Küchenstudios sind derzeit voll ausgelastet. Diese Kapazitäten sollten zur schnellen und gründlichen Reklamationsbearbeitung genutzt werden. Das lohnt sich nicht nur für den Kunden, sondern auch für das Küchenstudio.

www.seb-steuerberatung.de

 



Wie die Reklamationsquote minimiert werden kann

  • Transparenz im Kundengespräch: Mitschriften anfertigen und zur Akte heften
  • Bei besonders teuren Arbeitsplatten: Gesonderte Verträge abschließen und Bestellung erst nach Aufbau der Küche anhand des konkreten neuen Aufmaßes vornehmen
  • Schriftliche Kundenabnahme der Küche nach Aufbau mit Erfassung der Mängel und deren Charakterisierung nach Fehlerschwerpunkten
  • Analyse: Statistische Ursachenfeststellung, inklusive der Ermittlung von Fehlerschwerpunkten
  • Am Ablauf, an der Kommunikation bei den jeweiligen Schwerpunkten arbeiten
  • Mitarbeiterschulungen durchführen
  • Die Kommunikation mit dem Kunden dokumentieren