Werkstoffe im Spülen-Check
Ein besonders krasses Beispiel wurde vor einigen Wochen im WDR-Fernsehen ausgestrahlt. Im Haushalts-Check, einem beliebten Ratgeberformat, wurde im Rahmen des Schwerpunktthemas „Küchenoptimierung“ auch die Reinigungs- und Pflegeleichtigkeit verschiedener Materialien diskutiert. Zum Beispiel an der Küchenspüle. Dazu wurde eine Expertin befragt, die als gelernte Hauswirtschafterin eine Lanze für die Edelstahlspüle brach. Denn Edelstahl hat keine Poren, deshalb kann sich Schmutz nur an der Oberfläche absetzen. „Ein Putzstein, etwas Wasser“ - und schon ist alles wieder sauber und rein. Die unkomplizierte Hygienefreundlichkeit von Edelstahl werde in Profiküchen geschätzt und sei deshalb auch für die heimische Küchenspüle geeignet. So weit, so korrekt. Dass damit aber das Thema Edelstahl abgehandelt war, irritierte den Betrachter jedoch.
Als zweites Material wurde Keramik ins Scheinwerferlicht gerückt. Hier sah die Expertin massive Probleme am Spülhorizont aufziehen. Angefangen von mangelnder Hitzebeständigkeit (man könne kein heißes Nudelwasser ausgießen!) bis zur Verfärbungsneigung des Materials. Keramik müsse immer und sofort („und ich meine sofort, umgehend“) gereinigt werden. Sonst käme es zu Verfärbungen. Von der Reinigung mit Scheuermilch wurde abgeraten, denn das würde so ein Becken „von der Scheueroberfläche“ gar nicht überleben. An dieser Stelle war es um die entspannte Feierabendruhe des TV-Konsumenten geschehen und die Idee geboren, diese Aussagen richtigzustellen und zu vervollständigen.
Eine Rangliste aufzustellen, greift zu kurz
Materialien für Küchenspülen gibt es viele. Von Naturstein und gesintertem Stein über Beton, Emaille und Metallbeschichtungen bis zum nahtlos formbaren Mineralwerkstoff. Und natürlich Edelstahl, Keramik und Quarzkomposit. Um diese drei populären Kandidaten soll es in diesem „Spülen-Check“ gehen.
Die drei genannten Materialien gegeneinander ausspielen zu wollen, um eine Art Rangliste aufzustellen, greift jedoch zu kurz. Alle drei eignen sich grundsätzlich hervorragend für den anspruchsvollen Alltag an und in der Küchenspüle, wenngleich es materialtypische Eigenschaften gibt, die im Auswahlprozess individuell unterschiedlich gewichtet werden können und auch vom gewählten Küchenumfeld und vom Designanspruch abhängen. Und so kann es bei dieser Betrachtung weniger um die Frage gehen, welcher Werkstoff mehr oder weniger geeignet ist, sondern grundlegender um die Frage der internen Qualitätsunterschiede. Denn nicht jede Edelstahlspüle ist in ihren Gebrauchseigenschaften identisch, und bei Keramik klaffen Welten zwischen robustem Feinsteinzeug und Steingut. Ähnlich groß sind die Qualitätsunterschiede bei den Mischungen und Herstellungsverfahren beim Quarzkomposit. Mit jeweils massiven Auswirkungen auf die Alltagstauglichkeit.
Die Materialstärke macht‘s
Bei Edelstahlspülen hängt die Qualitätseinstufung von der Materialzusammensetzung, der Materialstärke und vom Oberflächenfinish ab. Ein hochwertiges und langlebiges Material trug früher die Bezeichnung 18/10. Als Kürzel für 18% Chrom und 10% Nickel. Heute trägt es die Werkstoffnummer 1.4301 und ist der am häufigsten verwendete Edelstahl. Die Materialstärke wiederum hat einen großen Einfluss auf die Geräuschentwicklung, die bei einer Edelstahlspüle deutlich stärker wahrnehmbar ist als bei einer Spüle aus Keramik oder Quarzkomposit. Die Spanne reicht hier von 1,2 mm bis 0,4 mm. Auch das Oberflächenfinish hat praktische Auswirkungen im Alltag. Gebürstete oder satinierte Edelstahloberflächen gelten als unempfindlicher gegen Kratzer, Wasserflecken und Kalkablagerungen als polierte Oberflächen, deren anfänglich elegante Wirkung im Gebrauch nachlässt.
Grundsätzlich punktet Edelstahl Rostfrei mit guten Hygieneeigenschaften sowie Langlebigkeit und Robustheit. Schmutz und Keime finden auf der harten, glatten Oberfläche wenig Halt und lassen sich mit herkömmlichen Mitteln gut reinigen. Zum Beispiel mit Scheuermilch oder Putzstein. Allerdings sollte dies regelmäßig geschehen, denn Wasserflecken und Kalkreste sind auf Edelstahloberflächen deutlich(er) sichtbar.
Wer sich für eine Edelstahlspüle entscheidet, sollte mit Kratzern leben können. Sie gehören als Gebrauchspatina einfach dazu. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass eine Edelstahloberfläche durch die tägliche Nutzung und Reinigung immer glatter und damit pflegeleichter wird. In Kauf genommen werden muss auch eine höhere Geräuschentwicklung, z.B. wenn einlaufendes Wasser auf die Oberfläche trifft. Hochwertige Modelle verfügen jedoch häufig über spezielle Schalldämmungen, die die Geräusche zumindest dämpfen.
Auf die Mischung kommt es an
Erhebliche Unterschiede in der Materialqualität gibt es auch bei den Quarzkompositen, die von den Herstellern gerne als Quarzstein bezeichnet werden. Dabei handelt es sich allerdings um eine etwas ungenaue Beschreibung, da „Quarzspülen“ als Hauptbestandteile Quarzgranulat, Acrylharz und Farbstoffen in unterschiedlichen Anteilen und Qualitäten enthalten. Bei hochwertigen Spülen liegt der Quarzanteil zwischen 75 und 85% und es wird reiner, hochwertiger und sehr fein gemahlener Quarz verwendet. Der Acrylanteil ist bei diesen Modellen entsprechend auf 15 bis 25% begrenzt. Auch bei der Qualität des Acrylharzes gibt es Unterschiede, die sich bei der Herstellung durch mehr oder weniger Luftblasen und Poren bemerkbar machen können. Der Acrylanteil und dessen Qualität haben einen direkten Einfluss auf die Gebrauchseigenschaften, denn das Material Acryl prägt die Oberflächenstruktur der „Quarzspüle“. Die Rechnung ist schnell gemacht: Ein hoher Anteil an hochwertigem Quarz und vergleichsweise wenig, aber hochwertiges Acryl ergibt eine robuste Spülenqualität mit guten Reinigungs- und Pflegeeigenschaften. Dass solche Spülen mehr kosten als die Billigvarianten aus dem Baumarktregal mit meist geringem und mittelmäßigem (weil grobkörnigem) Quarzeinsatz (50 bis 70%), versteht sich von selbst. Im Auslieferungszustand fallen diese Unterschiede optisch kaum auf. Im täglichen Gebrauch zeigen sich jedoch schnell massive Unterschiede im Reinigungs- und Pflegeaufwand und in der Optik, da die eher grobkörnige Oberflächenstruktur der Billigprodukte anfälliger für Fleckenbildung, Wasserflecken und Kalkablagerungen ist. Im Gegensatz zu den feinporigen und verdichteten Oberflächen hochwertiger Produkte.
Als Spülenmaterial eignet sich hochwertiger Quarzkomposit aufgrund seiner Robustheit und Widerstandsfähigkeit. Das verdichtete Material hat eine glatte, harte Oberfläche und ist kratzfest, stoßunempfindlich und schmutzabweisend. Im Vergleich zu Edelstahl ist es jedoch nicht völlig bruchfest. Trotz hoher Stabilität können harte Schläge, z. B. mit schweren, scharfkantigen Metallgegenständen, zu kleineren Beschädigungen oder Abplatzungen führen. Quarzkomposit ist beständig gegen haushaltsübliche Säuren, Laugen und Reinigungsmittel. Dies erhöht die Reinigungsfreundlichkeit (je nach Qualitätsstufe!). Allerdings sind Kalkablagerungen und Wasserflecken besonders auf dunklen Oberflächen gut sichtbar, vor allem bei stark kalkhaltigem Wasser. Deshalb ist eine regelmäßige Reinigung und vor allem das obligatorische Nachwischen mit einem trockenen Tuch empfehlenswert. Das Trockenwischen gilt aber für alle Spülenmaterialien gleichermaßen, um Kalkablagerungen vorzubeugen. Besonders helle Kompositspülen (weiß, beige) reagieren auf färbende Lebensmittel wie Kaffee, Tee oder Rote Bete mit Fleckenbildung, wenn sie nicht regelmäßig gereinigt werden. Diese Substanzen dringen jedoch nicht in das Material selbst ein, auch wenn es oberflächlich betrachtet so aussehen mag. Verantwortlich dafür sind die bereits erwähnten Kalkablagerungen, in denen sich Speisereste und färbende Flüssigkeiten festsetzen und zu den bekannten, unschönen und zudem sehr hartnäckigen Schmutzrändern im Becken und um die Armatur herum führen. Ein Vorteil von Quarzkomposit als Spülenmaterial ist die große Auswahl an Farben und Designs. Ebenso die geringe Geräuschentwicklung. Das Fließen des Wassers klingt angenehm gedämpft.
Königsklasse der Keramik
Was für Edelstahl und Quarzkomposit gilt, gilt auch für Keramik als Spülenmaterial. Kurz gesagt: Keramik ist nicht gleich Keramik. Hier bieten die Qualitäten Feinsteinzeug und Steingut sehr unterschiedliche Eigenschaften mit prägnanten Auswirkungen auf die Alltagstauglichkeit. Das robuste Feinsteinzeug ist quasi die Königsklasse der Keramik. Es wird aus sehr feinkörnigen Rohstoffen bei hohen Temperaturen (ca. 1.250 °C) gebrannt. Dadurch entsteht ein extrem dichtes, nahezu porenfreies Gefüge mit einer Wasseraufnahme von unter 0,5%. Küchenspülen aus Feinsteinzeug gelten als besonders hygienisch sowie stoß-, kratz- und chemikalienbeständig. Sie transportieren den Qualitätsanspruch aus dem Laborbereich in die Küche. Steingut hingegen wird bei niedrigeren Temperaturen (ca. 1.000-1.150 °C) gebrannt und nimmt deutlich mehr Wasser auf (bis zu 10%). Es ist weniger widerstandsfähig gegen Stöße und mechanische Beanspruchung. Steingutprodukte zeigen auch schneller Gebrauchsspuren. Für höchste Ansprüche an Langlebigkeit und Design ist Feinsteinzeug damit die erste (Qualitäts-)Wahl. Steingut eignet sich eher für weniger beanspruchte Bereiche.
Küchenspülen aus dem Naturprodukt Feinsteinzeug zeichnen sich durch eine besonders harte und glatte Oberfläche aus, an der Speisereste, Schmutz und Kalk kaum haften bleiben. Charakteristisch sind auch die weichen, reinigungsfreundlichen Beckenradien. Kalk und Flecken lassen sich in der Regel leicht entfernen. Das Material ist beständig gegen säurehaltige Lebensmittel, Laugen, Reinigungsmittel und Chemikalien. Die bei hohen Temperaturen eingebrannte Glasur schützt zuverlässig vor Verfärbungen. Hochwertige Keramikspülen sind langlebig und behalten bei guter Pflege über Jahre ihr gutes Aussehen. Die von den Herstellern hervorgehobene Stoßfestigkeit ist gegeben, bezieht sich aber auf den täglichen Gebrauch. So wird ein Edelstahltopf, der beim Spülen aus der Hand rutscht, in der Regel keinen Schaden anrichten. Sehr starke Stöße und Schläge mit harten Materialien können jedoch zu Rissen und Abplatzungen führen. Keramikspülen sind im Vergleich zu anderen Materialien schwerer. Alle drei Einbauarten sind möglich: von oben, von unten und flächenbündig. Eine Besonderheit von Keramikspülen im täglichen Gebrauch sind die Spuren, die Töpfe und Pfannen aus Metall auf dem Spülenboden hinterlassen können. Diese Spuren werden von Laien oft als Materialschäden oder Kratzer wahrgenommen. Es handelt sich jedoch um Metallabrieb, der sich mit einem Putzstein oder etwas Glaskeramikreiniger leicht entfernen lässt. Grundsätzlich können Keramikspülen aufgrund ihrer extrem harten Oberfläche auch mit abrasiv wirkenden Scheuermitteln gereinigt werden. Lediglich bei Modellen mit zusätzlicher schmutzabweisender Beschichtung sollte darauf verzichtet werden, da diese Beschichtung sonst mit der Zeit „weggescheuert“ wird.
Hitzebeständig oder nicht?
Wenn Hinweise für oder gegen die Alltagstauglichkeit von Oberflächenmaterialien gesucht werden, wird oft der heiße Topf oder die heiße Pfanne als Beweismittel herangezogen. Kann das Kochgeschirr, wenn es mal schnell gehen muss, kurzerhand von der Kochfläche auf die Abtropffläche der Spüle gezogen werden? Oder verursacht eine solche Ad-hoc-Reaktion Scherereien? Mit einem kurzfristigen Kontakt können in Abstufungen sowohl Edelstahl und Keramik (Feinsteinzeug) wie auch Quarzkomposit umgehen. Es kommt aber auf die Intensität an. Handelt es sich um einen Topf, der bei schwacher Hitze auf der Herdplatte stand, oder um eine Pfanne nach dem Braten eines Steaks? Moderne, leistungsstarke Heizmethoden bringen den Pfannenboden problemlos auf bis zu 400 Grad (und sogar darüber hinaus). Und damit haben alle Materialien aus unterschiedlichen Gründen ihre Schwierigkeiten. Am deutlichsten wird dies bei Quarzkomposit-Oberflächen. Wegen des Acrylanteils in der Oberflächenstruktur. Aber auch auf Keramik und Edelstahl sind Topfuntersetzer zu empfehlen, auch wenn diese beiden Materialien grundsätzlich kurzzeitig höhere Temperaturen aushalten. Bei Keramikoberflächen kann es zu einem Temperaturschock und in der Folge zu feinen Rissen kommen, Edelstahloberflächen können mit dauerhaften, bläulich schimmernden Verfärbungen reagieren. Es wird daher empfohlen, immer einen Topfuntersetzer zu verwenden, auch wenn die Hersteller „hitzebeständig“ angeben.
Dirk Biermann