06.10.2014

Die Messewelt ist in Bewegung. Das ist gut so, denn eine lebendige Messelandschaft hält auf Trab und sorgt für Gesprächsstoff. Überraschende Ideen, mutige Designansätze und letztlich innovative Produkte geben Industrie und Handel Rücken­wind.

In der Küchenbranche blicken wir traditionell nach Mailand, Köln und Ostwestfalen-Lippe. Ein Bermudadreieck mit besonderem Charme, denn zwischen dem Design-Mekka Mailand und dem ostwestfälisch-lippischen Hügelland klaffen Welten. Allerdings mit extrem guten Positionierungen. Mailand hat dieses gewisse glamouröse Etwas, das mit dem Verstand allein kaum zu erklären ist. Und die westfälische Küchenmeile A30 punktet mit tief verwurzelter Heimatverbundenheit – und einem überaus gesund ausgebildeten Selbstbewusstsein, basierend auf dem Wissen, dass die Musik der Branche halt in Westfalen spielt – mit den Eck-Koordinaten Verl, Löhne und Rödinghausen.
Und wo steht Köln? Die LivingKitchen dürfte sich manchmal wie das Grün im Sandwich fühlen. Für sich allein gesehen delikat – aber stets von zwei Seiten unter Druck. Wie bei kaum einer anderen Messe wird im Vorfeld der LivingKitchen so intensiv über die gesprochen, die nicht kommen werden, als über die, die den Messeplatz Köln mit allen seinen Vorteilen nutzen und dies frühzeitig kommunizieren. So wie in diesen Wochen. Erst hat Alno für die LivingKitchen im Januar 2015 abgesagt, dann kam das Ingen* aus Schweden von Electrolux – und nun meldet auch Spülenhersteller Schock, dass sie im nächsten Winter nicht nach Köln wollen. Dafür aber im September nach Rödinghausen-Bruchmühlen. Dort wird zur anstehenden Küchenmeile A30 das Forum 26 neu mit Leben gefüllt. Als produktübergreifende De­signwerkstatt rund ums Wohnen. Und als ganzjährige Dauerausstellung.
Drei von mehr als 130 bereits in Köln gemeldeten Ausstellern – das scheint harmlos. Doch Flächenbrände beginnen stets überschaubar. Zudem reden wir nicht von irgendwem. Electrolux ist die zweitgrößte Hausgerätemarke weltweit, Alno ein mit hohen Bekanntheitswerten gesegneter Küchenmöbelhersteller und Schock ein Spülenspezialist, der immer wieder mit ganz besonderen Entwicklungen auf sich aufmerksam macht. Ist die Küchenbranche etwa dabei, sich den Erfolg der beiden LivingKitchen-Ausgaben 2011 und 2013 selbst zu vermasseln? Oder schaffen unternehmerische Einzelentscheidungen wie die genannten in der Summe mehr Raum für die in Köln heiß ersehnten internationalen Aussteller? Die Hallenkapazität ist schließlich begrenzt für die Küchenaussteller während der parallel durchgeführten imm cologne.
Die Messemacher vom Rhein sind nicht zu beneiden. Im Gegensatz zu Mailand und Westfalen gibt es kein Image-Polster. Die Fachleute der LivingKitchen arbeiten engagiert, müssen ihr Dasein aber stets neu erklären. Die Vorschusslorbeeren sprießen woanders.
Die Bedeutung des Messeplatzes Ostwestfalen ist mit der Reaktivierung des „Forum 26“ als ganzjährige Designwerkstatt (sie­he Bericht in dieser Ausgabe) erneut gestiegen, denn weitere „ortsfremde“ Unternehmen haben sich einen Dauerausstellungsplatz im Herzen der deutschen Küchenindustrie gesichert. Auch wenn sich mancher fragt, wer überhaupt noch den Überblick behalten will über die geballte Ausstellerschaft der Küchen­meile A30 und die angeschlossenen Fachmessen area 30, MAZ, ­house4kitchen, Gut Böckel und Forum 26. Die Reisetage werden sicher nicht mehr. Und die Möbelpräsentationen der M.O.W. in der nahen lippischen Nachbarschaft sind auch noch da.
Sei’s drum: Gesprächsstoff wird dieser Messeherbst wieder genügend bieten. Gut so, meint

 
Dirk Biermann, Chefredakteur
d.biermann@kuechenplaner-magazin.de

PS: Der KÜCHENPLANER ist diesmal zweigeteilt. Auf den kommenden Seiten blicken wir konzentriert auf das aktuelle Messegeschehen. Im Wendeteil haben wir weitere Nachrichten und spannende Hintergründe aufbereitet.


* Schwedisch für „Nein“