Trends & Themen der Küchenmeile (1): Don’t call it Rosa

„Blush“ by Bauformat. Foto: Biermann
In den Kollektionen der Küchenmöbelhersteller für das Jahr 2026 zielt (fast) alles auf ein ruhiges Wohnen mit edlen Akzenten. Diese Richtung wurde im vergangenen Jahr vorbereitet und nun flächendeckend untermauert. Allen voran mit sanften, erdigen Tönen aus der Farbwelt „Beige“ und anderen Naturtönen. Wer es moderner formulieren möchte, sagt „Sand“. Das Ergebnis unterscheidet sich in den hellen Nuancen kaum. Es geht aber auch dunkler: mit Brauntönen von „Cappuccino“ bis „Cognac“. Und natürlich mit „Greige“ und „Taupe“. Zwei Kunstwörter, die inzwischen wie selbstverständlich Einzug gehalten haben. Aktuell ergänzt um „Blush“. Ursprünglich stammt diese Farbbezeichnung aus der Kosmetik. Als „Rouge“ soll es dem Teint eine gesunde, rosige Ausstrahlung verleihen. Das heißt, hier geht es um ein pudriges Rosa in der Bandbreite von zart bis alt. Doch mit Rosa ist es im Küchenverkauf bekanntlich kompliziert. Allein die Nennung der Bezeichnung kann bei einem Teil der Kundschaft zu Akzeptanzproblemen führen. Egal, wie gut das Ergebnis sein könnte. Deshalb „Blush“. Wir sollten es uns merken. Auch die Männer. Die gegenwärtige Fokussierung auf alles Wohnliche, Erdige und Pastellige wird von „gemütlichem Grau“ und Grün in allerlei Schattierungen begleitet. Besonders Salbeigrün. Vereinzelte Blautöne sowie stabile Reste von Schwarz, das auf dem Markt noch wahrnehmbar vertreten ist, runden die Farbbetrachtung ab.
Von Hygge bis Japandi
Ein ruhiges Wohndesign, wie es derzeit in allen Preisgruppen gewünscht ist, entsteht jedoch nicht allein durch die Auswahl der Farbe oder des farblich angepassten Holzdekors. Auch gerundete Möbelelemente, matte und supermatte Oberflächen, Fronten mit schmalen Rahmen ab einer Stärke von 10 mm sowie Ton-in-Ton-Umsetzungen vermitteln diese Wirkung. Ebenso tragen elegante Rillenstrukturen auf der Möbelfront oder im Vitrinenglas dazu bei. Insgesamt gewinnt das typisch skandinavisch geprägte Wohndesign, das landläufig mit dem dänischen Begriff „Hygge“ umschrieben wird, immer mehr an Einfluss. Es wirkt gemütlich, aber zurückhaltend. Wem das immer noch zu verspielt ist, kann Elemente aus dem grafisch inspirierten „Japandi“ einfließen lassen. Zum Beispiel bei Auszügen mit aufgesetzten Griffen in Frontenbreite oder leicht gekürzt für Drehtüren (damit sich die Tür auch öffnen lässt). Nach den Trendsettern dieses Griffsystems aus Massivholz erobern jetzt zunehmend lackierfähige Materialvarianten das Kollektionsangebot. Das zahlt auf das erwähnte Ton-in-Ton-Design ein.
Crazy Retro
Parallel zu „Skandi“ und „Japandi“ rollte eine kleine Retro-Welle durch die Ausstellungsküchen der Küchenmeile. Mit ihren Rundungen und sanften Verspieltheiten erinnern sie an die 50er-, 60er- und teils auch 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Wer diese Zeit aktiv miterlebt hat, wird sich subjektiv unterschiedlich abgeholt fühlen. Je nach Erinnerungskultur. Die Generationen Millennials und besonders Z dürften das Design deutlich wertfreier beurteilen und schlicht als „crazy” oder „tuff” einstufen. Wie man das halt heutzutage so sagt. Generationsübergreifend ließe sich auch nüchtern festhalten: hat was.
Der mächtigste Einflussfaktor
All diese Einzelelemente benötigen jedoch eine planerische Verbindung, damit sie nicht wie ein Sammelsurium interessanter, aber in der Gesamtschau wirrer Ideen wirken. Deshalb ist „Durchgängigkeit“ über Farben, Formen und Materialien hinweg der entscheidende Einflussfaktor für ein Wohndesign, das Ruhe ausstrahlen soll. Das aktuelle Arbeitsplattendekor fügt sich dem nahtlos ein. Es ist zwar nicht alles im Stil von „Taj Mahal“ oder „Travertin“-Optik, was die Anbieter derzeit auf die Platte bringen, aber es ist auffallend viel „Beige“ und „Creme“ unterwegs. Beziehungsweise „Sand“. Und das immer öfter in der Plattenstärke 25 mm. Diese ist zwar nicht gänzlich neu, wird aber gerade bei vielen Herstellern als Neuheit eingeführt.
Mattschwarz für alle(s)
Im Gerätebereich sind die drei wichtigsten Trendthemen schnell aufgezählt: 1. Mattschwarz, 2. Mattschwarz, 3. Mattschwarz. Kochfelder, Kochfeldabzüge und immer mehr Einbaugeräte fügen sich dieser Entwicklung und treiben sie voran. Selbst der Dunstabzug, sofern er noch an der Wand hängt. Das wirkt edel und beruhigend. Zudem bietet es große Vorteile in puncto Kratzunempfindlichkeit auf der Kochfläche. Optisch kann es in der Summe aber auch etwas ins Uniforme abgleiten. Aber das ist zum Glück Geschmackssache. So ist es auch kein Wunder, dass es in den Ausstellungen der Upper-Premium- und Luxusmarken überproportional glänzt und spiegelt. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir Zeugen einer Entwicklung sind, die als das „Matt-Zeitalter” in die Annalen eingehen dürfte. Der Mattschwarz-Trend ist so dominant, dass er funktionale Entwicklungen im Gerätebereich fast komplett in den Schatten stellt. Einzig die Dampfschublade (neu vorgestellt bei den BSH-Marken und Miele) kann dem etwas entgegensetzen.
Stimmungsvolle Details
Nun stellt sich die Frage: Was bringt das Küchenjahr 2026 und mit welchen Neuheiten sollte die Ausstellung bestückt werden? Mit Beige und Mattschwarz macht man vermutlich nichts falsch. Die aktuellen Küchentrends darauf reduzieren zu wollen, wäre jedoch zu kurz gesprungen. Das zeigen schon die hier zitierten Beispiele. Und es gibt weitere: allen voran metallische Akzente wie Bronze, Kupfer und Gold, die sich an Vitrinentüren, Griffmulden und Möbeloberflächen wiederfinden. Hinzu kommen Möbeltüren- und Arbeitsplatten-Dekore mit überraschenden haptischen Sensationen und eine Schrankausstattung, die sich mit Auszugsflexibilität, Schwenkfunktionen, schmalen Auszugzargen und elegantem, dunklem Box-Design immer weiter in Schale wirft. Und natürlich das Dauertrendthema Licht in der vernetzten Variante. Es lässt sich planerisch immer barrierefreier umsetzen und hat damit das Zeug, auch in der breiten Mitte des Marktes flächendeckend anzukommen. Und bestimmt nicht zuletzt: die Ausstattungsvielfalt rund um die Küchenspüle. Auch hier erwartet uns ein Trendthema: die Filterung und Veredlung von Trinkwasser aus dem Hahn auf Knopfdruck. Und ganz allgemein die Evolution vom Zubehörbereich zur Wasserstelle in der Küche, an der sich Funktion und Design zum Nutzen der Küchenkäufer vereinen.
Dirk Biermann
Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe KÜCHENPLANER 10/11 2025. Erscheinungstermin, Print und E-Paper, ist der 5. November 2025. Der Link zum E-Paper ist auch Teil unseres kostenfreien wöchentlichen Newsletters. Hier geht es zur Anmeldung: https://www.kuechenplaner-magazin.de/newsletter/anmeldung/anmeldeformular/