28.09.2016

Küchenmöbelindustrie strikt auf Wachstumskurs

„Die deutsche Küchenmöbelindustrie wird im Jahr 2016 ihre Erfolgsgeschichte fortsetzen.“ So fasst Dr. Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie (VdDK e.V., Herford), die aktuelle wirtschaftliche Lage der Branche zusammen.

„Wir sind Exportweltmeister.“ VdDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Lucas Heumann während der VdDK-Pressekonferenz auf der „area30“ in Löhne. Foto: Biermann

Im Außenhandelsüberschuss der deutschen Küchenmöbelindustrie, der aktuell bei rund 1,6 Mrd. EUR (2015) liegt, zeigt sich die Sonderstellung der im VdDK vertretenen Unternehmen am deutlichsten. Während der positive Außenhandelssaldo des „Exportweltmeisters“ Deutschland zwischen 2005 und 2015 gesamtwirtschaftlich um 57% wuchs, stiegen die Überschüsse aller deutschen Küchenmöbelhersteller im gleichen Zeitraum um sogar 76%.
Für das laufende Jahr wies Dr. Heumann darauf hin, dass per 31. Juli 2016 die Küchenmöbelindustrie einen Umsatzzusatz in Höhe von 6,35% realisiert habe. Einen Umsatzanstieg habe es sowohl im Inlands- als auch im Auslandsgeschäft gegeben – allerdings wiederum in unterschiedlicher Größenordnung. Nach den jüngsten Zahlen wuchs demnach das Inlandsgeschäft um 4,3%, das Ausland um 9,8% (31.07.2016).
Bezogen auf Halbjahresbasis (30.06.2016) sei die wirtschaftliche Entwicklung mit 7,2% Umsatzwachstum besser gewesen als der schon sehr positive Verlauf des 1. Halbjahres des Vorjahres 2015, welches mit einem Zuwachs von 4,8% abgeschlossen hatte.

Inland wieder stärker
Als besonders erfreulich sieht Dr. Heumann die deutliche Erholung im Inlandsgeschäft an. Dieses habe sich im laufenden Jahr – bezogen auf den 30.06.2016 als Stichtag – um 5,1% gesteigert gegenüber dem zeitgleichen, aus heutiger Sicht eher zaghaften Anstieg von 2,0% im Vorjahr.
Das Auslandsgeschäft bewegt sich demgegenüber weitgehend unverändert mit einem Umsatzzuwachs um die 10% p.a. – im Vorjahr in Höhe von 9,9% und im laufenden Jahr in Höhe von 10,5% zum Ende des 2. Quartals.
Nach Worten Dr. Heumanns spiele schließlich die ausländische Konkurrenz im deutschen Markt praktisch nach wie vor keine Rolle. In keinem Sektor der Möbelindustrie – so der Hauptgeschäftsführer – ist der Importanteil am deutschen Markt so niedrig wie im Küchenmöbelsektor; er betrage lediglich 2%.

Zinstief und Bauboom
Die Gründe für diese positiven Entwicklungen müssen nach Auffassung des VdDK jedoch differenziert betrachtet werden. Im Inlandsgeschäft profitiert die Küchenmöbelindustrie vom aktuellen Immobilienboom in Deutschland und dem ansteigenden Neubaugeschäft. Dr. Heumann: „Es gibt keine Teilbranche innerhalb der deutschen Möbelindustrie, die so stark am Baubereich, am Neubau- und Renovierungsgeschäft hängt wie die Küchenmöbelindustrie. Daher profitieren wir auch am stärksten von dem aktuellen Immobilienboom.“
Darüber hinaus gäbe es – so der VdDK – eine unveränderte Flucht in Sachwerte, was der Küchenmöbelverband insbesondere auf die unattraktiven Anlagemöglichkeiten für Privatvermögen im Bank- und Wertpapiersektor zurückführt. Weiterhin seien die relativ hohen Aufwendungen für die Anschaffung einer Küche momentan relativ leicht finanzierbar aufgrund des niedrigen Zinsniveaus.

Mittelpunkt familiären Lebens
Wichtig für die bisher ungestörte Nachhaltigkeit dieses positiven Trends „pro Küche“ sind zwei interessante Faktoren. Dr. Lucas Heumann: „In den letzten Jahren steigt der Stellenwert der Küche im privaten Wohnumfeld deutlich und ununterbrochen. Früher war die Küche ein reiner Wirtschafts- und Arbeitsraum – Mittelpunkt des Lebens waren hingegen Wohn- und Esszimmer, einst ‚die gute Stube‘ genannt. Dies hat sich heute weitgehend gedreht. Seit einiger Zeit ist die Küche der Mittelpunkt der familiären Kommunikation: Hier wird nicht nur bevorratet, gekocht und gespeist, sondern Kontakte im familiären oder Freundeskreis entwickelt.“
Dr. Heumann weiter: „Das greift ineinander mit dem unglaublich gestiegenen Repräsentationscharakter moderner Küchen. Sie stehen für anspruchsvolles Design, Chic und Charme und werden stolzer präsentiert, als das Auto als vormaliges Vorzeigeobjekt Nr. 1. Neben den Berichten über ferne Urlaubsabenteuer gehört die Küche heute damit zu den wichtigsten Statussymbolen und steht im Mittelpunkt des Interesses.“

Überwiegend zweistellige Exportraten
Soweit es um Auslandsgeschäfte geht, ist wertmäßiges Wachstum in nahezu allen Märkten bzw. Regionen für die VdDK-Mitgliedsunternehmen die Regel (entnommen den statistischen Daten für das 1. Quartal 2016 – jüngere Daten liegen bis jetzt nicht vor). In den Niederlanden mit +12,1%, Österreich mit +16,7%, Großbritannien mit +21,6%. Und in den USA ist das Wachstum mit +36,8% sogar weit überdurchschnittlich ausgefallen!
Wichtig sei auch, dass es der deutschen Küchenmöbelindustrie gelungen ist, Umsatzwachstum zudem in Märkten zu generieren, die insgesamt als stagnierend oder sich nur mäßig entwickelnd betrachtet werden. Wie Frankreich beispielsweise mit einem Export-Zuwachs für die deutsche Küchenmöbelindustrie in Höhe von außergewöhnlichen 9,5%. Dr. Heumann: „Hier wachsen wir nicht nur mit dem Markt, hier gewinnen wir zusätzliche Marktanteile für unsere Branche zulasten ausländischer Wettbewerber signifikant hinzu!“

Mögliche Folgen des Brexit
Mit Zurückhaltung ist die Entwicklung bezüglich Großbritannien zu werten, was auf die Brexit-Entscheidung im 2. Quartal 2016 zurückzuführen sei. Nach Überlegungen des VdDK könnte der Austritt aus der Europäischen Union zu einer zumindest befristeten Rezession in Großbritannien führen. „Das Konsumverhalten wird sich in UK abschwächen und wir werden in der Breite vorerst Kaufzurückhaltung erleben“, so Dr. Heumann. „Dies führt für die deutsche Küchenmöbelindustrie vielleicht dazu, dass in Großbritannien häusliche Investitionen zurückgestellt werden und ein Anknüpfen an das sehr erfolgreiche 1. Halbjahr 2016 in den Monaten bis Jahresende noch herausfordernd wird.“
Nach Auffassung des VdDK sei der Brexit zwar ärgerlich und bedauerlich, in den branchenbezogenen Gesamtfolgen allerdings beherrschbar. Der britische Markt macht bezogen auf die gesamten Exporte der deutschen Küchenmöbelindustrie einen Anteil von 7,4% aus, bezogen auf die Gesamtumsätze sogar nur von 2,7%. Damit werden mögliche, temporäre Rückgänge in diesem Markt kalkulier- und beherrschbar bleiben.

Komplexität beherrschen
Die Ursachen für die Erfolgsgeschichte der deutschen Küchenmöbelindustrie sieht der VdDK in einer ganzen Reihe von Erfolgsfaktoren. An erster Stelle steht die hohe Qualität deutscher Produkte. Deutsche Küchen weisen ein modernes, international begehrtes Design auf. Wobei in diesem Punkt erfreulicherweise festzustellen bleibt, dass Designdefizite, die früher bestanden, nicht nur reduziert, sondern in den letzten Jahrzehnten vollständig beseitigt sind.
Der hohe technische Standard und die überlegene Prozesseffizienz der deutschen Küchenmöbelproduktion haben zur Kostenführerschaft in allen Preissegmenten geführt. Davon profitiert die deutsche Küchenmöbelindustrie gerade im internationalen Wettbewerb dauerhaft. „Schließlich beweisen wir Tag für Tag erhebliche Vorzüge im logistischen Bereich – durch Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und ein optimiertes Reklamationsmanagement“, so der VdDK-Hauptgeschäftsführer. Dr. Heumann weiter: „Die Küche ist ein kompliziertes Produkt. Diese Komplexität haben in der Vergangenheit viele beklagt. Wir halten sie allerdings für eine große Chance zur Realisierung eines attraktiven Produkts. Man muss die Komplexität der Küche allerdings steuern können. Dies ist der Küchenmöbelindustrie in Deutschland so gut wie kaum einer anderen gelungen.“

Deutsche Küchen weltweit begehrt
Die Erfolgsbilanz der deutschen Küchenmöbelindustrie zeigt sich dezidiert in der Außenhandelsbilanz des Branchenzweiges. Während die Importe von 88,4 Mio. Euro im Jahr 2005 auf lediglich 98 Mio. Euro 2015 um 12% wuchsen, stiegen die Exporte im gleichen Zeitraum von ca. 1 Mrd. Euro auf 1,7 Mrd. Euro im vergangenen Jahr und somit um 70%. Diese Kennziffern gegengerechnet ergibt sich eine Entwicklung der Außenhandelsbilanz von 2005 auf 2015 mit 911,5 Mio. Euro zu 1,6 Mrd. Euro Überschuss.
Das bedeutet prozentual eine positive Entwicklung des Außenhandelssaldos in der Küchenmöbelindustrie um rund 76% in nur zehn Jahren. Vergleicht man diese Bilanz mit der Entwicklung der gesamten Exportüberschüsse Deutschlands, die im Vergleichszeitraum „nur“ um 57% anstiegen, sticht die einzigartige Position der Küche auch unter dem Aspekt „Top-Exportweltmeister“ heraus, so Dr. Heumann.

Weiterhin überdurchschnittlich
Den weiteren Verlauf für das Jahr 2016 beurteilt Dr. Heumann weiterhin positiv. Hier beruft sich der VdDK-Hauptgeschäftsführer auf die verbandsinterne Auftragsstatistik, in die über 90% der deutschen Küchenmöbelindustrie integriert ist und die damit maximale Repräsentativität ausweist. Hierbei werden Auftragseingänge nach Wert und Stück sehr zeitnah erfasst und ausgewertet. Per 31. August 2016 hat der VdDK dabei Auftragszuwächse feststellen können in Höhe von 6,3% – analog der bisherigen Umsatzentwicklung stärker im Ausland (10,9%) als im Inland (3,5%). Insgesamt verliefen die letzten Monate zudem besser als diejenigen im 1. Quartal 2016. Daher geht der VdDK davon aus, dass zum Jahresende 2016 ein ähnliches Ergebnis realisiert wird wie jetzt laut Bundesstatistik zum Ende des 2. Quartals.

www.vhk-herford.de