02.08.2017

Der letzte Pausengong ist längst verhallt. Doch jetzt geht es zurück auf die Schulbank. Und das sogar freiwillig. Auf dem Stundenplan stehen Produktion, Technik und Design von Dunstabzugshauben „Made in Germany“. Ein Besuch in der berbel Akademie in Rheine.

Akademie-Leiter Daniel Bischoff (Foto 2. von rechts) erläutert einigen Schulungsteilnehmern den Qualitätsanspruch von berbel am Beispiel einer „Skyline round“. Bis zu fünf Stunden ist der Mitarbeiter mit der Montage dieses Modells beschäftigt. Verbaut werden bis zu 620 Einzelteile. Foto: Biermann

Seit rund eineinhalb Jahren gibt es die berbel Akademie. 750 Händler haben bislang an den Schulungen teilgenommen. Vermittelt werden grundlegende Infos zu Unternehmen und Produkt. Schulungen zu speziellen Technik- und Planungsthemen könnten bald folgen. Foto: Biermann

Im Labor: diese Menge Fett wurde innerhalb von nur 15 Minuten aus den Kochwrasen eines Testdurchgangs abgeschieden. Foto: Biermann

Kochwrasen, die am Rand des Kochfeldes entstehen, ziehen gern seitlich an der Haube vorbei. Bei der Wandhaube „Glassline“ werden die Wrasen in die Mitte des Abzugs gezogen, wie dieses Foto dokumentiert. Foto: Biermann

„Made in Germany“: Rund 38.000 Hauben fertigte berbel im Jahr 2016. Besonders erfolgreich sind die Deckenlifthaube „Skyline“ und die „Ergoline“-Modelle. Foto: Biermann

Das hat Gewicht: Hier testet Schulungsteilnehmer Markus Schlottmann (Geschäftsführer Küchenlounge Wagenfeld, Foto links) eine der robusten Komponenten einer berbel-Haube. Foto: Biermann

Schnappschuss am Rande: Die Reklamationsabteilung von berbel kommt mit einer Grundfläche von 36 qm aus und ist wenig frequentiert. Foto: Biermann

Blick in den Showroom am Firmensitz in Rheine. Foto: Biermann

Daniel Bischoff leitet die berbel Akademie. Wenn er nicht gerade Schulungen im Haus durchführt, ist er mit dem „berbel Truck“ bei Händlern vor Ort oder präsentiert das Unternehmen und dessen Produkte auf Messen. Foto: Biermann

Ein Blick in die Preisliste und der Fall scheint klar: berbel Hauben sind keine Schnäppchen. Die meisten Modelle liegen preislich zwischen zwei- und dreieinhalbtausend Euro. Drunter geht auch was, doch das Gros des Sortiments blickt bevorzugt in ambitionierte Regionen des Marktes. Die erfolgreiche Deckenlifthaube „Skyline“ zum Beispiel beginnt bei knapp unter 5000 Euro. Zur LivingKitchen stellte das Unternehmen eine ganz besondere Variante des Designerdunstabzugs vor: die „Skyline Sound“ mit edler Audio-Ausstattung aus dem Haus T+A (Herford). Rund 10. 000 Euro kostet dieses Luxusmodell für das gewisse Etwas mehr in der Küchenausstattung. Zu viel für eine Haube? Für viele Kunden sicher. Doch finanzkräftige und musikaffine Kunden lieben die Idee: Seit Januar sind bereits 200 Bestellungen eingegangen. Beispiele wie diese zeigen: berbel Hauben sind in der Breite und Spitze sicher nicht dass, was landläufig als Schnäppchen gilt. Der Blick hinter die Kulissen offenbart jedoch auch: Die Manufakturqualität „Made in Germany“ ist ihren Preis wert.

Starkes Wachstum
So scheinen es auch immer mehr Küchenfachhändler und private Küchenkäufer zu sehen. Denn das Unternehmen wächst kontinuierlich. Zuletzt in Größenordnungen von bis zu 20 % jährlich. Wobei der Umsatz von 42 Mio. Euro (2016) aktuell zu 91 Prozent im Inland erwirtschaftet wird. Die Exporte in die benachbarten Länder sollen jedoch forciert werden. Im laufenden Wirtschaftsjahr hat sich die Umsatzentwicklung vergleichsweise beruhigt, liegt aber immer noch bei 7 %. Erwartet werden Erlöse von rund 45 Mio. Euro.
Eng verbunden ist die positive wirtschaftliche Entwicklung mit dem Eintritt von Geschäftsführer Peter Ahlmer im Jahr 2009. Der Diplom-Ingenieur hat es verstanden, die einzigartige berbel-Technik mit der patentierten Zentrifugalabscheidung mit weiteren Technologien und anspruchsvollem Design zu verknüpfen und das Unternehmen mit einer neuen Mutter im Rücken auch finanziell auf tragfähige Beine zu stellen. Seit 2012 gehört berbel zur Schweizer Wesco AG.
Ahlmer leitet das operative Geschäft des Unternehmens zusammen mit Geschäftsführerin Nina Feldmann, die alle kaufmännischen und finanziellen Dinge managt. Dazu zählen auch die Personalangelegenheiten. 145 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen aktuell. Peter Ahlmer ist für Technik, Produktion, Marketing und Vertrieb zuständig. Ab September erhält das Unternehmen im Vertrieb fachkundige Unterstützung von Markus Wegmann, bislang Vertriebsleiter bei Franke in Bad Säckingen. Und zur Vollständigkeit: Dritter Geschäftsführer im Bunde ist Beat Ernst als Vertreter der Schweizer Muttergesellschaft Wesco. Bei der Entwicklung des mehrfach mit Preisen ausgezeichneten Designs arbeitet das Unternehmen mit dem Industriedesigner Stefan Ambrozus aus Köln zusammen.

Reise durch die berbel-Welt
Basisinformationen wie diese erhalten auch die Besucher der berbel Akademie. Im Mittelpunkt der eintägigen Schulungen (verteilt auf einen Nachmittag und einen Morgen) stehen aber eher die praktischen Details rund um die Haube und die Haubenplanung. Jede Woche nimmt Akademieleiter Daniel Bischoff bis zu zehn interessierte Planer und Händler mit auf die Reise durch die berbel-Welt, erläutert Technik, Funktionsprinzip, Designmerkmale und Montagebesonderheiten, geht auf Verkaufsargumente ein und führt durch die Produktion. Seit rund eineinhalb Jahren gibt es die Akademie nun. In dieser Zeit haben etwa 750 Händler die Gelegenheit genutzt, sich mit ihrem Lieferanten lebendig und praxisnah auszutauschen. Manche nutzen das Angebot zur Auffrischung ihrer Sortiments-Kenntnisse, wollen Messeeindrücke intensivieren oder sich noch vertrauter mit den Besonderheiten der Technik machen, anderen geht es schlicht darum, das Unternehmen in Gänze besser kennenzulernen. Sprich: Was macht berbel aus? Was ist das Besondere an den Hauben? Wer ist die freundliche Stimme aus dem Innendienst? Und überhaupt: Wie funktioniert eigentlich eine Manufaktur?

Sympathisch transparent
Transparenz ist eine der größten Stärken der berbel Akademie. Umgesetzt wird diese von Daniel Bischoff. Der 29-Jährige ist in seiner beruflichen Rolle das, was in Musikerkreisen gern wertschätzend als Rampensau bezeichnet wird: Selten um eine Antwort verlegen und ausgestattet mit einem breiten Fundus bewährter Kalauer. Er ist ein Kommunikationstalent, der es versteht, das Unternehmen berbel und dessen Produkte facettenreich zum Leben zu erwecken, seine Vorträge und Praxisdemonstrationen haben bei allem Informationsgehalt auch Unterhaltungswert. Daniel Bischoff lebt die Marke. Das kommt bei den Gästen gut an. Und er ist glaubwürdig. Denn bei aller Begeisterung für das eigene Produkt, rutscht er nie in eine platte Verunglimpfung des Wettbewerbs ab. Stattdessen bleibt er ehrlich und spricht auch über Grenzen einzelner Systeme in konkreten Anwendungsfällen.
Nur beste Materialien
Ein besonderes Highlight der Schulung ist der rund zweistündige Rundgang durch die Produktion. Wer sich vorab gefragt hat, was eine Haube ausmachen muss, um 5000 Euro und mehr zu kosten, bekommt auf dem Weg vom Wareneingang bis zum Versand die Antworten präsentiert. Eine lautet: viel Handarbeit. Eine andere: berbel verbaut nur bestes Material. Das beginnt mit dem verwendeten Edelstahl (18/10) in Materialstärken von 0,8 bis 1,2 mm, reicht über leise, leis­tungsstarke und stromsparende EC-Lüfter von ebm-Papst bis hin zu energiesparenden LEDs renommierter Lieferanten. „Billige China-Ware kommt bei uns nicht in die Hauben“, sagt Daniel Bischoff an dieser Stelle des Rundgangs. Diesmal ganz ohne Witz.

Ein Mann, eine Haube
Die berbel-Produktion ist ein Manufaktur-Betrieb, der moderne Technik mit fachlich versierter Handarbeit kombiniert. Besonders deutlich wird dies bei der Montage einer „Skyline“-Deckenlifthaube, die aus rund 620 Einzelteilen besteht. „Ein Mann, eine Haube“ lautet das griffig formulierte Montageprinzip. Während eine Standard-Wandhaube innerhalb von etwa 45 Minuten versandfertig montiert ist, sind es bei einer „­Skyline“ bis zu fünf Stunden.
38 000 Hauben liefert berbel derzeit im Jahr (2016) aus. Die Top-Seller im Sortiment sind die „­Skyline“ Deckenlifthauben sowie die „Ergoline“-Modelle. „Allein diese beiden Serien machen 75 % unseres Umsatzes aus“, berichtet Geschäftsführer Peter Ahlmer.

Immer wieder anders
Während gängige Haubenmodelle in nachgefragten Breiten auf Lager produziert werden und damit in der Regel kurzfristig abrufbar sind, erfolgt die Fertigung einer „Skyline“ stets auftragsbezogen. Das liegt auch daran, dass kaum eine „Skyline“-Bestellung der anderen gleicht. Es gibt verschiedene Modelle („Skyline“, „Skyline Edge“, „Skyline Edge Light“, „Skyline Sound“ „Skyline Individual“ und „Skyline Round“) und verschiedene Breiten und Ausstattungsoptionen. Wobei die Urmutter aller Haubenfragen „Umluft oder Abluft?“ für berbel längst keine mehr ist. „Wir empfehlen ‚EcoSwitch’“, pariert Daniel Bischoff die entsprechende Anmerkung trocken.
Bei der „EcoSwitch“-Funktion“ lässt sich der Betrieb auf Tas­tendruck zwischen Um- und Abluft wechseln. Sommer-Winter-Schaltung wird dazu auch gesagt. Weitere berbel-typische und modellübergreifende Ausstattungsoptionen sind Technologien wie der „Permalyt“-Umluftfilter (wartungsfreies katalytisches Prinzip mit einer Geruchsbindung von 97 % laut Hersteller) und „JetStream“ (ermöglicht im Zusammenhang mit „EcoSwitch“ den Abluftbetrieb bei einer Deckenlifthaube) sowie neu seit der LivingKitchen in diesem Jahr das „AutoRun“-Modul (nimmt die Haube automatisch in Betrieb, wenn das Kochfeld eingeschaltet wird) und das „KNX-RF-Modul“ (ermöglicht die Einbindung von „Skyline“-Modellen in die Hausautomatisation). Hinzu kommt die patentierte Sekundärbelüftung „BackFlow“ (für Wandhauben) bzw. „CenterFlow“ (für Inselhauben). Dabei werden etwa 7 % der gereinigten Luft an der Rück- bzw. Unterseite der Haube zurückgeführt und über die Glasfront geleitet. Das verhindert die Kondensat- und Tropfenbildung an der Glasfläche.

Abscheiden statt filtern

Prägnanteste berbel-Technologie mit Alleinstellung ist aber weiterhin die patentierte Zentrifugalabscheidung. Konzipiert wurde diese in ihrer ursprünglichen Form Anfang der 2000er-Jahre von den berbel-Gründern Matthias Weibel und Udo Berling. Inzwischen wurde die Technik um weitere Patente ergänzt. Kernaspekt der Technologie ist der fettfilterfreie Dunstabzug. Statt die Kochwrasen durch einen mehrlagigen Edelstahlfilter zu leiten, wird die Abluft im Innern der Haube zweimal bogenförmig umgelenkt. Dabei entstehen Fliehkräfte (Zentrifugalkraft), durch die Fette und Öle aus der Luft herausgeschleudert werden. Gesammelt werden die Reste in einem speziellen Behälter, der anschließend mit einem Tuch gereinigt werden kann. „Aufklappen, auswischen, fertig“, lautet der dazugehörige Slogan.
Der Verzicht auf den Fettfilter habe mehrere Vorteile, erläutert der Hersteller: volle Saugkraft, weniger Strömungsgeräusche und verminderte Brandgefahr gehören dazu. „Schließlich entstehen 95 % aller Küchenbrände an der Dunstabzugshaube“, erinnert Daniel Bischoff. Der Auffangbehälter selbst ist leicht zu öffnen und zu entnehmen und kann je nach Baugröße auch in der Spülmaschine gerei­nigt werden.
Die Fettabscheidung per Zentrifugalkraft kombiniert berbel mit dem sogenannten „Capillar Trap“. Dabei handelt es sich um ein zweiwandiges Lochblech, das zusätzlich feinere Fettpartikel entfernt. Das funktioniert mit natürlichem Unterdruck. In der Summe gibt das Unternehmen den Fettabscheidegrad seiner Hauben mit „bis zu 97 %“ an. Davon gehen „3 bis 7 %“ auf das Konto des „Capillar Trap“.
Die Geruchsbindung im Umluftbetrieb liegt ebenfalls bei 97 % (gemessen nach DIN EN 61591). Zum Einsatz kommt hier – neben dem optionalen „Permalyt“-Filter – der berbel Umluftfilter mit 4 Kilo Aktivkohle. Je nach Kochintensität halten die Filter zwei bis drei Jahre. Ist der Aktivkohlefilter gesättigt, bietet das Unternehmen Nachfüllpacks an. Dabei wird nur das Kohlegranulat gewechselt, der Filter selbst kann weiter verwendet werden. Das ist umweltfreundlich und im Vergleich zum kompletten Filtertausch sehr viel günstiger. Ein Schnäppchen eben. (Dirk Biermann)

www.berbel.de