15.12.2014

Digital effizient, analog glücklich

Im Kalender vieler Architekten steht sie als fester Termin: die „denk.werkstatt“ bei Resopal. Zur diesjährigen Ausgabe Anfang November kamen einmal mehr knapp 400 Planer, Gestalter und Innenausbauer zum Schichtstoffhersteller nach Groß-Umstadt.

Thomas Stumpf, Vertriebsleiter Deutschland, begrüßte die Gäste der 14. „denk.werkstatt“ im Namen von Resopal und stellte die Fortsetzung 2015 in Aussicht. Foto: Joscha Wiener für Resopal

Im Kalender vieler Architekten steht sie als fester Termin: die „denk.werkstatt“ bei Resopal. Zur diesjährigen Ausgabe am 7. und 8. November kamen einmal mehr knapp 400 Planer, Gestalter und Innenausbauer zum Schichtstoffhersteller nach Groß-Umstadt. Foto: Joscha Wiener für Resopal

Dabei bewegten sich die neun renommierten Referenten bei ihren Ausführungen zum Thema „virtuell.gesund:social.medial“ ausnahmslos auf hohem Niveau. Die Moderation übernahm der Mitinitiator der „denk.werkstatt“ Professor Rudolf Schricker, Vizepräsident des BDIA (Bund deutscher Innenarchitekten).

Designer im Ruhestand
Gleich zu Beginn betraten zwei „Designer im Ruhestand“ die Bühne und erläuterten ihre Motivation, auch noch über das Arbeitsleben hinaus etwas zur Rettung der Welt beitragen zu wollen. Professor Jan Armgardt und Professor Auwi Stübbe berichteten wie begeisterte Kinder, die gemeinsam Bewegendes erlebt haben und einander vor Aufregung kaum ausreden lassen, von ihrem Rattan-Projekt in Indonesien. Schockierend wirkten ihre Impressionen zum Müllproblem in dem Land, das sie für eine „Bankrotterklärung unserer Zivilisation“ halten. Ihre Vision besteht darin, den biologischen und technischen Kreislauf der Erde nicht mehr getrennt voneinander zu betrachten, sondern über die sinnvolle Verwertung von Industriemüll für die Natur nachzudenken. Die Natur, so die Aussage der beiden Designer, produziere keinen Müll.

Patienten als Kunden begreifen
Überwiegend soziale Ziele verfolgt auch Professor Dr. Mark Dominik Alscher, Facharzt für Innere Medizin und Ärztlicher Direktor des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart. Im Kontext der zunehmenden Ökonomisierung des Medizinbetriebes, der Wissenskomplexität und der Zeitknappheit falle es immer schwerer, Patienten als menschliche Individuen zu behandeln. Ziel müsse es sein, Patienten als Kunden zu begreifen, was auch Auswirkungen auf die Architektur habe.

Prävention fördern
Diesen Aspekt griff Professor Linus Hofrichter auf, der als Architekt Krankenhäuser nutzer- und prozessorientiert plant. Wie sein Vorredner sprach er sich für eine interdisziplinäre Denke aus, die die Prävention in den Vordergrund rückt und Patienten Identifikation ermöglicht. Dazu sei es nötig, Krankenhäuser und Altenheime – die Wörter verhießen schon Furchtbares – mit einer sinnvollen Kombination aus Funktion und Ästhetik aus der Stigmatisierung zu führen.

Gesundheitsvorsorge lohnt
Personalgespräche während des Waldlaufes, Delegieren zur Seite und nach oben, Zähneputzen im Stehen – was sich kurios anhört, sind für Peter Buchenau einfach praktizierbare Dinge, die Stress und Burnout vorbeugen. Dass es sich auch finanziell für Unternehmen lohnt, präventiv etwas für die Gesundheit der Mitarbeiter zu tun, vermittelte der Business-Kabarettist auf Basis seines Bestsellers „Chefsache Gesundheit“.

Komplexe Tagwerkplanung
Obwohl Knut Göppert, Geschäftsführer Schlaich Bergermann und Partner, dem frühen Aufstehen kritisch gegenüber steht, servierte er dem „denk.werkstatt“-Publikum am Samstagmorgen einen Vortrag, der bleibende Eindrücke hinterließ. Schnelldurchläufe von Webcam-Filmen gaben in Sekundenschnelle einen Eindruck von der Komplexität der Tragwerksplanung, zum Beispiel im Moses-Mabhida-Stadion in Durban, in der Amazonas-Arena in Manaus oder im National-Stadion Warschau. Bei aller Technik betonte Göppert die Bedeutung der Menschen vor Ort; dabei meint er zum einen die, die in schwindelerregenden Höhen das Ingenieurwerk vollenden, und zum anderen die, die die Stadien nach den großen Events nachhaltig nutzen können müssen.

Selfie zur Begrüßung
Es folgten Vorträge von Enrico Kürtös, Vertriebsleiter Inreal Technologies, Karlsruhe, und dem Architekten Professor Jens Wittfoht aus Stuttgart, die zunächst konträrer nicht hätten sein können, sich in der Nachbetrachtung jedoch versöhnlich annäherten. Der eine, Enrico Kürtös, kam als jemals jüngster Redner der „denk.werkstatt“ nach Groß-Umstadt und eröffnete seinen Vortrag sogleich mit einem Selfie, um das seinem Alter entsprechende Klischee der Generation Y zu bedienen. Seine Affinität zur Internettechnologie wurde schnell klar, als er seine Arbeit als „Steinmetz der Zukunft“ darlegte. Aufbauend auf CAD-Daten erstellt Inreal Technologies virtuelle und in Echtzeit begehbare, höchst realistische 3-D-Welten, die den Entwurfsprozess von Architekten vereinfachen und verkürzen. Auf der Grundlage dieser Möglichkeiten könne Bauherren unheimlich schnell klar gemacht werden, was geplant ist. Kürtös stellte auf der „denk.werkstatt“ entsprechende Hard- und Software vor, die Architekten noch in diesem Jahr in die Lage versetzt, virtuelle Welten selbst zu generieren.

Digitale Abhängigkeit
Anschließend warnte Professor Jens Wittfoht trotz aller Bedeutung des Computers vor einer digitalen Abhängigkeit. Der Mehrwert von Architektur ergebe sich für ihn erst durch den kreativen Akt, der über die Freihandzeichnung, die Skizze und den Modellbau dazu führe, dass der Architekt auf seine analogen Wissensspeicher aufgrund von Erfahrungen zurückgreifen könne. So fließen in den Entwurfsprozess auch Aspekte ein, die nicht mathematisch messbar und mit dem Computer zu erfassen sind, also Fragen, die die Sinne und das Unterbewusstsein betreffen. Für Wittfoht erzeugt der frühe Gebrauch des Computers zum Erstellen fotorealistischer Renderings ein Diktat der Bilder, das den freien Momenten des Analogen Widerstand leistet. Dieser „Pathologie des Entwurfsprozesses“ müsse man das Unpräzise entgegensetzen, das Freiraum für die zeitgemäße qualitätsvolle Architektur lässt.

Glück geht nur jetzt
Den Schlussakkord der „denk.werkstatt“ 2014 setzte Professor Dr. Tobias Esch. Der Mediziner und Gesundheitswissenschaftler stellte die Frage: „Was ist Glück?“ Und er beantwortete sie eindeutig: Auch wenn er selbst sich der digitalen Welt nicht verschließe, müsse jedem klar sein: „Glück und die Königsdisziplin des Glücks Zufriedenheit erlangt man nur analog, im Hier und Jetzt.“ Mit seinen Thesen berief er sich auf sein Buch über die Neurobiologie des Glücks. Darin manifestiert er als Voraussetzung für das Glücklichsein Offenheit, einerseits gegenüber anderen Menschen, andererseits für den Wandel. Über einen Prozess der inneren Reifung, der sich über das gesamte Leben eines Menschen erstreckt, könne man Glück erleben.

Langanhaltender Applaus
In seinem Schlusswort fand Professor Rudolf Schricker die passende Analogie zur Bewusstseinsfindung: Auch die „denk.werkstatt“ befinde sich mit ihren 14 Jahren in einer entscheidenden Phase, der Pubertät. Thomas Stumpf, Vertriebsleiter Deutschland bei Resopal, sprach ihm abschließend seinen Dank aus und entgegnete: „Es tut sich viel bei Resopal, das ist richtig, aber Resopal ist ein Traditionsunternehmen; Resopal ist Erfinder des Schichtstoffes und der ‚denkwerkstatt‘. Vorausgesetzt, Sie haben Lust, dann ist die ‚denk.werkstatt‘ 2015 gesetzt.“ Mit ihrem anhaltenden Applaus antworteten die Teilnehmer, dass sie sich den Termin für nächstes Jahr gern wieder fest einplanen.

www.resopal.de