19.01.2023

Auf dem Weg zur klimafreundlichen Glasherstellung

Der Technologiekonzern SCHOTT hat im November 2022 ein ambitioniertes Forschungsprojekt gestartet: Erstmalig testet das Mainzer Unternehmen den großtechnischen Einsatz von Wasserstoff in der laufenden Glasproduktion.

Die Glasschmelze ist energieintensiv. Nun erforscht das Unternehmen SCHOTT, wie Spezialglas mithilfe von Grünstrom oder Wasserstoff geschmolzen werden kann. Foto: SCHOTT

21 Meter hoch: der neue Wasserstofftank auf dem Betriebsgelände in Mainz. Foto: SCHOTT

„Die Tests laufen sehr gut und zeigen, dass eine Veränderung unserer Technologie möglich ist“, erklärte Dr. Jens Schulte, Mitglied des Vorstandes. „Die Transformation der Energiewende werden wir nur im Zusammenspiel mit starken Partnern und mithilfe der Politik lösen. Damit die deutsche Industrie trotz klimafreundlicher Produktion wettbewerbsfähig bleibt, sind Klimaschutzverträge und entsprechende Infrastrukturinvestitionen unerlässlich.“ Zusammen mit seinen Kooperationspartnern, den Mainzer Stadtwerken und dem Hygieneunternehmen Essity, sowie den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen will SCHOTT Möglichkeiten für innovative dezentrale Wasserstofflösungen ausloten. Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Katrin Eder konnte ein erstes positives Zwischenfazit gezogen werden.

Temperaturen von bis zu 1700 Grad Celsius
Bei der energieintensiven Produktion von Spezialglas entsteht der größte Anteil der CO2-Emissionen beim Schmelzprozess bei Temperaturen von bis zu 1.700 Grad Celsius. Die Glaswannen werden vor allem mit Erdgas betrieben. SCHOTT will auf die Nutzung fossiler Energieträger langfristig verzichten und hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu produzieren. Das wichtigste und schwierigste Ziel hin zu einer klimaneutralen Produktion ist der Technologiewandel. SCHOTT setzt hier vor allem auf zwei Transformationspfade: die Elektrifizierung der Schmelzwannen auf Basis von Grünstrom und der Einsatz von grünem Wasserstoff.

Auswirkungen erforschen und Erfahrungen sammeln
Im Forschungsprojekt „H2-Industrie“ testete das Unternehmen bis Ende Dezember 2022 die Beimischung von Wasserstoff in großtechnischen Schmelzversuchen am Standort Mainz. Die Mainzer Stadtwerke unterstützen das Projekt mit einer mobilen Beimischstation, in der das Erdgas-Wasserstoff-Gemisch erzeugt wird. Schrittweise wird in der von der Mainzer Netze GmbH konzipierten und betriebenen Anlage der Wasserstoffanteil hochgefahren auf bis zu 35 Volumenprozent.

Absolute Pionierarbeit
Der Test sei absolute Pionierarbeit für die Glasindustrie, erläutert das Unternehmen, sodass sich das Expertenteam mit noch vielen offenen Forschungsfragen konfrontiert sieht, beispielsweise wie sich Wasserstoff auf die komplexen Schmelzprozesse und auf die Qualität der Produkte auswirkt. Bisheriges Ergebnis: Die notwendigen hohen Temperaturen, die für das Glasschmelzen benötigt wird, werden erreicht. Die Experten sind jetzt dabei, die Glasqualität der geschmolzenen Gläser vertiefend zu analysieren.

Nicht nachlassen
„Dieser Großversuch macht deutlich: Klimafreundliche Technologien in energieintensiven Industrien funktionieren“, erklärte Dr. Jens Schulte. „Beim Klimaschutz dürfen wir jetzt nicht nachlassen. Schnelle Lösungen sind gefragt. Daher begrüßen wir sehr den Vorstoß des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für Klimaschutzverträge. Wir hoffen, mit unseren Projekten damit zu den ersten Anwendern zu gehören“. Diese staatlichen Verträge sollen die Entwicklung und Einführung von klimafreundlichen Technologien unterstützen.

Weitere Initiativen fest im Blick
Die gewonnen Testergebnisse nutzt SCHOTT, um seine Forschungen zur klimafreundlichen Transformation der Glasschmelze weiter voranzutreiben. Die Schmelzexperten planen im Jahr 2023 Tests mit 100% Wasserstoff im Labormaßstab.

Grüner Wasserstoff gefragt
Während die Erforschung der hochkomplexen Schmelzprozesse auf Hochtouren laufen, warten noch viele technologische und infrastrukturelle Hürden auf die Projektteams. Die größte Herausforderung sei die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien produziert wird. Um ihn im großen Maßstab in der Industrie nutzen zu können, brauche es den Aufbau einer kompletten Versorgungsinfrastruktur und den Ausbau erneuerbarer Energien, damit ausreichend Grünstrom zur Verfügung steht.

www.schott.com