03.07.2025

Abschlussquote vs. Reklamationsquote

Wer effizient verkauft und dabei Fehler vermeidet, sichert sich nicht nur Umsatz, sondern auch langfristige Kundenzufriedenheit. Ingo Anneken von der SEB Steuerberatung zeigt auf, warum Küchenstudios jetzt beides im Blick behalten sollten – und wie sich die beiden Werte positiv beeinflussen lassen.

 

Ingo Anneken ist seit 2009 Geschäftsführer der SEB Steuerberatung. Gemeinsam mit seinen Kollegen unterstützt er die Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen – von der Rechtsformoptimierung bis hin zur Existenzgründung. Foto: SEB

Abschlussquote, Reklamationsquote – zwei Kennzahlen, einfach zu ermitteln, klar in ihrer Aussage. Doch über das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren ließen sich ganze Bücher schreiben. Gerade in Zeiten zurückhaltender Kundschaft und steigender Preissensibilität. Die Abschlussquote im Küchenfachhandel liegt bei etwa 65 Prozent – in Möbelhäusern beträgt sie im Schnitt rund 46 Prozent. Doch was sagt diese Zahl überhaupt aus? Sie beschreibt, wie viele Beratungsgespräche in einem konkreten Verkauf münden. Je höher die Quote, desto effizienter arbeitet das Studio. Denn jedes Planungsgespräch, das nicht zu einem Auftrag führt, bedeutet vergeudete Arbeitszeit.

Kundschaft ist Botschafter
Und nicht nur das: Ein misslungener Abschluss bedeutet nicht nur, dass ein konkreter Verkaufserlös nicht erzielt werden konnte, sondern er schlägt sich häufig in negativer Mundpropaganda nieder. Wird ein Kunde nicht überzeugt oder falsch abgeholt, redet er darüber. Heute mehr denn je: auf Bewertungsportalen, im Familien- oder Freundeskreis. Die Zahl der Anfragen sinkt, die Preisvergleiche nehmen zu. Küchenkäufer sind kritischer geworden. Es lohnt sich daher, Verkaufsgespräche systematisch auszuwerten. Die Erfahrung zeigt: Bereits einfache Analysen der Verkaufsprozesse und gezielte Gespräche mit dem Team können eine heilende Wirkung entfalten. Warum hat der Kunde nicht gekauft, warum hat er gekauft? Was hat ihn überzeugt, was nicht? Regelmäßige Feedback-Runden, in denen die Fragen mit dem Verkäuferteam besprochen werden, sind eine exzellente Stellschraube, um die Abschlussquote zu verbessern.

Der richtige Moment nach dem Erstkontakt
Wie gestaltet man nun seinen Kundenkontakt so, dass es zum Ziel führt? Die Customer Experience verläuft über mehrere Stationen: das Kundengespräch mit erster Planung, das Angebot. Einigt man sich, sind Montage und Aftersales die nächsten Schritte. Kommt der Kunde ins Küchenstudio, werden ihn in erster Linie die Beratungskompetenz und das Angebot überzeugen. Im Angebot geht es dann um die Preisgestaltung und die Eindrücke, die er aus dem Kundengespräch mitgenommen hat. In jeder dieser Phasen kann der Küchenfachhandel darauf einwirken, wie sich der Kunde entscheidet: Verkaufstrainings und eine Optimierung des Verkaufsprozesses zum Beispiel durch digitale Planungstools, die die Traumküche realistisch visualisieren, können die Erfolgsquote deutlich steigern.

Zeit der Rabattakrobatik ist vorbei
In der Angebotsphase gibt es neben der Preisgestaltung zusätzliche Stellschrauben: Küchenkäufer holen sich meist nicht nur ein Angebot ein, im Durchschnitt sind es zwei. Wer das erste Angebot erstellt, sollte überzeugen und Vertrauen aufbauen, darf aber auch nicht zu viel verraten, um sich nicht als kostenlose Ideenschmiede zu entpuppen. Wer als Zweiter zum Zug kommt, muss das vorhandene Angebot entweder unterbieten oder besser machen – oder beides. Hier gilt: Der Küchenfachhandel heißt nicht umsonst Fachhandel. Dort sollte die Kundschaft bessere Beratung und einen besseren Service bekommen als auf der Großfläche. Diese Tugenden sollten im Verkaufsgespräch betont werden: Im Küchenstudio gibt es kreativere Lösungen – sowohl hinsichtlich der Produkte als auch in Bezug auf den Preis. Dabei hilft eine klare Budgetfrage gleich zu Beginn. Die Zeiten ausgedehnter Preisverhandlungen wie in den Jahren 2021 bis 2023 sind vorbei. Heute punkten Klarheit und Fairness – nicht Rabattakrobatik.

Nach dem Angebot ist vor dem Abschluss
Selbst das überzeugendste Angebot verpufft, wenn nicht aktiv nachgefasst wird. In der Praxis hat sich ein persönlicher, individueller Kontakt rund 24 bis 48 Stunden nach Angebotsabgabe als optimal erwiesen, um höhere Abschlussraten zu erreichen. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: Die richtige Balance zwischen höflicher Erinnerung und Respekt vor dem Entscheidungsprozess des Kunden entscheidet darüber, ob dieser zurückkommt – oder abspringt. Das Ziel ist dabei klar: Jedes Küchenstudio sollte eine Abschlussquote von rund 65 Prozent anstreben.

Reklamationen: Was nicht passt, kostet doppelt
Für den Erfolg eines Küchenstudios ist aber nicht nur diese Zahl entscheidend. Ebenso wichtig ist es, die Reklamationsquote genau unter die Lupe zu nehmen. Die Formel ist einfach: Eine hohe Abschlussquote nützt wenig, wenn es viele Beanstandungen gibt. Unzufriedene Kunden erzeugen nämlich in mehrerlei Hinsicht Kosten. Die Reklamationsquote liegt im Durchschnitt bei 14 Prozent, in einzelnen Fällen sogar bei bis zu 40 Prozent. Die Gründe sind vielfältig: Montagefehler, unklare Planungen, Produktionsmängel oder Lieferprobleme. Die Folgen von unsauberer Arbeit verursachen nicht nur Kosten (Retouren, Nachbesserungen) – sie lassen auch das Image leiden: Denn auch hier gilt: Kunden reden. Und schlechte Erfahrungen verbreiten sich schneller als gute. Eine niedrige Reklamationsquote dagegen wirkt sich direkt positiv auf die Abschlussquote aus. Wer zufriedene Kunden hat, profitiert von Empfehlungen, positiven Onlinebewertungen und Wiederkäufern. Die besten Verkäufer sind die eigenen Kunden.

Der Monteur verkauft die Küche ein zweites Mal
Der Küchenverkauf endet nicht mit der Planung. Gerade in Küchenstudios mit einer hohen Reklamationsquote ist zu beobachten, dass nicht genug Augenmerk auf die Montage gelegt wird. Dass der Monteur die Küche ein zweites Mal verkauft, ist nicht einfach ein Bonmot, sondern eine Tatsache: Fehler bei der Montage, aber auch Umgangsform oder unbedachte Aussagen über die Planung können die gesamte Vorarbeit auf den letzten Metern zunichtemachen. Insofern ist es von enormer Relevanz, dass das Montagepersonal (ob angestellt oder als Subunternehmer) gut geschult ist: Die Arbeitsvorbereitung muss stimmen, es muss sorgfältig gearbeitet werden und ein guter Umgang mit dem Kunden gepflegt werden. Wird das berücksichtigt, ist ein zufriedener Kunde deutlich wahrscheinlicher – und auch einer, der eine gute Bewertung hinterlässt. Um letzteres geht es auch noch, wenn die Montage erledigt ist. Dann kommen wieder Inhaber oder Verkäufer ins Spiel, in dem sie zur Qualitätskontrolle mit dem Kunden in Kontakt treten – das ist der Moment, in dem die Kundenzufriedenheit abgefragt werden und freundlich auf eine positive Bewertung auf den einschlägigen Plattformen hingewiesen werden kann.

Zwei Zahlen, ein Ziel
Eine ordentliche Dokumentation aller Planungsschritte, regelmäßige Feedback-Runden und Schulungen, routinemäßige Qualitätskontrollen, ein effizientes Personalmanagement - mit diesen Maßnahmen sollte es jedem Küchenhändler gelingen, seine Reklamationsquote zu senken und seine Abschlussquote zu erhöhen – und sich so ein solides betriebswirtschaftliches Fundament zu schaffen. Mehr Umsatz, weniger Nacharbeit, zufriedenere Kunden. Doch dieser Balanceakt gelingt nicht zufällig – er erfordert Aufmerksamkeit, klare Prozesse und ein professionelles Team. Sich mit den eigenen Kennzahlen zu beschäftigen, lohnt sich, und der Steuerberater kann dabei helfen, diese Tabellen richtig zu lesen und ins Verhältnis zu setzen – damit am Ende nicht nur mehr Küchen verkauft werden, sondern die Kunden sagen: „Hier würde ich wieder kaufen.“

www.seb-steuerberatung.de