19.08.2025

In der Küchenbranche formieren sich immer mehr Berater, die dem Fachhandel neue Wege für Umsatz, Vertrieb und Personalstruktur aufzeigen wollen. Einer von ihnen ist Michael Renner. Er hat sich auf den psychologischen Ansatz spezialisiert und sagt: „Menschen erinnern sich nicht an den Durchschnitt.“

Michael Renner ist seit einigen Jahren als unabhängiger Unternehmensberater für den Küchen- und Möbelfachhandel tätig. Er appelliert, im Verkaufsgespräch wieder stärker auf die Menschen und nicht nur auf die Küche einzugehen. Foto: Renner Consulting

Michael Renner ist im Mittelstand zu Hause. Nicht nur wortwörtlich, weil er in Vaihingen an der Enz wohnt, einer kleinen Gemeinde in Baden-Württemberg, die als industrieller Speckgürtel zwischen Stuttgart und Pforzheim von zahlreichen Mittelstandsunternehmen besiedelt ist. Sondern auch im Arbeitskontext: Mehr als 15 Jahre lang arbeitete sich der gelernte Einzelhandelskaufmann und heutige Unternehmensberater in der Vergangenheit durch den Möbel- und Küchenfachhandel, von der Großfläche bei XXXLutz bis zum familiengeführten Möbelfilialisten Hofmeister. Renner führte unzählige Beratungsgespräche, strukturierte Abteilungen neu, schulte Personal in Fach- und Verkaufsfragen. Und sagt mittlerweile Sätze wie diesen hier: „Wir müssen nicht noch mehr Werbung machen. Wir sollten mit den Leuten, die zu uns ins Geschäft kommen, besser umgehen.“

Prädikat „geschäftstüchtig“
Wer sich mit Michael Renner unterhält, wird im Gespräch ein wenig an jene Erfolgsstorys erinnert, die in amerikanischen Filmen den Weg vom unternehmerisch veranlagten Jugendlichen zum Branchenkenner nachzeichnen, Prädikat: besonders geschäftstüchtig. Noch ist Renner auf dem besten Weg dorthin, aber eine Maxime seiner Ausbildungszeit bei der früheren Lebensmittelkette Kaiser’s Tengelmann ist dem 47-Jährigen bis heute im Gedächtnis geblieben. „Wir waren von Anfang an dafür verantwortlich, dass die Warenkörbe unserer Kunden maximal voll sind“, sagt er. „Das kriegst du eben nicht dadurch hin, dass du den Leuten einfach nur sagst, wo die Ware steht. Sondern bestenfalls mitläufst und ihnen das empfiehlst, was richtig gut ist und was zueinander passt.“

Goldgräberstimmung
So gesehen ist das auch heute noch Michael Renners Aufgabe. Als selbstständiger Berater für den Küchen- und Möbelhandel unterstützt er kleine bis mittelständische Unternehmen dabei, die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden besser zu erkennen, Kaufabsichten in Vertragsunterschriften zu verwandeln und das bestehende Team vor Ort mit dem richtigen Mindset auszustatten. Das ist vor allem jetzt, in der postpandemischen Phase, nicht immer einfach. „Viele haben während Corona das Verkaufen verlernt“, sagt Renner, der seiner ursprünglichen Ausbildung ein Studium der Wirtschaftspsychologie anschloss und schon zum damaligen Zeitpunkt eine studentische Beratungsagentur für Verkaufsseminare gründete. „Die Pandemie hat den Markt zeitweise ziemlich verzerrt, da gab es eine regelrechte Goldgräberstimmung.“ Oftmals wäre die Beratungsleistung in diesen Jahren sogar zweitrangig gewesen: „Die Leute waren froh, wenn sie einen Termin bekommen haben.“

Mystery-Shopping im Fachhandel
Und heute? Da müsse man sich eben wieder sehr intensiv mit den Käuferinnen und Käufern auseinandersetzen. Erstmal zuhören, den potenziellen Kunden im Geschäft ankommen lassen – und vor allem mehr Zeit geben. „Ich erlebe noch immer eine sehr starke Vorqualifizierung, sobald ich einen Laden im Küchen- und Möbelhandel betrete“, erklärt Renners, der regelmäßig gemeinsam mit anderen Freelancern zum sogenannten „Mystery Shopping“ aufbricht. Er gibt sich dann als Interessent aus und analysiert den Beratungsprozess im jeweiligen Fachhandel. „Ich werde dabei oft ganz explizit abgefragt: Haben Sie Pläne? Sind Sie alleine da? Wie viel wollen Sie ausgeben? Entscheiden Sie sich am besten noch heute! – Da habe ich schon gar keine Lust mehr, mich mit denen hinzusetzen“, sagt der Berater.

Keine Nummer unter vielen
Genauso herrschten auf der Fläche zu viele Vorurteile. Manche Mitarbeitende wollen nicht planen, weil die Frau alleine zum Beratungsgespräch erscheint; andere denken bei jungen Leuten zunächst, dass die sich eine kostspieligere Anschaffung ohnehin nicht leisten können. „Klar kommt das aus dem provisionsgetriebenen Verkauf heraus“, weiß Renners. Aber Kunden wollten zum einen eben keine Nummer sein, die systematisch durch den Verkaufsprozess durchgeschleust würden. Und zum anderen gelte: „Menschen erinnern sich nicht an den Durchschnitt.“ Weil die eigene Einrichtung, insbesondere die Küche, ein so emotionales Thema sei, brauche es hierbei eine überdurchschnittliche Verkaufserfahrung. Nur so könne ein Studio buchstäblich „von sich reden“ machen.
Michael Renner erzählt von einem Küchenfachmarkt, dessen Inhaber bei jeder Küchenabnahme eine eigene Reinigungskraft mitbrachte. Während der Planer sich mit den Kunden gemeinsam hingesetzt und einen Kaffee getrunken oder auf die neue Küche angestoßen habe, wäre diese in der Zwischenzeit aufwendig geputzt worden, um wirklich endgültig bezugsfertig zu sein – bis ins Detail. Eine ziemlich aufwendige Leistung, die sich aber schnell herumgesprochen und dem Studio infolgedessen weitere Käuferinnen und Käufer beschert hätte. Wozu der ganze Aufwand? Der Handelsberater bringt es auf den Punkt: „Wir müssen raus aus der Vergleichbarkeit.“

Im Gespräch bleiben
Wie das geht, bringt Michael Renner mit seiner Unternehmensberatung „Renner Consulting“ in Seminaren und Schulungen ein. Seine Leistung setzt weniger an der betriebswirtschaftlichen Beratung als am Verkaufspersonal an: So soll ein verkaufspsychologisch optimierter Vertrieb für höhere Abschöpfungsquoten und mehr Abschlüsse sorgen. Der beginnt beispielsweise damit, aktiv in die Beratung am PoS zu gehen, anstatt „Bestellungen entgegenzunehmen“, wie Renners es ausdrückt. Oder telefonisch stärker nachzufassen. Selbst der „After Sales“ nimmt eine bedeutende Stellung im Verkaufsmanagement ein. Wer sich nach einem Jahr wieder bei seinen Käufern melde, um sich nach deren Zufriedenheit zu erkundigen, an den Austausch von Aktivkohlefiltern erinnere oder eine kostenlose Nachinspektion anbiete, bleibe im Gespräch.
Ob sein Angebot an den Küchen- und Möbelfachhandel tatsächlich auf fruchtbaren Boden fällt – ausgerechnet in einer Zeit, die wenig dazu einlädt, etablierte Verkaufsprozesse um 180 Grad zu drehen? „Absolut“, sagt Renner. Gerade jetzt ließen sich Entscheidungen von Inhaberseite am besten umsetzen. „Viele Mitarbeitende wissen, dass sich was ändern muss. Da setzt ein Coaching auch gewissermaßen an der Persönlichkeitsentwicklung an.“
Für den Mittelstand, erklärt der Berater, sei die große Herausforderung dieser Tage, sich in seinem Leistungsspektrum nicht nach unten oder oben hin zu verlieren und dem Kunden ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. „Das lässt sich, aus meiner Sicht, am allerbesten über den Faktor Mensch skalieren.“

Susanne Maerzke

www.moebel-kuechen-consulting.de

 


Dieser Beitrag ist in der Ausgabe KÜCHENPLANER 7/8 2025 (Print und E-Paper) erschienen.