02.01.2014

Die Ansprüche an den Zubehörgroßhandel haben sich in den letzten Jahren verändert. Nicht mehr allein die traditionelle Warenverteilung bestimmt das Aufgabenspektrum – immer häufiger werden Eigenentwicklungen präsentiert. Wir haben bei den führenden Zubehörspezialisten nachgefragt, wie sich dies auf ihre Strategien, Dienstleistungen und Produktsortimente auswirkt. Von Dirk Biermann

Martin Staaks, Leiter Produktentwicklung und Marketing Naber: „Eigene Entwicklungen initiieren wir in allen Produktsegmenten, in denen wir Nischen für neue Ideen und Umsatzpotentiale sehen.“

Mathias Meloh, Geschäftsführer Horst Vogt GmbH: „Unsere Konzentration liegt ganz bewusst auf unseren Kernkompetenzen im klassischen Großhandel.“

Oliver Deimling, Vertriebs- und Marketingleiter Sedia Küchentechnik: „Da wir bei vielen Dingen über den Tellerrand schauen, sind unser Rat und unsere Erfahrung bei vielen Lieferanten vor einer geplanten Markteinführung gerne gefragt.“

Sven Weyh, Geschäftsführer r Küchentechnik: „Weil das Thema Ergonomie immer mehr an Bedeutung gewinnt, haben wir zur Herbstmesse im MAZ einen herstellerunabhängigen Inselhub vorgestellt.“

Welchen Stellenwert haben Eigenentwicklungen in Ihrem Unternehmen?

Naber: Seit Mitte der siebziger Jahre engagiert sich die Naber GmbH in Sachen Eigenentwicklungen – anfangs im Bereich Luftkanaltechnik. Eigenentwicklungen sind ein wichtiges Element unserer Firmenphilosophie: Wir entdecken Lücken im Markt und geben mit innovativen Produkten Impulse. Mit Eigenentwicklungen bieten wir unseren Kunden außergewöhnliche Produkte mit nachfragestarken Alleinstellungsmerkmalen.

r Küchentechnik: Grundsätzlich haben Eigenentwicklungen einen sehr hohen Stellenwert und wir freuen uns, wenn wir sehen, dass Entwicklungen aus unserem Hausvom Markt angenommen und vom Wettbewerb aufgegriffen werden. Ob im Bereich Produkte oder Service. Das zeigt uns, dass wir einen guten Job machen

Sedia Küchentechnik: Es spielt für uns als Großhändler eine untergeordnete Rolle, da wir uns primär um die Produktdistribution der vom Hersteller entwickelten Artikel kümmern. Daher ist auch unsere Ressourcenverteilung in diesem Bereich nicht sehr ausgeprägt.

Vogt: Unsere Konzentration liegt ganz bewusst auf unseren Kernkompetenzen im klassischen Großhandel. Dies betrachten wir als unsere erste Aufgabe! Denn wir sehen uns einerseits als verlässlichen Partner des Fachhandels und andererseits  als zuverlässigen Partner der Zuliefererindustrie.

Sagemüller & Rohrer: Wir setzen bereits seit längerer Zeit eigene Ideen um. Damit Schließen wir Lücken im Markt, welche von der Industrie (Holz, Geräte, Beschläge) weniger Beachtung finden, weil diese in den geringeren Stückzahlen nicht so interessant sind, aber für den Küchenplaner Bedeutung haben. Als kleineres Unternehmen können wir uns damit profilieren und Alleinstellungen schaffen. Die aktuellste Idee, welche wir umsetzen konnten, sind die zur Herbstmesse vorgestellten magnetischen Nischenwandverkleidungen mit einem dazu gehörigen Relingsystem. Damit vereinen wir zwei aktuelle Trends: Erstens den nach Dekoren in der Nische und zweitens das Revival der Nischenreling. So bieten wir dem Gebraucher nicht nur ein schönes Dekor, sondern gleichzeitig neuartigen Nutzen.

 

In welchen Produktsegmenten initiieren Sie eigene Entwicklungen?

Sagemüller & Rohrer: Wir sind diesbezüglich sehr beweglich. Vor noch einem Jahr haben wir uns beispielsweise gegen die Aufnahme von Nischenwand-Verkleidungen entschieden, weil solche Produkte schon von zu vielen Anbietern vertrieben wurden. Erst als wir erkannten, dass sich der Trend fortsetzt – aber nicht noch ein Marktteilnehmer mit vergleichbarer Ware gebraucht wird – haben wir begonnen darüber nachzudenken, wie wir anders sein können. Dabei kam dann unser Nischenprogramm heraus und wir können uns mit einem Produkt in Anfangspreislage und selbst anpassbarer/zuschneidbarer (auch noch auf der Baustelle) Standardgröße genau so profilieren, wie mit unserer Magnetwand nebst Zubehör. Deshalb fixieren wir uns nicht auf bestimmte Produktsegmente. Bereits vor zehn Jahren haben wir mit „EasyKitchen“ ein modulares Möbel-System vorgestellt, das sich jedoch nicht durchsetzen konnte. Dagegen haben sich beispielsweise unser eigener Energiespar-Mauerkasten PowairBox oder die Licht- und Energiebox MaxxPort für Inseln sehr gut im Markt etabliert.

Naber: Eigene Entwicklungen initiieren wir in allen Produktsegmenten, in denen wir Nischen für neue Ideen und Umsatzpotentiale sehen. Auch abseits der klassischen Zubehör-Artikelgruppen finden wir verstärkt Bedarf für innovative Lösungen. Concept Kitchen, unser Modulküchenkonzept, lässt sich den wandelnden Bedürfnissen und Lebenssituationen seiner Nutzer flexibel anpassen. Das ist ein gutes Beispiel für das neue Entwicklungsdenken unter dem Dach der Marke Naber. Kooperationen mit Partnern aus der jeweiligen Branche, renommierten Produktentwicklern, Designhochschulen und international bekannten Designern sorgen für zusätzliche Synergien.

r Küchentechnik: Unabhängig von der Produktgruppe werden Ideen zusammen mit unseren Partnern auf Machbarkeit geprüft. Einen Focus auf ein spezielles Segment wollen wir hier nicht legen, da jede Idee die Kreativität und auch die Identifizierung unserer Mitarbeiter mit dem Unternehmen rKüchentechnik.KG widerspiegelt.

Sedia Küchentechnik: Eigene Entwicklungen initiieren wir in den Segmenten Beleuchtung und Dunstabzugshauben.

Vogt: Der Mehrwert für den Fachhandel steht bei uns im Fokus. Dazu gehören teilweise Exklusivität durch unsere Eigenmarke TopLineVOGT® sowie die Entwicklungen der Lichtbox und des Ablufttippgebers, ausgerichtet für die kompetente Präsentation und Information am POS.

 

Produzieren Sie auch – oder konzentrieren sie sich auf die Rolle als Ideengeber?

Sedia Küchentechnik: Unsere Erfahrung über ein weites Warenspektrum spielt uns regelrecht die Karten als Ideengeber in die Hand. Da wir bei vielen Dingen über den Tellerrand schauen können, sind unser Rat und unsere Erfahrung bei vielen Lieferanten vor einer geplanten Markteinführung gerne gefragt.

r Küchentechnik: Als Großhandel produzieren wir nicht, sondern verwirklichen unsere Ideen mit führenden Designbüros und unseren starken Partnern aus Industrie und Handwerk.

Sagemüller & Rohrer: Wir lassen die Produkte „an der verlängerten Werkbank“ auf unseren Werkzeugen fertigen und machen zum größten Teil die Endmontage in eigener Regie. So haben wir jederzeit Kontrolle über das jeweilige Produkt.

Naber: Unsere Entwicklungsabteilung haben wir in den letzten Jahren permanent ausgebaut. Trendscouts, Ingenieure, Tischler und Elektromeister arbeiten dort Hand in Hand. Eigene Werkstätten und Versuchsräume schaffen eine optimale Basis für die Entwicklungsaktivitäten, die produktbezogen auch eigene Werkzeuge umfassen können. In einigen Bereichen gehen wir enge Kooperationen mit Spezialisten ein und sind auch für deren eigene Programme häufig gefragte Ideengeber mit Weit- und Marktblick.

 

Wie wirken sich evtl. Ambitionen mit Eigenentwicklungen auf Ihre klassische Aufgabe als Warenverteiler aus?

r Küchentechnik: Grundsätzlich werden wir weiterhin als klassischer Grossist auftreten, hier verdienen wir unser Geld. Das Tagesgeschäft bleibt durch die Produktentwicklung bzw. das Produktmanagement weitgehend unberührt. Kreativität beginnt bzw. endet nicht in den vier Wänden eines Büros. Ganz im Gegenteil: die besten Ideen entstehen außerhalb der Arbeitszeit.

Vogt: Da wir für uns eine Vermischung von Herstellerfunktion und Großhandel kritisch sehen, gehen wir den Weg mit unseren Zulieferanten gemeinsam und in enger Kooperation. So behält jeder seine Kompetenz und Verantwortung, der Gewinner ist der Fachhandel.

Naber: Wir sehen uns in beiden Handlungsfeldern als innovativer Problemlöser mit hoher Design-Affinität. Als „Warenverteiler“ sind wir ganz nah an unseren Kunden und an unseren Kooperationspartnern. Diese Nähe ist die Basis der Ideenfindung. So können wir als Impulsgeber für Neuentwicklungen fungieren, die mit deutlicher Naber-Handschrift im Markt erfolgreich sind.

Sagemüller & Rohrer: Unser Engagement mit Eigenentwicklungen wirkt sich überhaupt nicht aus. Denn unsere Hauptaufgabe sehen wir darin, als Partner des Fachhandels Distributions- und Lageraufgaben zu erledigen. Deshalb bleiben wir klassischer Großhändler mit dem Ziel, ein breites Sortiment kommissionsweise und zeitnah an den Küchenhandel zu liefern. Der weitaus größte Teil unseres Angebots kommt von den führenden Herstellern aus Deutschland. Damit können wir für unsere Kunden auf ein erstklassiges Knowhow zurückgreifen und ausgereifte Produkte in breitem sowie tiefem Angebot zur Verfügung stellen. Mit unseren Eigenentwicklungen profilieren wir uns jedoch und heben uns auch ab.

Sedia Küchentechnik: Die Auswirkungen sind allenfalls geringfügig. Wir planen keinen weiteren Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten für die Entwicklungsarbeit. Es gilt für Sedia viel mehr die Frage zu beantworten, ob im Haushalt das Betätigungsfeld Küche breit genug definiert ist.

 

Auf welche Warengruppen/Produktsegmente konzentrieren Sie sich bzw. legen Sie bewusste Schwerpunkte?

Sedia Küchentechnik: Beleuchtung und Steckdosenelemente, Dunstabzugshauben, Armaturen und Montage- bzw. Anschlussmaterialien.

Vogt: Unsere Schwerpunktthemen sind die starke Positionierung in den Bereichen Abluft und Leuchten, eine fachhandelsorientierte Produktauswahl mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis und die Eigenmarke TopLineVOGT®. Abgerundet mit einer perfekt strukturierten Logistik, mit taggenauen Auslieferungen, einer extrem hohen Warenverfügbarkeit und kurzen Lieferzeiten konzentrieren wir uns bewusst auf die Bedürfnisse des Fachhandels.

Sagemüller & Rohrer: Wir wollen uns nicht an bestimmte Produktgruppen binden. Wenn wir gute, umsetzbare Ideen haben ist es egal in welchem Bereich des Zubehörs sich diese ansiedeln. So bieten wir heute Eigenprodukte oder Exklusivitäten in den Bereichen Armaturen, Leuchten, Lüftungstechnik, Nische, Reling, Einbautechnik und Abfalltrennung.

Naber: Wir sehen überall dort Entwicklungsbedarf, wo sinnvolle Design-Lösungen notwendig sind. Damit bewegen wir uns in jedem Zubehör-Segment, in dem innovative Produkte hohe Marktchancen haben – die wir natürlich vorab genauestens ausloten.

r Küchentechnik: Durch die neuen Medien hat der Endkunde die Möglichkeit vom Sofa aus seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Hier bieten wir auf unserer Online-Plattform youorder.de die Möglichkeit unsere Nischenrückwandsysteme rBack® selbst zu konfigurieren. Auch der Händler kann so direkt bei der Beratung seines Kunden die Rückwand planen und somit ein individuelles Highlight anbieten.

Weil das Thema Ergonomie immer mehr an Bedeutung gewinnt, haben wir zur Herbstmesse im MAZ einen herstellerunabhängigen Inselhub vorgestellt. Durch die stufenlose Höhenverstellung werden Arbeitsfläche und Unterschränke auf Ihre Wunschposition gebracht. Dieses System wird vormontiert geliefert. Alle Komponenten können vor Ort unkompliziert zusammen gebaut werden. Die Höhenverstellung erweitert auch die Möglichkeit einer Küche. So können Kücheninseln in der höchsten Position gut als Bar oder Tresen genutzt werden. Damit wird die Küche zum Mittelpunkt für Familie und Freunde.

Ebenfalls vorgestellt haben wir einen elektrisch höhenverstellbaren Tischfuß, der frei im Raum positioniert werden kann. In diesen Bereichen arbeiten wir an weiteren Produktideen wobei die restlichen Produktgruppen nicht vernachlässigt werden. Hier stehen in den kommenden Monaten Neuheiten an. 

 

Wie sehen Sie mittel- und langfristig die Entwicklungen beim Thema Licht?

Naber: Die Dynamik in der LED-Entwicklung wird sich fortsetzen, denn sie eröffnet eine Vielfalt von Optionen für die Raumbeleuchtung. Der Einsatz in der Küche verlagert sich zunehmend von der gleichmäßigen Flächenausleuchtung in festgelegten Lichtfarben zugunsten variabler Lichtinszenierungen. Licht wird exakt nach Bedarf komfortabel einsetzbar. In enger Zusammenarbeit mit den führenden Spezialisten der Leuchten-Industrie werden wir uns für die Weiterentwicklung intelligenter LED-Steuerungen für individuell einstellbare Lichtstimmungen und Dimmtechniken stark machen und unser LED-Programm entsprechend ausbauen.

Vogt: VOGT positioniert sich mit seiner langjährigen Leuchten-Kompetenz bereits als Leader. Erfreulicherweise gewinnen LED-Leuchten mehr und mehr an Bedeutung und Akzeptanz bei Fachhandel und Endverbrauchern. Technisch funktional überzeugend und zwischenzeitlich sogar preislich interessant, steigt mittelfristig der Absatz. Darüber hinaus betätigen wir uns als Pionier rund um die Produktgruppe Pendelleuchten, die langfristig ihren Platz finden wird.

r Küchentechnik: Da die Themen Energieeffizienz und Ressourcen sparen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben, wird die LED-Technik, auch gesetzesbedingt, die klassischen Leuchten bereits mittelfristig vom Markt verdrängen. Auf lange Sicht sind die Möglichkeiten der LED-Technik noch nicht ausgereizt. Auch hier werden wir in den kommenden Monaten mit innovativen Ideen und Konzepten unsere Produktpalette erweitern.  

Sedia Küchentechnik: Die Warengruppe Licht ist mit Abstand das derzeit schnelllebigste Segment. Im Moment ist der Umstellungsprozess von Halogen auf LED noch immer nicht komplett abgeschlossen. Dies wird sich voraussichtlich im kommenden Jahr durch die EU-Energielabel ändern. Langfristig gibt es daher viel mehr Spielraum, auch neue Geometrien und Techniken in die Entwicklungsarbeit zu integrieren. Das dabei die weiterhin enormen Leistungssteigerungen der LEDs im Mittelpunkt stehen, ist selbstverständlich. Dennoch bleibt neben all der schönen Leuchten-Optik die Entwicklung der Montagefreundlichkeit ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Sagemüller & Rohrer: Licht – speziell LED – ist für uns ein Zukunftsthema. Wir können heute leistungsfähige Leuchten anbieten, die im Gegensatz zu den Anfängen der LED-Technik sowohl in Lichtstärke als auch in Lichtstreuung und Lichtfarbe vollen Einsatz in der Küche finden. Hier sehen wir unser Programm schon heute auf einem technisch anspruchsvollen Stand und mit den von uns entwickelten Icons die dem Planer schnell Informationen zu Lichtfarbe und Lichtstärke der einzelnen Leuchten geben, wird gerne und zuverlässig gearbeitet. Deshalb glauben wir, dass sich mittelfristig keine wesentlichen (bezahlbaren) Veränderungen ereignen werden. Im Design der Leuchten wird es immer einen Wandel geben. Trotzdem verkaufen wir immer noch die Dreiecksleuchte, welche wenn ich mich recht erinnere etwa im Jahre 1997 von Elektra herausgebracht worden ist. Heute eben in LED und nicht mehr Halogen.

Die Energie-Einsparung bei Leuchten wird aus unserer Sicht keinen bedeutenden Schritt mehr machen. Ob wir 3-Watt-Leuchtmittel haben oder solche mit 1,5 Watt spielt wirtschaftlich für die meisten Verbraucher keine Rolle. Volkswirtschaftlich in der Masse natürlich schon – ich glaube aber, dass dies den Verbraucher nicht stark interessiert, so lange das Produkt teuer bleibt. Eine Entwicklung vergleichbar mit dem Elektroauto.

Darum denke ich, dass auch langfristig in unserem Geschäftszweig die jetzige LED-Technik ihre Berechtigung hat. Alle Vorteile von beispielsweise Oleds werden vielleicht eher einmal von der Möbelindustrie umgesetzt um Fronten flächig in der Farbe zu verändern. Da jedoch  diese Technologie zumindest für Zubehör wohl zu teuer und zu aufwändig wird und außerdem noch keine ausreichende Leuchtstärke für Arbeitslicht bietet, sind wir hier skeptisch. Aber wie schon eingangs erwähnt: Wenn uns - aus heutiger Sicht wider Erwarten – irgendwann etwas Gutes dazu einfällt, greifen wir auch diesen Trend auf.

 

www.kuechenplaner-magazin.de