17.05.2014

Amica ist ein polnisches Traditionsunternehmen. Wie der Vollsortimenter tickt und welche ambitionierten Ziele er verfolgt, hat sich Astrid Plaßhenrich vor Ort angeschaut.

Martin Buettner, ­Geschäftsführer der Tochtergesellschaft in Deutsch­land, präsentiert drei Backöfen der Marken Amica, ­Hansa Haushaltsgeräte und GRAM. Fotos: Plaßhenrich

Vize-Präsident Andrzej Sas, CEO Jacek Rutkowski und Martin Büttner, ­Geschäftsführer Amica International GmbH (v.l.).

Die Geschichte. Gegründet 1945 in Wronki spezialisierte sich die jetzige Amica Gruppe zunächst auf das Geschäft mit Agrarmaschinen. Zwölf Jahre später wurde der erste Kohle-Gasherd hergestellt, woraufhin das Unternehmen sprunghaft wuchs. Der Vertrieb auf dem deutschen Markt begann direkt nach der Wende 1990. Nach der Privatisierung 1994 notierte die ­Amica ­Wronki S.A. ab 1997 an der Warschauer Börse. Zwei Jahre später wurde eine Kühl- und Gerätefabrik sowie 2000 eine für Waschmaschinen gebaut. Die beiden Werke wurden 2010 allerdings an Samsung veräußerst, da sich Amica strategisch neu ausrichtete und sich auf seine Kernkompetenz Kochen konzentrierte. Um zwei Schritte nach vorne zu kommen, musste das Unternehmen zunächst einen zurück machen. „Wir sind durch ein tiefes Tal gegangen. Aber der jetzige Erfolg gibt uns in unserer Entscheidung recht“, sagt CEO Jacek ­Rutkowski.  

Die Zahlen. Die Amica Gruppe beschäftigt etwa 2400 Mitarbeiter. In den zwei Werken in Wronki produzieren 1400 von ihnen Herde und Backöfen, weitere 250 stellen Kochfelder her. Die Kapazität für Herde und Backöfen liegt derzeit bei 1,35 Millionen Stück im Jahr, für Kochfelder bei 330.000. Der konsolidierte Weltumsatz lag im vergangenen Jahr bei 408 Mio. Euro, der Exportanteil bei 65 Prozent. Amica ist dabei auf mehr als 40 Exportmärkten aktiv. Für 2014 wird der Umsatz der Amica Gruppe auf 480 Mio. Euro prognostiziert.  

Amica und Jacek Rutowski. Es müsste eher heißen Jacek Rutowski und Amica. Der charismatische Unternehmer hält 41 Prozent an Aktien und hat eine Stimmenmehrheit von 57 Prozent. Damit ist er Hauptaktionär und CEO in einer Person. Rutowski ist ein Kosmopolit, spricht vier Sprachen fließend und pendelt ständig zwischen Wronki und seinem Wohnsitz in der Nähe von Frankfurt am Main. Er ist immer auf der Suche nach Innovationen und Weiterentwicklungen für alle Bereiche des Konzerns.

Die Zukunft. Amica ist im Wandel: Das Unternehmen arbeitet zurzeit an seiner neuen Zehn-Jahres-Strategie. Die will der Konzern zeitnah der IFA vorstellen.

Der Fußball. Jacek Rutokowski ist der Eigentümer des polnischen Fußball-Erstligisten Lech Posen. Er war es auch, der den Bundesliga-Torjäger Robert ­Lewandowski an Borussia Dortmund verkaufte. Kein Wunder also, dass der Showroom des Unternehmens im Posener Stadion Miejski untergebracht ist. Dort befinden sich auch die Büroräume der zur Amica Gruppe gehörenden Marketinggesellschaft. Die koordiniert und entwickelt alle nationalen und internationalen Vertriebs- und Marketingaktivitäten. Präsident der Marketinggesellschaft ist Andrzej Sas. Er zeichnet sich auch für die Bereiche Sales & Marketing der Amica Gruppe verantwortlich und ist deren Vize-Präsident.   

Der Standort. „Der Produktionsstandort Wronki ist für uns ein enormer Vorteil. Hier kommen viele positiv Faktoren zusammen“, sagt Martin Büttner, Geschäftsführer der deutschen Tochtergesellschaft. Die 12000 Einwohner große Stadt liegt in der Mitte der Hauptmärkte Polen, Deutschland, Russland und Skandinavien. Die Infrastruktur ist gut. Die Personalkosten sind geringer als im Westen. Ein Arbeiter verdient bei Amica  durchschnittlich 800 Euro. Auch so könne das Preis-Leistungs-Verhältnis gewährleistet werden.

Die Produktion. Die Produktion orientiert sich an international anerkannten Standards. Seit 1994 ist Amica ISO 9001 zertifiziert. Es folgte 1997 die Zertifizierung ISO 14001, im Jahr 2001 das Managementsystem für Arbeitsschutz PN-N 18001 und 2006 die Richtlinie zur Reduzierung gesundheitsgefährdender Stoffe (RoHS) sowie die Richtlinie über die Entsorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten (WEEE). So werden hohe Maßstäbe hinsichtlich Umweltschutz, Ressourcenschonung und Energieersparnis erzielt.  

Die Marken. Mit den vier Marken Amica, Hansa Haushaltsgeräte, GRAM und Premiere konzentriert sich der Absatz auf Europa. Amica ist die Hauptmarke für Deutschland und Polen. Dort war das Unternehmen mit einem Anteil von 16 Prozent die Nummer 1. In seinem Heimatmarkt liegt der Bekanntheitsgrad bei 82 Prozent. Die Hauptmarke für Osteuropa heißt Hansa Haushaltsgeräte. In Russland ist Hansa die Nummer 1 im Gesamtbereich Herde, so das Unternehmen. Der Anteil der Standherde lag bei mehr als 15 Prozent. Die Tradiotnsmarke GRAM (seit 1899) ist designorientiert und hochpreisig in skandinavischen Märkten positioniert. In Dänemark erzielte GRAM mit Standherden mehr als 20 Prozent Marktanteil, bei Kühlgeräten mehr als 12 Prozent.

Die deutsche Tochtergesellschaft. Die 1990 gegründete deutsche Tochtergesellschaft Amica International GmbH in Ascheberg erzielte 2013 einen Umsatz von 82,5 Mio. Euro. Mit aktuell 78 Mitarbeitern will die Gesellschaft in den kommenden Jahren die 100-Millionen-Euro-Grenze knacken. Der Außendienst wird in diesem Jahr auf bis zu 15 Personen ausgebaut. Amica International bedient neben dem deutschen auch den Schweizer und österreichischen Markt sowie den der Beneluxstaaten. Geschäftsführer der deutschen Tochtergesellschaft ist seit August 2013 Martin Büttner.  „Ganz oben auf meiner Agenda steht der weitere kontinuierliche Ausbau unserer Position in allen relevanten Vertriebskanälen mit einem besonderen Schwerpunkt beim Fachhandel im Elektro- und Küchenbereich“, erklärte er damals.

Der deutsche Markt. Amica ist in Deutschland im Bereich der Standherde stark. Die Zahl der verkauften Geräte beläuft sich jährlich auf etwa 350000 Stück. Damit lag der Marktanteil für Standherde der beiden Marken Amica und Premiere zusammen bei 27 Prozent im Jahr 2012. „Der Markt wird von den Großen aber auch nicht so stark beackert. Das ist unser Vorteil“, sagt Martin Büttner, Geschäftsführer der Amica International GmbH. ­Amica ist ebenfalls der Hauptlieferant für den Bereich Kochen für den Versandhandel Otto. Daneben will die Gruppe im Markt bei Einbaugeräten mittelfristig zulegen. So soll der Küchenfachhandel strategisch angegangen und die Nähe zu den Verbänden gesucht werden. Das stärkste Wachstum erzielte Amica 2013 im Möbel- und Küchenfachhandel mit plus 20 Prozent.

Die Firmenphilosophie. Die Wörter „Flexibilität“ und „Changes – Wandel, Wechsel“ sind untrennbar mit Amica verbunden. Die sechs Vorstandsmitglieder sind für im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr jung. Rutowski hat zwar die 60 Jahre überschritten, die fünf weiteren sind allerdings im Alter zwischen Mitte 30 und 40. „Wir müssen uns immer hinterfragen: Was ist im Rahmen unserer Möglichkeiten noch machbar?“, sagt Jacek Rutowski. Das gute sei: „Unser junges Team ist stets bereit, Veränderungen mitzugehen. Das war und wird auch in Zukunft ein Vorteil von uns sein.“ Produktivität sei dabei das magische Wort.

www.amica-international.de