02.05.2024

Im Schwarzwald wird traditionelles Handwerk noch großgeschrieben – dabei muss ein Mittelständler wie Rempp Küchen speziell in dieser Zeit wettbewerbsfähig bleiben. Ein Besuch in der Produktion offenbart den erfolgreichen schwäbischen Sonderweg.

Matthias Rempp, geschäftsführender Gesellschafter der Rempp Küchen GmbH, an einem historischen Küchenbuffet aus den Anfangsjahren seines Familienbetriebs. Foto: Maerzke

Fingerzeig in Richtung Industrie: Die Anfertigung von besonders stabilen Korpussen oder Gehrungslösungen ist bei Rempp Küchen Standard – und ein Grund, warum sich der Küchenbauer noch immer am Markt behauptet. Foto: Maerzke

Mit Rille: Rempp Küchen bedient auch die aktuellen Trends. Foto: Maerzke

Moderner Showroom mit hochwertigen Küchenräumen mitten im Schwarzwald. Foto: Maerzke

Die alten Tischkreissägen und Abrichthobelmaschinen vom Typ Kölle AH 40 weisen deutliche Abnutzungsspuren auf. Sie wirken, trotz ihrer blank geputzten Oberfläche, ein wenig aus der Zeit gefallen im High Tech-Umfeld von Fräsmaschine und Kantenverleimung. Hier, im Herzen der Produktionsanlage des Küchenbauers Rempp, dienen sie als Übungsstation für die drei Lehrlinge, die das Familienunternehmen derzeit ausbildet. Sinnbildlich verknüpfen sie die alte und neue Welt des Schreinerhandwerks, die Rempp Küchen, 1930 gegründet und damals ganz klassisch mit Küchenbuffets gestartet, noch immer zu charakterisieren scheint – und damit von anderen Küchenherstellern abhebt.
„Bei uns geht es zu wie in einer großen Schreinerei“, sagt Geschäftsführer Matthias Rempp, der das Unternehmen gemeinsam mit seinen beiden Cousins Christoph und Johannes Deuble in dritter Generation führt. Das stimmt in einem Unternehmen, das mittlerweile auf rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen ist und im Landkreis Calw auf 120.000 Quadratmetern produziert, zwar nur bedingt. Wer sich in den großzügigen Produktionshallen umschaut, sieht allerdings tatsächlich viele Menschen, die die hochwertigen Möbel-Elemente in Handarbeit kontrollieren, vollenden oder montagefertig machen. Besucherinnen und Besucher, die als Journalistengrüppchen, Händler oder Kundinnen durchs Werk gelotst werden, staunen mitunter über händische Abläufe, die man im Geiste längst industriell gefertigt vermutet. Genau das mache aber den Vorteil dieser Marke aus, sagt Matthias Rempp. „Unsere Kunden sind mittlerweile brutal gut informiert vor einem Küchenkauf. Die sagen: Das gibt es nur bei Rempp, deshalb muss es eine Rempp-Küche sein.“

Hingabe zum Handwerk
Damit meint er nicht allein die persönliche Sorgfalt, mit der Küchen aus dem Werk in Wildberg ins europäische In- und Ausland, mitunter sogar nach Indien oder Kanada, ausgeliefert werden. Auch der 19 Millimeter starke Korpus und die acht Millimeter starke Rückwand stehen sinnbildlich für ein Unternehmen, das auf Robustheit und Langlebigkeit setzt – und Dinge anders als Mitbewerber am Markt macht. Wer will, kann sich bei Rempp Küchen sogar einen massiven Tischlerplatten-Korpus anfertigen lassen. Zugleich bietet der Küchenbauer Präzision im Detail: So kann das Griffprofil beim C-Line-Korpus wahlweise passend zur Front oder zur Arbeitsplatte gestaltet werden; sogar als massive Holzgriffleiste anstelle von Metall oder Kunststoff ist das möglich. Mit „zeroSock“ hat das Unternehmen eine Schranklösung im Programm, die ohne Platzverlust im Sockel auskommt und eine Schattenfuge von lediglich 18 Millimetern erzeugt.
Weniger eine Sonderanfertigung als gängiger Status Quo ist wiederum die 45 Grad-Gehrung als Eckprofil für Schrankmodule, Fronten und Arbeitsplatten, die selbst für Kunststoffkanten wählbar ist und auf Wunsch mit nahtloser Nullfuge daherkommt. Matthias Rempp lässt es sich nicht nehmen, die dazugehörige, hochmoderne Maschine in der Fertigungshalle vorzuführen, die dank der neuen CNC Aggregate-Technik „Kantenverleimung auf ein neues Niveau hebt“. Tatsächlich ist mit der Schrägkantentechnik eine Verleimung in beliebiger Neigung möglich. Auch beim herkömmlichen Kantenanleimen kann programmgesteuert zwischen PU-Kleberauftrag und Nullfugentechnik gewählt werden. Was zunächst wahnsinnig technisch klingt, bietet nicht nur optisch den Vorteil der unsichtbaren Kante, die besonders bei weißen und schwarzen Küchen stark nachgefragt wird, weiß Matthias Rempp. Es ist zugleich auch eine Frage nach konsequenter Qualität und Stabilität: Während Rempp Küchen einen Leimfaden in der Produktion über die gesamte Kantenlänge spannt und damit zwei Möbelteile auf der entsprechenden Grundfläche miteinander verbindet, verleimt ein Großteil der Küchenindustrie lediglich die Dübellöcher mit dem Korpus. Die deutlich kleinere Stückzahl, die das Familienunternehmen pro Jahr produziert, lässt diese – geradezu hartnäckige – Hochwertigkeit im Detail zu. Zugleich ist der Küchenbauer damit in einer ganz eigenen Geschwindigkeit unterwegs.

Weniger Küchen, mehr Wertigkeit
Rund 4.000 Küchen pro Jahr werden hier, mitten im beschaulichen Schwarzwald, gebaut und ausgeliefert. Die Zahl verharrt seit mehreren Jahren auf diesem Niveau, sagt Matthias Rempp. Zwar habe es auch Spitzen mit bis zu 5.000 Küchen pro Jahr gegeben, doch mittlerweile sei der Wert einer Küche, trotz geringerer Produktionszahlen, gestiegen. „Es werden mehr Schränke pro Küche verbaut, auch die elektrischen Klappenbeschläge oder die Nachfragen nach der unsichtbaren Laserkante nehmen zu“, erläutert Matthias Rempp. Mit neuen Modellen, die in der hauseigenen Ausstellung auf rund 1.200 Quadratmetern besichtigt werden können, setzt Rempp Küchen auch 2024 neue und wertige Impulse im Premiumküchensegment. Der Stil ist vorwiegend puristisch und setzt doch fast immer auf Holzarbeiten als herausstechendes Showroom-Element.
Die unterschiedlichen Modelle zeigen sich im haptisch ansprechenden Lamellenraster, mit blau getönten Küchenfronten im Farbton „blu shaba“ oder als wohnliche Varianten mit spannendem Kantenprofil in „wildeiche natur“ und Nussbaum. Sorgfältig ausgearbeitete Kranzprofile, Glasleisten und RAL-Sondertöne, die auch für die Nischenrückwand angeboten werden, ergänzen das individuelle Portfolio. Dass diese Sonderanfertigungen, obschon sie nur 30 Prozent in der Fertigung neben den Standardlösungen ausmachen, für ein Unternehmen dieser Größe entscheidend sind, steht außer Frage. „Wir sind ein Exot im Süden“, sagt der Geschäftsführer, und spielt damit auf den Ballungsraum der Küchenindustrie in Ostwestfalen an. „Es hat aber seinen guten Grund, dass uns der Markt noch nicht wegeliminiert hat.“

Schwierige Zeiten solide durchstehen
Die aktuell schwierige Auftragslage gleicht das Unternehmen bislang mit den Erfolgen aus der Corona-Zeit aus. „Wir sind Schwaben. Wir sind sparsam“, entgegnet Matthias Rempp mit der ihm eigenen, ruhigen Art auf Nachfragen. Die Selbstfinanzierung der Firma lasse einen finanziellen Spielraum zu, wenngleich der Küchenbauer 2023 einen Auftragsrückgang von 11 Prozent hinnehmen musste. Aktuell sei die Produktion mit rund 85 Prozent ausgelastet; rund 70 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten allerdings in Kurzarbeit. Hierfür entfielen streckenweise Wochenstunden, die „unser Personal zum Teil noch aus der Corona-Zeit abbaut.“ Matthias Rempp gibt sich verhalten zuversichtlich. Wer in den vergangenen Jahren solide gewirtschaftet habe, der müsse so eine Zeit auch mal durchstehen, sagt der langjährige Unternehmer. Wie sich der aktuelle Preiskampf am Markt mit Großfläche und Kleinststudios gestalte? „Da habe ich schon wildere Zeiten erlebt.“ Mittlerweile ziehe der Auftragseingang, verglichen mit dem vierten Quartal 2023, auch schon wieder leicht an.
Der ungewöhnliche Mix aus alten Maschinen und hochmodernem Produktionsstandort, aus Historie und Hingabe zu Innovationen, aus stoischer Ruhe und schwäbischer Sparsamkeit – all das macht Rempp Küchen vielleicht, hoffentlich, bestenfalls, zu einem Unternehmen, das die derzeitige Krise der Küchenbranche gut überwinden kann. Die alten Tischkreissägen aus den 1980er-Jahren sind jedenfalls immer noch tagtäglich in Gebrauch.  

Susanne Maerzke

www.rempp-kuechen.de

 

Dieser Beitrag erscheint in der Ausgabe KÜCHENPLANER 3/4 2024. Versendet wird die Printausgabe am 26. April 2024. Das E-Paper steht Newsletter-Abonnenten bereits zur Verfügung. Hier geht es zum kostenfreien Newsletter: https://www.kuechenplaner-magazin.de/newsletter/anmeldung/anmeldeformular/