14.01.2020

Auf der imm cologne geht es nicht allein um Farben um Formen. Es geht stets und immer öfter um Wohnkonzepte. Und damit um Stichworte wie Smart Living, urbanes Wohnen und Komfortwohnen.

Trendexpertin des VDM: Ursula Geismann. Foto: Archiv

Kurz bevor die Einrichtungsmesse in Köln-Deutz die Tore zum ersten wichtigen Möbelevent des Jahres öffnet, blickt die VDM-Trendexpertin Ursula Geismann auf die aktuellen Entwicklungen. Hier ihre Einschätzungen:

Smart-Living
Rund um das Thema Smart Home hat sich einiges weiterentwickelt, was auch skeptische Verbraucher überzeugen könnte. In Zukunft können Gardinen und Vorhänge, Raumlicht, Raumtemperatur, Musik, Backofen und Co. und immer mehr Objekte angesteuert werden. Das kann via Apps auf dem Smart Phone oder mit Gesten- oder Sprachsteuerung erfolgen. Auch lassen sich mit solch smarter Anwendung die Höhe eines Tisches verstellen, Schubladen öffnen und schließen, oder Memory-Sitzfunktionen in Polstermöbeln starten.

Urban-Living
Rund um das Thema urbanes Wohnen kommt der sogenannte „Metropolitan Lifestyle“. Städte sind der Lebensraum der Zukunft. Ihre Anziehungskraft ist enorm und der Megatrend der weltweiten Urbanisierung nimmt weiter an Fahrt auf. Stadtplaner und Architekten wissen schon längst, dass künftige Wohnkomplexe keine Tiefgarage für Autos mehr brauchen, sondern intelligente Stellflächen für Roller und Räder und Urban-Gardening-Zonen. Gemeinschaftsräume und Gemeinschaftsküchen sind in den Green Buildings der Zukunft ebenfalls angesagt. Grundrisse müssen durchdacht sein und mit ihnen die multifunktionalen Möbel. Balkone müssen zu verschatten sein und mit Möbeln aus Materialien ausgestattet werden, die Wetterextreme aushalten. Metropolitan Lifestyle ist vor allem Lebensqualität und Stressreduktion. Gesunde Betten, schallschützende Ohrensessel oder Bezugsstoffe, Gardinen, die UV-Licht filtern, extrem leise Haushaltselektrogeräte und ökologische Materialien – all das sind die Trends beim modernen Metropolitan Lifestyle.

Comfort-Living
Komfortwohnen betrifft uns alle gleichermaßen, denn wir gehören zur immer älter werdenden Bevölkerung. Es geht darum, möglichst lange im eigenen Zuhause bleiben zu können. Von großem Vorteil ist etwa die bodentief eingebaute Dusche im Badezimmer. Sie ist für alle Generationen gleich attraktiv, denn sie erleichtert den Ein- und Ausstieg und vermeidet gefährliche Stolperstellen. Konkret sind bei Möbeln höhere Betten, zum leichteren Hineinlegen und Aufstehen angesagt. Ebenso höhere Sitzmöbel mit angenehmen Polstern, sei es als komfortabler Fernsehsessel mit elektrischen Hilfestellungen, oder als bequemer Esssessel für langes Sitzen. Auffällig bei den neuen Angeboten ist eine Hinwendung zu besserem Design als früher. Die Generationen nehmen ihren Geschmack nämlich immer mit ins Alter und daher war es an der Zeit, auch moderne Möbel für die jungen Alten zu entwerfen.

Konkrete Entwicklungen
Aus der im Vorfeld der imm cologne 2020 durchgeführten VDM-Ausstellerbefragung lassen sich Grundeinstellungen zum Wohnen und Schwerpunkte im Möbel- und Einrichtungsangebot der neuen Saison ableiten. Dabei wird deutlich, dass sich die Anforderungen ans Wohnen weiter rasant verändern. Mehr anspruchsvolle Single-Wohnungen bei knappem Raumangebot und ein Lifestyle, der Freiheit von Konventionen auch bei der Einrichtung sucht, verstärken den Trend zu großzügigen Einraum-Wohnungen mit Loft-Feeling. Dazu kommen je nach Bedarf ein bis zwei Schlaf- oder Arbeitszimmer. Das Ineinanderfließen der Räume führt zu einem Bedarf an multifunktionalen Möbeln, die Wohnbereiche markieren oder solche voneinander abgrenzen. Küche und Wohnen verschmelzen, das Bad bleibt eher separat – wenn auch, zumindest im Hochpreisbereich, gerne „en suite“ und ein bisschen größer. Statt separater Zimmer zeigen moderne Wohnungen ein offenes Raumgefüge, und kleinteilige Altbauten werden durch das Entfernen von Wänden „durchgelüftet“. Wintergärten und ausgebaute Dachgeschosse erschließen helle Räume, und großzügige, idealerweise schwellenlos zu öffnenden Fensterfronten erweitern den Raum auch optisch nach außen.
Bis auf Einbauschränke sind hier überwiegend Solitärmöbel angesagt – durchgängige Kollektionen und Schrankwände im Wohnzimmer beschweren das Freiheitsgefühl zu sehr, ein Mix & Match ist besser geeignet. Dafür müssen die Solitäre aber auch gut kombinierbar sein. Die richtige Balance im Design zu finden – eigenständig, aber nicht extrovertiert, gefällig, aber nicht langweilig – ist die Kunst dieser Möbel mit Klassiker-Qualitäten. Multifunktionale Möbel wie etwa Tische, die als Ess- und Arbeitsplatz überzeugen, freistehende Sofas, Schränke, die als Stauraum und Wand fungieren, Raumtrenner, die beidseitig Funktionen ermöglichen (wie etwa den schwenkbaren, von zwei Seiten nutzbaren Bildschirm integrieren), mobile Möbel für Indoor und Outdoor – das sind die „Heros“ für ein grenzenloses Wohnen.

Natürliche Farben mit Tupfern
Unter den Farbtrends im Interior Design ist Braun sicherlich die mit der stärksten Wirkung, denn sie kann sowohl neutral als auch avantgardistisch eingesetzt werden. Insgesamt sind die Brauntöne für die Gemütlichkeit verantwortlich und daher derzeit sehr populär. Während es zwischen Greige über Taupe bis Mooreiche sehr harmonisch zugeht, können Kombination etwa von Nougat-Braun mit anderen, meist gedeckten Farben (also nicht pastell oder neon eingesetzten) von Orange bis Türkis auch durchaus mutig sein. Aber ob nun mit Grün, Rosa, Lila oder Braun – mit Farben kommt auch Glamour in die Wohnung. Dunkle, an Art Deco oder die dänische klassische Moderne erinnernde Holztöne mit Gold, Messing oder anderen Metallic-Akzenten auf üppigen Teppichen stehen für Luxus pur. Während sich das Interior Design insgesamt gerne dunkel gibt – über Dunkelgrün und Dunkelblau bis hin zu Schwarz – bleibt der minimalistische Einrichtungsstil den helleren und natürlicheren Tönen treu. Avantgardisten bekennen sich mit bunt kombinierten Primärfarben zu weißer Grundfarbe zur Bauhaus-Tradition. Doch insgesamt wird die Einrichtungswelt durch eine intensiv eingesetzte Farbigkeit farbiger. Auch die Einfarbigkeit wird zunehmend zugunsten von Mustern aufgegeben.

Blau ist die Farbe des Jahres
Die Pantone-Trendfarbe 2020 ist „Klassik Blau“. Sie soll Ruhe, Souveränität und Optimismus vermitteln und in einer unsicheren Welt Vertrauen schaffen. Denn sie gilt als zeitlos und elegant. Außerdem erinnert die Farbe Blau die Menschen an Wasser und damit auch an die Verschmutzung der Weltmeere und vor allem, wie diese zu vermeiden ist. Daher verwundert es nicht, dass bei den Bezugsstoffen für Polstermöbel ein breites 2020 Angebot an Blautönen zu finden ist. Europablau, Hellblau, Türkis und Petrol sind beliebt. Grundsätzlich werden alle Farben stärker und das Wohnen zeigt sich deutlich farbenfroh. Die 1970er-Jahre lassen grüßen. Als Grundfarben bleiben die Naturtöne, zu denen auch unlackiertes Holz in seinen vielen Farbnuancen zählt. Außerdem ist Schwarz wieder da. Als Front, als Bezugsstoff oder als Akzent. Manche Innenarchitekten sind der Überzeugung, dass Schwarz als Farbe am wenigsten auffällt und daher den Raum auch nicht zwingend kleiner, sondern die Möbel eher unauffälliger macht. Schließlich kommt uns ein schwarzer Nachthimmel auch nicht beengend, sondern eher unendlich vor.

Holz und nochmal Holz
Massivholz wird seine Stellung nach Einschätzung von Ursula Geismann noch einmal ausbauen. Gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit stehen wir vermutlich am Anfang einer Holzrenaissance. Die Entwürfe von Tischen, Sideboards oder Schränken sind dabei elegant und ganz weg von der Rustikalität vergangener Zeiten. Eiche allerdings in ihrem natürlichen Farbton bleibt Bestseller, und wird in sehr vielen Varianten angeboten. Neuester Trend ist dabei die Ascheiche, die schwarz und angekokelt aussieht. Echtes Holzfurnier wird im Frontbereich auch gerne mit Materialien wie Glas und Metall kombiniert. Bei den Metallen wie Zierleisten oder Applikationen reicht das Spektrum von Messing über Kupfer hinzu Chromfarben. Das ökologische Linoleum wie auch das natürliche Wiener Geflecht aus Rattan erleben einen starken Aufwind. Bei den Bezugsstoffen für Polstermöbel ist ein breites Angebot an Naturfasern zu erkennen. Cord und Samt spielen eine große Rolle.

Die Geschichte zum Produkt
Immer mehr Menschen versuchen ernsthaft, ihr Konsumverhalten zu verändern, um eine Trendwende zu einer nachhaltig agierenden Gesellschaft anzustoßen. Konsumentscheidungen in Bezug auf Mobilität, Handy oder Ernährung genauso wie auf Möbel werden stärker unter dem Aspekt der Klimaneutralität bewertet. Damit wird die Geschichte hinter dem Produkt – das Storytelling – immer wichtiger. Im Wohnbereich werden damit nicht nur aus Gründen der Wohnlichkeit, sondern auch aus ökologischen Überlegungen gerne natürliche Materialien und Vollholz eingesetzt. Unterstützende Deko-Items wie Pflanzen, naturbelassene Stoffe und Indoor-Gewächshäuser werden wichtige Ausstattungselemente bei der Gestaltung einer Wohnung und sind zudem als Statements gedacht. Auch Möbel mit einer hohen Designqualität versprechen einen nachhaltigen Effekt.
Holz und Naturmaterialien, aber auch Leichtbau- und Recycling-Werkstoffe und werden überall eingesetzt, wo sie funktional sind – das heißt auch bei Produkten, die standardmäßig aus anderen Materialien hergestellt werden. Bambus wird als Holzalternative genauso ausprobiert wie kunststoffverstärktes Papier als lederartiger Bezugsstoff. Flechtwerk aus Rattan, Weide oder Bambus bringen Wintergarten-Feeling ins Haus. Die Sehnsucht nach einem natürlichen Wohnen hält den Trend zu skandinavischem Design am Leben – wird er doch mit naturnahem, unkompliziertem und ursprünglich-rustikalem Lifestyle assoziiert, der in dem traditionell schlichten und im 20. Jahrhundert kultivierten Design seinen Ausdruck findet.

www.moebelindustrie.de