27.04.2011

Lagern und klimatisieren. Weinschränke sind nach wie vor ein Nischen- und Statusprodukt. Und emotional hoch aufgeladen.

Geräte zum professionellen Lagern und Temperieren edler Spirituosen und Kulinarien wie Meeresfrüchte, außergewöhnliche Käsesorten und gute Zigarren sind kleine und feine Nischenprodukte. Zu konkreten Absatzzahlen mochten sich die Hersteller und Anbieter von Weinlager- und Weintemperierschränken nicht äußern. Zu hören ist lediglich, dass sich die Absatzzahlen nach der Wirtschaftskrise in 2010 wieder erholt und sogar positiv entwickelt hätten. Das bestätigt auch EuroCave, weltweit bekannter Lieferant von Wein-, Käse- und Zigarrenklimaschränken. 1976 führte das Unternehmen seinen ersten klimatisierten Weinschrank gleichen Namens in den Markt ein. Eurocave bietet maßgeschneiderte Lösungen zur Lagerung, Aufbewahrung und den Einsatz in Privathaushalten und in der Gastronomie. Bis zu 800 Geräte werden pro Jahr abgesetzt.

Kontroverse Einschätzung
Das Nischenprodukt wird von der heimischen Industrie kontrovers eingeschätzt. Für Torsten Clausen, Marketing/Vertrieb Elektrofachhandel Produktmanagement Kühlen, Gefrieren und Kaffee der Miele & Cie. KG, ist das Thema Weinlagerung und -temperierung „ein eher kleines Segment, das im HighEnd-Bereich positioniert ist, wobei das Temperieren der Weine für die Kunden wichtiger ist, als das Lagern.“
Bosch Geschäftsführer Volker Klodwig bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Gutes Essen verspricht Genuss und Lebensfreude – dazu gehören für viele Menschen auch gute Weine, die optimal temperiert sind. Immer mehr Gastgeber machen daraus ein Hobby oder räumen dem Weinlagern zumindest einen hohen Stellenwert ein. Der sogenannte Homing-Trend verstärkt diese Entwicklung: Man genießt sein Zuhause, schaut Kochsendungen im TV, lässt sich inspirieren, nimmt Weintipps auf oder besucht vielleicht sogar ein Weinseminar. Das neue Wissen, die Lust am Genießen möchte man auch selbst umsetzen, mit einem Weinlagerschrank. Hinzu kommt, dass diese luxuriösen Geräte in großen Wohn-Essbereichen oder geräumigen Küchen ein optisches Highlight darstellen und sehr repräsentativ wirken. Natürlich ist der Markt hierfür nicht riesig, aber wir gehen davon aus, dass er sich konstant weiterentwickelt.“

Hoch emotional
Stephan Höfler, Produktmanager für den Bereich Kühlen ­Electrolux Deutschland, sieht darin eher „ein Nischenprodukt mit geringer Bedeutung“, während ­Gaggenau Geschäftsführer Peter Bruns dazu sagt: „Gaggenau steht für kultivierte Lebensart und exklusive Kochkultur. Dazu gehört natürlich auch der Genuss von perfekt temperiertem Wein. Insofern ist das Thema Wein lagern und temperieren für Gaggenau sehr wichtig.“ Die Exklusiv-Marke setzt auf eine nachhaltige Qualitätsförderung, pflegt „Genuss-Allianzen“ und kooperiert im Bereich Kulinarik und Wein nur mit den Besten: Beim Wein sind dies die VDP Prädikatsweingüter – rund 200 Mitglieder, die konsequent auf Qualität setzen und Weine nur aus ersten Lagen erzeugen. Deshalb gelten sie als die Topadresse. 
Für Ulrich Twiehaus, Leiter Marketing und Kommunikation Siemens-Electrogeräte Deutschland sind „Weinlagerschränke in Deutschland ein eher zielgruppenspezifisches Thema. Für diese Zielgruppe ist das Thema jedoch hoch emotional“.

Wunsch nach Qualität
Man könnte noch weitere Hersteller und Vertreiber zitieren. Interessant erscheint jedoch die Frage, worauf die Käufer bei diesem Nischenprodukt Wert legen und ob es Produktveränderungen bzw. -adaptionen an Verbraucherwünsche gibt? Kersten E. Hoppe, einer der Vorstände der coolGiants AG – u.a. Vertreiber von Weinklimaschränken der amerikanischen Edelmarke Sub-Zero – beobachtet in diesem Segment eine steigende Nachfrage nach Qualität, besonders hinsichtlich Material, Funktionalität und Design.

Verbraucherwünsche aufnehmen
Die EuroCave AG, die seit über 30 Jahren mit einer eigenen Entwicklungsabteilung den Bedarf und Anspruch von Weinliebhabern bezüglich einer optimalen Weinklimatisierung analysiert, setzt auf „KAIZEN“ bzw. eine ständige Verbesserung. Dazu Stephan Kohmann aus dem Vorstand der deutschen Eurocave Niederlassung in Baden-Baden: „Die EuroCave-Gerätetypen werden kontinuierlich auf die sich verändernden Verbraucherwünsche angepasst bzw. weiterentwickelt.“ Beispielsweise beim Innen- und Außen-Design.

Handgefertigte Holzborde
Liebherr bietet mit 30 Modellen das umfangreichste Programm mit modernster Klimatechnik für eine perfekte Lagerung und Temperierung edler Weine. „Interessant ist die Nachfrage auf Käuferseite in diesem Segment nach Geräten mit Glastüren sowie naturbelassenen Holzborden, die stabil, handgefertigt und optimal auf die sichere Lagerung von Bordeaux-Flaschen abgestimmt sind“, erläutert Marketingleiter Günther Sproll. Innerhalb des Produktsegments bestätigt auch er eine stärkere Nachfrage nach Weintemperierschränken als nach Geräten zum Lagern von Spirituosen.

Mehr Standgeräte
Die Redaktion wollte wissen, welche Gerätetypen sich am besten verkaufen? „Standgeräte nehmen den größeren Teil ein, wobei Einbaugeräte in den letzten Jahren zugelegt haben“, sagt Sproll. Bei Eurocave verkaufen sich vorrangig Standgeräte mit einem großen Fassungsvermögen und einer komfortablen Regal­ausstattung. Zum Beispiel Auszugsregale für eine Langzeitlagerung (Schwerpunkt Privatklientel) bzw. für die Temperierung (Gastroklientel).

Optimal platzieren
Was könnte man tun, um dieses Nischenprodukt finanziell potenten Käufern näher zu bringen? Welche Tipps haben die Hersteller für den Fachhandel, wenn er dieses Segment in seiner Ausstellung forcieren bzw. neu aufnehmen möchte? „Wichtig ist in erster Linie, ein Gerät in der Ausstellung optimal zu platzieren. Kunden lernen und kaufen durch Anfassen“, betont Stephan Kohmann. „Wichtig ist auch eine gute Produktkenntnis, die durch Schulung aufgrund der Vielfalt bei EuroCave vermittelt wird.“
Liebherr-Marketingchef Günther Sproll nimmt diesen Gedanken auf und hat gleich ein attraktives Produkt zur Hand: „Mit dem Weinklimaschrank WKEes 553 steht ein Gerät für die Integration in eine 45-cm-Möbelnische zur Verfügung. Es kann somit optimal in einer Ausstellung in die Küchenzeile integriert werden. Das Gerät ist mit modernster Klimatechnik ausgestattet und bietet alles, was für die perfekte Lagerung und Temperierung von Weinen notwendig ist.“

Die Sinne ansprechen
Spezielle Degustationen in den Ausstellungsräumen des Fachhandels wären eine weitere Option. „Der Kunde muss das Kirschholz unserer Weinablage riechen, die Qualität des Edelstahls spüren und das Schließen der Tür, vergleichbar einer Luxuslimousine, fühlen können“, sagt Kersten E. Hoppe von der ­coolGiants AG. Vorrangig sei das emotionale Erleben, dann erst folgten die technischen, perfekt lösungsorientierten Details. „Die Sub-Zero Fachhändler bieten dies regional mit ortsansässigen Weingütern oder Weinhändlern an.“
„Dies funktioniert auch“, meint ­Stephan Kohmann von Eurocave, „wird aber nur zu einem kleinen Teil bislang durchgeführt. Das Gros der Küchenfachverkäufer hat wenige Weinkenntnisse, manchmal vielleicht auch zu wenig Zeit, um auf das Nischenprodukt Weinklimaschrank im Küchenhandel umfangreicher einzugehen. Meist geht der Impuls vom Kunden selbst aus.“ (acg)

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