15.06.2020

„Das Premium-Thema funktioniert bei uns einfach gut“, sagt berbel-Geschäftsführer Karl von Bodelschwingh. Im KÜCHENPLANER-Interview erläutert er, welchen Stellenwert Design und Emotion für den Hersteller von Dunstabzugshauben haben und warum Begeisterung so wichtig ist für das Premium-Segment.

Karl von Bodelschwingh, Vorsitzender der berbel-Geschäftsleitung. Foto: berbel

Bei berbel ist in letzter Zeit personell viel geschehen. Als Nachfolger des langjährigen Geschäftsführers Peter Ahlmer hat Karl von Bodelschwingh in Rheine den Vorsitz der Geschäftsleitung übernommen. Das war vor etwas mehr als einem Jahr, am 1. April 2019. Zum Jahresanfang 2020 kam dann Andreas Wolfsholz als kaufmännischer Geschäftsführer zum Unternehmen und zum 1. April Jürgen Kromer als technischer Geschäftsführer.

Wir haben uns mit Karl von Bodelschwingh im Video-Chat unterhalten und nachgefragt, ob diese personellen Veränderungen Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung und die Positionierung des Haubenspezialisten haben.

Wie ist der Stand der Dinge dazu, Herr von Bodelschwingh?
Eins kann ich vorwegnehmen: Die DNA von berbel wird sich nicht wesentlich ändern. Wir werden diese zwar weiterentwickeln, aber unsere Positionierung ist eindeutig: Wir sind weiter Premium-Partner für Endkunden und den Handel. Wir werden weiter das Premium-Segment bedienen, es inspirieren und Begeisterung dafür schaffen. Und das bis in den Luxus-Bereich hin­ein in Preisgruppen von 10.000 Euro und mehr. Summen dieser Größenordnung hat man sich vor vier Jahren noch gar nicht träumen lassen. Und das mit einem sekundären Produkt wie einer Dunstabzugshaube und auch noch in vernünftigen Stückzahlen.

Um die gesamte Bandbreite darzustellen: Wo definieren Sie den Einstieg für berbel? Ist das die anspruchsvolle Mitte?
Unsere Stärke sind Produkte im anspruchsvollen Design. Dieses Design spricht die Menschen emotional an und holt besonders den Premium-Käufer ab. Dazu kann natürlich auch der typische Käufer einer gut ausgestatteten Mittelklasse-Küche zählen. Grundsätzlich geht es beim Thema Dunstabzug um Funktionalität. Es geht um Bedienerfreundlichkeit und um nachhaltige Nutzungskonzepte, also um Hauben ohne zusätzliche Fettfilter, die man kaufen muss und dann wegwirft. Zusätzlich transportiert die Marke berbel aber Themen, die ein anderes Niveau ansprechen. Im Markt gibt es viele durchaus gut gemachte technische Lösungen. Die sprechen aber nicht so sehr den emotionalen Part an. Das ist unser Potenzial und darauf legen wir unseren Schwerpunkt: Auf die Begeisterung und die emotionale Vermarktung im Premium- und Luxussegment. Ein breites, mittleres Feld anzusprechen, kann nicht unsere Strategie sein.
Schauen Sie sich zum Beispiel die Deckenlifthaube „Skyline“ an und deren jüngste Weiterentwicklung, die „Skyline Frame“. Diese Dunsthauben sammeln Designpreise ein, bis hin zu „Best-of-Best“-Prädikate. Mit diesen Produkten stehen wir bei Designauszeichnungen inzwischen zusammen mit Ferrari auf einer Bühne. Wenige Zuschauer im Saal kannten berbel vorher. Dies befeuert unser gesamtes Team und die Emotionalität, die dahintersteht. Diese Begeisterung steckt in allem, was wir tun, und sie überträgt sich auf den Handel.

Hat in der Außendarstellung die Emotion die Technik inzwischen also abgelöst? Viele Jahre war schließlich das berbel Prinzip das unermüdlich kommunizierte Alleinstellungsmerkmal der Marke. Darauf wurde viel Wert gelegt. Also auf die fettfilterfreie Technik nach dem Motto „aufklappen, auswischen, fertig“.
Qualität und Funktionalität sind ein Muss. Die Fettabscheidung per Zentrifugalkraft ist nach wie vor ein ganz wichtiges Asset, also ein zentraler Aspekt unseres Produktnutzens. In der Summe aller funktionalen Aspekte geht es uns um das Versprechen, Premiumtechnologie zu bieten, die einfach zu nutzen ist.
Doch Technik allein genügt nicht. Es braucht auch diesen emotionalen Lockruf, sonst können Sie kaum jemanden motivieren, 4000, 6000 oder im High-End-Bereich gar 10 000 Euro nur für die Funktionalität Dunstabzug auf den Tisch zu legen. Solche Verkaufspreise erzielen Sie nur mit einer herausragenden Optik und Haptik.
Es geht um die Sichtbarkeit eines Produkts, dem gewöhnlich die Rolle eines Aschenputtels zugewiesen wurde. Aber eine „Skyline“, um das Beispiel erneut zu wählen, hängt zentral im Raum. Oder sie gibt den Blick frei, wenn dies planerisch dort nicht gewollt ist. Damit bietet dieser Dunstabzug viel Mehrwert in der Küchenplanung.
Unsere Qualität, die Funktionalität und die leichte Bedienbarkeit sind das Fundament, darauf geben wir fünf Jahre Garantie. Verbunden mit der ganz klaren Botschaft: „Ihr könnt uns vertrauen.“ Hinzu kommt aber immer stets emotional ansprechendes Design, das Begeisterung schafft.

Bei der Skyline-Familie ist das für mich sehr nachvollziehbar. Aber was ist mit klassischen Schräghauben wie „Ergoline 2“ oder „Formline“.
Auch bei den Wandhauben fangen wir da an, wo die meisten unserer Marktbegleiter aufhören. Der Handel kann mit unseren Wandhauben ganz andere Preise realisieren. Die der Endkunde auch bereit ist zu bezahlen. Zum Beispiel, weil er sagt, „diese Glasoptik ist einfach perfekt verarbeitet“. Und dann kommen weitere Aspekte hinzu wie dieses smarte „Aufklappen, Auswischen, Sauber“, die optimale Lichtstreuung der LEDs, die dimmbar sind und in der Lichtfarbe zu regulieren, oder die AutoRun-Funktion in der fein abgestimmten Kochfeld-Hauben-Kommunikation.
Der Endkunde muss sich natürlich begeistern lassen, um diese Preise, wie wir sie aufrufen, auch anzunehmen. Dafür braucht es den Handel als Mittler. Der Handel kann diese Begeisterung transportieren. Im Premium- und Luxussegment, aber auch in unserer Einstiegspreisgruppe von etwas über 2000 Euro. Bitte bedenken Sie: Normalerweise beginnt der Einstieg in den Markt bei 200 Euro. Wenn wir das 10-Fache haben wollen, müssen wir zusammen diesen Weg gehen. Dann muss auch der Handel sagen: „Jetzt habe ich diese Küche für 14 000 Euro verkauft, nun packe ich noch mal 2000 Euro für eine berbel-Haube drauf.

Dafür muss ein Verkäufer schon verdammt viel Mut aufbringen.
Das geht halt nur, wenn Begeisterung für das Produkt und die Marke vorhanden ist. Diese Begeisterung lässt den Verkäufer den Versuch wagen, nochmal 1800 oder 2000 Euro top auf die Kommission draufzulegen. Ein Kunde, der vom Verkäufer begeistert wurde, geht am Ende noch mal mit. Das bringt dem Handel nicht nur Mehrumsatz, sondern auch eine attraktive Marge. Wir bieten ja auch eine stringente Preispolitik. Es gibt bei uns keine Sonderrabatte und auch kein Internetgeschäft. Wir haben eine klar definierte Preispolitik. Das ist für den Händler ungemein wichtig. Diese verlässliche Zusammenarbeit mit dem Fachhandel erlaubt es uns, die Preise auch in unseren Einstiegssegmenten stabil zu halten.

Die Mittlerposition des Handels scheint einer der zentralen Aspekte der Premium-Vermarktung zu sein.
Wir reden hier über Verkaufsprozesse, in denen Kunden bereit sind, 20 000 oder 50 000 Euro für eine Küche auszugeben, vielleicht sogar noch mehr. Da braucht es ein paar Extrapunkte in der Ansprache, um den Kunden abzuholen. Eine Internetvermarktung schafft das nicht. Für den Handel ist es allemal sinnvoll, sich diesen Argumenten zu öffnen und die Mittlerrolle mit Begeisterung zu füllen: Die Aspekte Wohnen und Essen haben einen hohen Stellenwert und unser Zuhause gewinnt aktuell eine ganz neue, noch emotionalere Bedeutung. Insofern sehen wir den Premium-Anteil stark steigend. Unsere eigenen Umsatzzahlen spiegeln das sehr direkt wider. Das Premium-Thema funktioniert bei uns einfach gut.

Ein Blick auf die Produkte. Nach der Einführung der „Downline“-Familie ist berbel ziemlich komplett aufgestellt. Mit Abzug der Wrasen nach unten, nach oben und nach ganz oben. Lösungen für den versteckt eingebauten Dunstabzug gibt es auch. Planen Sie dennoch eine Ausweitung auf weitere Anwendungsfelder?
Jedes Unternehmen muss sich fragen: „Was kann ich gut und wo traue ich mir etwas Neues zu?“ Wir haben in den letzten 12 Monaten sehr stark investiert. In das Fundament der Firma: in Menschen. In den verschiedensten Fachabteilungen haben wir neue Kollegen hinzubekommen. Zur Verstärkung der Teams, um mehr Volumen bearbeiten zu können, aber auch um mehr Wissen und Können zu erhalten: in Prozesse, in IT-Tools. Auf diesem Weg haben wir schon einiges geschafft, wir werden aber noch weitere Felder ausbauen.
Unsere Überzeugung lautet: Das Premium-Geschäft muss man auf allen Niveaus in Premiummanier bespielen. Wir sind schnell gewachsen, aber Wachstum kann nicht das einzige Maß sein. Man muss aufpassen, dass man das, was man macht, auch verlässlich gut macht. Diesem Anspruch folgend, haben wir in den letzten Monaten sehr viel in Menschen und Tools der inneren Organisation investiert. Das war der vorrangige Fokus und wir werden das weiter tun. Vielleicht noch die nächsten ein, zwei Jahre. Damit wir sagen können: Wir sind an allen wichtigen Stellen so stark aufgebaut, dass wir dauerhaft und nachhaltig das Versprechen einlösen können, auf allen Ebenen mit einer Premiumleistung aufzuwarten.
Dieses Ziel erreichen wir aber nur, wenn wir auf Dauer für den Handel als Premium-Partner erkennbar sind. So werden wir heute bereits wahrgenommen, aber wir sind größer geworden. Wir müssen diesen Anspruch noch breiter aufstellen.

Wie genau soll das umgesetzt werden?
Die Industrialisierung des Geschäfts ist das, was jetzt ansteht. Darauf basieren auch die Veränderungen in der Geschäftsführung, die Sie eingangs angesprochen haben. Ich selber komme aus dem Industriegeschäft und kenne das Geschäft gut. Es hilft uns allen, wenn wir die berbel-Story noch ein Stück höher hängen und sie weiterentwickeln.

Zuletzt habe ich mir die berbel-Produktion vor etwa drei Jahren angeschaut. In meiner Beobachtung war zu dieser Zeit der Manufakturgedanke prägend. Hat sich das angesichts des jüngsten Wachstums gewandelt?
Unser Premiumanspruch geht nach wie vor mit Manufakturqualität einher, aber wir haben in der Breite der Produktpalette immer mehr Volumen gewonnen und können natürlich auch kleine Serien fertigen.

Wie viele Mitarbeiter hat berbel in den letzten 12 Monaten für sich neu gewinnen können?
Ungefähr 50 neue Kollegen. Die Hälfte davon für die Produktion.

Wie viele Mitarbeiter hat berbel aktuell in Summe?
Rund 200 Festangestellte plus externe Mitarbeiter. Wir verfolgen nach wie vor das Konzept, die Wertschöpfung in Deutschland zu erbringen. Unser Engineering, Design, Marketing und Produktentwicklung laufen hier. Die wesentliche Lieferantenbasis ist ebenfalls in Deutschland.

Vorhin bezeichneten Sie die Mitarbeiter als Fundament des Unternehmens. Können Sie das näher erläutern?
Wir sprechen intern gern vom berbel-Spirit. Wenn jemand neu eingestellt wird, dann sagen wir immer, dass dieser neue Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin erstmal eingeberbelt werden müsse. Einberbeln heißt: Wir wollen die Begeisterung für die Art der Produkte transportieren. Wer bei uns beginnt, geht erstmal zwei Wochen in die Produktion und arbeitet in der Montage mit. Um zu sehen, was das für Produkte sind. Es gilt, die Produkte zu lernen. Materialien in die Hand zu nehmen. Das gilt auch für das Vertriebsmarketing und die Personalabteilung oder das Engineering. Es geht darum, dass neue Mitarbeiter das berbel-Feeling aufnehmen, um dann die Ansprüche an herausragende Qualität an allen Stellen zu leben.
Vor einigen Wochen haben wir für den internen Gebrauch kleine Video-Filme gedreht, um die Stimmung im Unternehmen aufzunehmen. Unter anderem haben wir gefragt: Was ist berbel für Dich? Daraufhin kam unter anderem diese Antwort: „berbel ist Premium, da setze ich mich für ein.“ Bei diesen Videos wurde bis in die Fingerkuppen deutlich, dass die Idee von Exzellenz an jeder Stelle des Unternehmens gelebt werden will.

Also Premium durch und durch.
Das können Sie spüren, wenn Sie mit unseren Leuten sprechen, das ist wirklich toll.

In Laichingen haben Sie kürzlich einen zweiten Standort der berbel-Akademie eröffnet. Wie wichtig ist dieses Instrument für die Marke? Lässt sich damit der angesprochene berbel-Spirit nach außen transportieren?
Nach Veröffentlichung des Seminarkalenders waren wir innerhalb kürzester Zeit für das nächste halbe Jahr ausgebucht. Die Nachfrage des Handels ist enorm und wir stellen fest, dass dieses Trainieren und Zeigen und miteinander im Gespräch sein funktioniert. Teilnehmer erkennen: „Ja, wir können Premium verkaufen.“ Profitieren von der Akademie können auch Verkäufer, die neu im Geschäft sind. Die sich vielleicht noch nicht trauen, einen Preis von über 7000 Euro für einen Dunstabzug zu probieren. In den Akademietrainings bekommen die Verkäufer hilfreiche Argumente an die Hand. Es soll helfen, nötige Begeisterung für ein Premiumprodukt auszustrahlen. Die menschliche Kommunikation funktioniert über Ausstrahlung. Das muss von innen kommen. Das können wir mit der berbel-Akademie initiieren und fördern. Es ist schön zu sehen, wie der Umsatz der Händler, die an der Akademie teilnehmen, anspringt. Das ist verblüffend.

Noch eine Frage zur Strategie: Planen Sie den Ausbau in weitere Geschäftsfelder über die Privatküche hinaus? Zum Beispiel in weitere Industrieanwendungen?
Wir sind im letzten Jahr stark gewachsen und wollen dies sorgfältig ausbauen. Wir verfügen nach wie vor über Wachstumspotenzial. Das haben wir längst nicht ausgeschöpft. In Deutschland und international. Damit sind wir gut ausgelastet. Gleichzeitig sind wir gut beraten, erstmal die Dinge zu tun, die greifbar sind. Wachstum ist nicht unsere Ursprungsmotivation. Wir wollen ein gutes, nachhaltiges Produkt in den Markt bringen. Das bereitet uns Freude.

berbel bleibt also in der Küche zu Hause. Und besonders in der Premium-Küche.
Ich wiederhole es gern: Es gibt noch viel Potenzial, sowohl im Heimatmarkt als auch in den europäischen Märkten. Wir wollen unseren Fokus wahren, statt in weitere Geschäftsfelder zu expandieren wie zum Beispiel Wohnraumbelüftung. Unser spezielles USP ist Design und Emotionalität. Das funktioniert in der Küche sehr gut. Auf andere Segmente lässt es sich nicht einfach 1:1 übertragen.
Für uns zählt: Was wir können, können wir gut, und wir können noch mehr davon. Wenn es um Produkte und Lösungen für unseren Heimatmarkt der privaten Küche geht, wird es weitere Neuheiten von uns geben. Auch schon in diesem Herbst.

Das Gespräch führte KÜCHENPLANER-Chefredakteur Dirk Biermann