14.12.2022

Was wird hängen bleiben von diesem 2022? Außer den vielen Sorgen? Gab es gar nichts Positives, Ermutigendes, Stärkendes? Kommt drauf an. Das Editorial aus KÜCHENPLANER 12/2022.

Dirk Biermann, Chefredakteur KÜCHENPLANER online/offline.

Vorab an alle Skeptiker, Bedenkenträgerinnen und Schwarzsehende: Dies wird kein Tschakka-Artikel. Kein Beitrag über die Kraft des positiven Denkens mit der unterschwelligen Botschaft, dass Krisen dornige Chancen sind und alles hinzukriegen ist, sofern man es nur will und genügend Alkohol im Haus ist. Professionelle Pessimisten können also entspannen. Dennoch schweben sie in Gefahr. Denn diese Zeilen können unbequem sein. Es geht um die Zuversicht, dass der allgegenwärtige Wandel ein gewisses Mitspracherecht beinhaltet. Die Begutachtung dieses Kalenderjahres scheint eine persönliche Positionierung von uns zu fordern. Anders gefragt: Ist inmitten der vielen Veränderungen, die uns gerade bedrängen, das Glas halb voll oder halb leer?

Wagen wir beim Branchenblick im Advent probeweise den Versuch der subjektiven Ausgewogenheit. Also weder überdramatisieren noch verharmlosen, sondern zu registrieren, was uns persönlich in den letzten Monat begeistert hat. Wo der Funken übersprang und die lähmenden Allgemeinsorgen, hervorgerufen durch schwierige äußere Bedingungen, einer unerwarteten Vitalität wichen. Für viele von uns fand das mit den ersten Zusammentreffen im Frühjahr statt. Bei den Kongressen, Tagungen und Messen. Oder nachgeholten Firmenfeiern. Endlich die Corona-Starre abschütteln, einen auf Verantwortung basierenden Umgang mit dem real existierenden Virus finden und wieder persönliche Verbindung spüren. Dieses „endlich wieder“ hallte vernehmlich durchs Jahr und setzte eine gut bekannte Kraft frei. Die Kraft der Gemeinschaft – nicht ohne Grund ein gern genutztes Verbandsmotto.

Kraftvolle Themen und Impulse gab es auch aus den Unternehmen. Ganz grundsätzlich zur Daueraufgabe Nachhaltigkeit. Mich persönlich haben viele Projekte und Statusmeldungen begeistert. Natürlich scheint noch immer die ein oder andere grün kolorierte Jubelmeldung einer unreifen Marketingstrategie entwichen zu sein. Was an der Glaubwürdigkeit nagt. Doch viele Umsetzungen haben stabile Wurzeln. Sie sind kreativ, beharrlich und Ausdruck eines Verstehens, dass Nachhaltigkeit längst kein Extra-Goodie mehr ist, sondern das „Wie“ jeder einzelnen unternehmerischen Entscheidung betrifft und dabei mehr im Sinn hat als die kompensationsgesteuerte Berechnung der Klimaneutralität. Wer das Wesen von Nachhaltigkeit verstanden hat, nutzt es in allen Unternehmensprozessen. Geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und vom Bleiben zu überzeugen ist gewiss erfolgversprechender, wenn der Begriff „Human Resources“ von Mitarbeiterzufriedenheit begleitet wird. Auch dies ist ein Aspekt von Nachhaltigkeit. Qualifizierte Arbeitskräfte auf digitalen Kanälen zu suchen, ist zeitgemäß, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zufriedene, wertgeschätzte, gesunde und angemessen bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die besten „Recruiter“ sind. Gute Maßnahmen sprechen sich rum.

Vor diesem Hintergrund hat mich ein Unternehmensbesuch in diesem Jahr ganz besonders beeindruckt. Beim Gang durch die Produktion eines mittelständischen Unternehmens mit 200 Mitarbeitern (Schulte Elektrotechnik in Lüdenscheid) grüßten die Führungskräfte die Menschen durchweg mit ihren Vornamen. Die Atmosphäre war ruhig, freundlich, höflich und es wurde auffallend viel gelächelt. Als ich mich zwei Stunden später auf dem Firmenparkplatz von meinen Gesprächspartnern verabschiedete, meldete sich der Gedanke: „Wie interessant. Eine derart produktive und zugleich angenehme Stimmung habe ich schon lange nicht mehr erlebt.“ So wurde ein Sommerbesuch im Sauerland zum gedanklichen Ausgangspunkt für diesen Beitrag. Mein Wunsch für das Jahr 2023: Gerne mehr davon!

Verlag und Redaktion wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, angenehme Festtage und eine Zeit, die Besinnliches und Friedliches beinhaltet und zugleich Positives, Ermutigendes und Stärkendes. Kurz: Bleiben Sie zuversichtlich.

Dirk Biermann