25.08.2020

Möbelindustrie erholt sich schneller als gedacht

Am Anfang der Pandemie befürchtete die Möbelbranche Umsatzeinbußen von 20 Prozent oder mehr. Dann kam eine erste Relativierung mit einem geschätzten Jahresminus von 10 Prozent. Und jetzt die recht zuversichtliche Prognose, dass es kaum mehr als 5% Einbußen in diesem Jahr gibt.

Die Umsatzfieberkurve der deutschen Möbelindustrie. Grafik: VDM

„Seit Juni geht es mit dem Umsatz wieder ins Plus und die Auftragslage im Juli war sehr gut“, sagte Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie und der Möbelfachverbände, beim Jahresgespräch des VDM in den Räumen der Koelnmesse. Die Corona-Pandemie habe auch in der deutschen Möbelindustrie tiefe Spuren hinterlassen, „doch scheinen die Einbußen für unsere Branche im Gesamtjahr nach aktuellem Stand überschaubar zu bleiben“, so Kurth. Nach einem drastischen Umsatzeinbruch infolge des Lockdowns konnte der Negativtrend mit Beginn des Monats Juni gestoppt werden. Die teilweise bereits seit Mai überraschend positive Entwicklung der Auftragseingänge erlaubt aus VDM-Sicht trotz aller nach wie vor vorhandenen Unsicherheiten einen optimistischen Blick nach vorne.

Schweiz wird zum Export-Markt Nr. 1
Unter dem Strich hat die Möbelindustrie im 1. Halbjahr 2020 9,8% Umsatz verloren. Wobei das Inland mit – 8,2% weniger betroffen war als die Exportmärkte, die um 13,2% nachgaben. Besonders vom Corona bedingten Umsatzeinbruch betroffen war das Geschäft mit den direkten Nachbarn in Frankreich (-18,2%), Österreich (-7,5%), Belgien (-11,6%) und UK (-19,4%). Demgegenüber stieg der Umsatz in der Schweiz um 4,6%. Mit einem Volumen von 516,7 Mio. Euro (Januar bis Mai 2020) haben die Möbelexporte in die Schweiz sogar die Spitzenposition eingenommen. Der viele Jahre wichtigste Export-Markt Frankreich kommt noch auf ein Umsatzvolumen in Höhe von 476,5 Mio. Euro. Außerhalb Europas bracht der wichtigste Exportmarkt USA im Berichtszeitraum um 10,3% im Umsatz ein, und Russland als Nr. 3 im Ranking um 10%. Der zweitwichtigste Ausfuhrmarkt China legte um 1,9% zu.

Drei Gründe für rasche Erholung
Die aktuell vorhandenen Anzeichen für eine Erholung in der Möbelindustrie lassen sich laut VDM auf drei Aspekte zurückführen: 1. Nachholbedarf, 2. gestiegener Stellenwert von Zuhause und 3. Umschichtung des Budgets Richtung Wohnen und Einrichten. Jan Kurth: „Für positive Impulse sorgt zudem die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer. Die Steuerersparnis gibt vielfach den Anstoß, geplante Möbelkäufe in die Tat umzusetzen.“
Wie eine verbandsinterne Umfrage zeigt, sind die Unternehmen der Möbelindustrie nach dem Ende des Lockdowns von Monat zu Monat zuversichtlicher geworden. Kurth: „In der jüngsten, gerade abgeschlossenen Umfrage rechnen inzwischen 42 Prozent der befragten Möbelhersteller damit, ohne Umsatzeinbußen durch das Jahr zu kommen. Vor diesem Hintergrund heben wir unsere Prognose vorsichtig an und gehen nun für das Gesamtjahr nur noch von einem Umsatzminus von bis zu 5 Prozent aus.

Küchenmöbelindustrie noch am erfolgreichsten
Alle Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich von Januar bis Juni 2020 nach Angaben der amtlichen Statistik negativ. Dennoch gibt es erhebliche Differenzen zwischen den einzelnen Segmenten. Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten einen leichten Umsatzrückgang um 2,3% auf rund 2,5 Mrd. Euro und entwickelten sich damit wesentlich besser als andere Segmente. Die Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 983 Mio. Euro ein deutlich negativeres Ergebnis aus (-10,9%). Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 10% unter dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 831 Mio. Euro. Einen überdurchschnittlichen Rückgang registrierten die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze von Januar bis Juni 2020 um 11,2% auf rund 420 Mio. Euro zurückgingen. Auch die Umsatzentwicklung beim größten Segment der Möbelindustrie – den sonstigen Möbeln und Möbelteilen – fiel mit minus 14,3% auf 3 Mrd. Euro negativer aus als im Branchendurchschnitt. Das kleinste Segment der Branche – die Matratzenindustrie – wies ein Umsatzminus in Höhe von 11,8% auf rund 350 Mio. Euro aus.

Stark verbesserte Auftragslage
Im Juni verbesserte sich die Lage in allen Segmenten wieder deutlich. Nach internen Erhebungen der Fachverbände stiegen die Auftragseingänge in der deutschen Wohnmöbelindustrie in den ersten sieben Monaten um 4,5% und in der Küchenmöbelindustrie um 4,8%.

Optimistischer Blick nach vorn
Mit Blick auf die nächsten Monate wag der VDM diese Prognose: „Die Vorzeichen für die weitere Entwicklung der Branche im zweiten Halbjahr bewerten wir als stabil. Insbesondere die Möbelnachfrage im Inland zeigt sich robust. Der gute Auftragseingang ab Mai stimmt optimistisch und dürfte zu steigenden Umsätzen im dritten Quartal führen. Für das vierte Quartal ist aufgrund der hohen Vorjahreswerte mit keinen größeren Steigerungen zu rechnen. Auch die Verbraucherstimmung in Deutschland hellt sich zunehmend auf. Die deutschen Konsumenten lassen den Corona-Schock nach Ergebnissen der jüngsten GfK-Konsumklimastudie vom Juli zunehmend hinter sich. Sowohl die Anschaffungsneigung als auch die Einkommenserwartung steigen deutlich, während sich die Konjunkturerwartung mit geringen Zuwächsen im positiven Bereich stabilisiert. Die Konjunkturprognosen für das laufende Jahr wurden von den führenden Wirtschaftsforschern zuletzt wieder leicht nach oben revidiert. Gleichzeitig bleiben die Wachstumsimpulse aus dem Ausland angesichts der je nach Land unterschiedlich schweren wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der nach wie vor schwelenden Handelskonflikte bislang verhalten. Es gibt zwar noch viele Unwägbarkeiten hinsichtlich des Verlaufs der Pandemie, doch wir sind optimistisch, dass das Vorkrisenniveau unter Vorbehalt einer stabilen epidemiologischen Entwicklung im Jahr 2021 wieder erreicht werden kann.“

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