21.04.2019

Die deutsche Revolution des Designs begann vor 100 Jahren in Weimar, Thüringen. Hier gründete der Architekt Walter Gropius am 1. April 1919 die wichtigste und einflussreichste Gestaltungsschule des 20. Jahrhunderts: das „Staatliche Bauhaus“.

Ein Sessel, den Walter Gropius für das Direktorenzimmer im Bauhaus entwarf, findet heute auch in neuen Farben bei Bauhaus-Fans weltweit seinen Platz. Foto: VDM/Tecta.

Es entstand durch die Vereinigung der Kunstschule Weimar mit der 1907 vom belgischen Architekten Henry van de Velde ebenfalls in Weimar gegründeten Großherzoglich Sächsischen Kunstgewerbeschule. 1925 erfolgte der Umzug nach Dessau, ab 1926 ins eigene Gebäude. 1932 musste das Bauhaus nach Berlin umziehen und wurde 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen. „Das Bauhaus ist in Architektur und Design die Heimat der klassischen Moderne und des Avantgarde, seine Resonanz hält bis heute an“, betont der Verband der Deutschen Möbelindustrie in einem Kurzporträt „Glückwunsch: 100 Jahre Bauhaus-Möbel“.

Mit Biedermeier fing alles an
Der Ursprung professionellen deutschen Möbeldesigns liegt demnach in der Zeit des Biedermeier. Das entstehende deutsche Bürgertum suchte zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Ideal des Biederen und Schlichten. Aus der Kunst des Weglassens vom Opulenten und Barocken wurde in Deutschland erstmals eine eigene Wohnkultur mit dem dazugehörigen Gefühl einer neuen und leichten Gemütlichkeit geschaffen. Der wachsende Wohlstand führte allerdings nach dem Biedermeier zum Siegeszug der „germanischen“ Eiche. Schwere Eichenmöbel und „altdeutsches“ Mobiliar wurden in Deutschland zum Urbild des Heimeligen, wurden zu einer Tradition, die sich lange und zäh halten sollte. „Gelsenkirchener Barock“ blieb bis weit in die 1960er-Jahre vor allem beim konservativen Kleinbürgertum durch die Sehnsucht nach Tradition, Sicherheit und deutscher Gemütlichkeit sehr beliebt.

Revolution im Verständnis von Design
Gleichzeitig kam es vor rund 100 Jahren in Deutschland zu einer Revolution im Designverständnis. Das deutsche Bauhaus entwarf das radikalste Programm gegen die vermeintliche Gemütlichkeit. Das Bauhaus wirkte vermutlich wie ein Kulturschock, wie der konsequente Gegenentwurf zur überholten aber tief verwurzelten Wohntradition. Deshalb verstand sich das Bauhaus-Möbeldesign auch nicht als oberflächlicher Stil, sondern als Methode. Hier liegt der Ursprung des heutigen deutschen Möbeldesigns: die ganzheitliche Sichtweise, vom ressourcenschonenden Materialeinsatz über alle Aspekte des Entwurfs, über Technik und Handhabung bis hin zu Fragen der Langlebigkeit und Nachhaltigkeit.

Zeitlose Klassiker geschaffen
Die meisten Möbelklassiker aus der Bauhaus-Zeit sind von berühmten Designern wie Le Corbusier, Gerrit Rietveld, Eileen Gray, Mart Stam, Ludwig Mies van de Rohe oder Marcel Breuer entwickelt worden. All diese Möbel haben verschiedene Nachfragezyklen durchlebt. Als sie entstanden, waren sie zunächst nur für eine kleine Zielgruppe interessant. Das Gros der Bevölkerung empfand ästhetisch ansprechendes Design als überflüssig. Es ging den Menschen mehr um die reine Praktikabilität von Möbeln. Diese schön zu gestalten, war damals fremd und neu. „Das ist heute völlig anders“, weiß Ursula Geismann, Pressesprecherin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM): „Moderne Bauhausklassiker erleben heute vor allem im Sitzmöbelbereich einen deutlichen Aufschwung. Klassiker sind zeitlos und jetzt wieder in, obwohl sie nie richtig out waren.“

Interesse an schöner Ästhetik
In einer so schnelllebigen und unruhigen Zeit vermitteln Bauhausklassiker für viele Menschen Kontinuität und Wert. Außerdem hat sich die Zielgruppe deutlich ausgeweitet und Menschen über alle Altersklassen hinweg haben mehr Interesse an schöner Ästhetik. Gutes Design hat alle Konsumenten und viele Konsumgüterbereiche des Alltags erobert. Und für den VDM steht fest: „100 Jahre Bauhaus ist ein guter Grund, zu gratulieren und Danke zu sagen.“
 
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