25.09.2018

Fast exakt 4 % mehr Wachstum im 1. Halbjahr 2018. Damit ist die deutsche Küchenmöbelindustrie auf den Wachstumspfad zurückgekehrt – und die Alno-Pleite ist auch statistisch verdaut. Schelte gab es bei der traditionellen VdDK-Jahrespressekonferenz für die Vermarktungsqualität der Großfläche.

Dr. Lucas Heumann: „Verbraucher erwarten mehr als durchgestrichene Preise und Rabattschlachten.“ Foto: Biermann (Archiv)

Die Küchenmöbelindustrie hat im ersten Halbjahr 2018 ihren Umsatz überproportional steigern können, nämlich um 4,01 %. Der Umsatzzuwachs bezog sich sowohl auf das Inlandsgeschäft mit einem Umsatzplus von 1,96 % als auch insbesondere auf das Auslandsgeschäft mit einem Umsatzzuwachs von 7,16 %. „Die vorübergehende Umsatzschwäche im Jahr 2017 mit einem Gesamtrückgang von -3,75 % konnte damit umgekehrt werden.“ So beschreibt Dr. Lucas Heumann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Küchenmöbelindustrie (VdDK e.V., Herford), die wirtschaftliche Lage seiner Branche anlässlich der traditionellen Jahreswirtschaftspressekonferenz am Rande der Messeveranstaltung Küchenmeile A30 in den Räumlichkeiten der area30

Zurück auf den Wachstumspfad
Der Verband verweist darauf, dass die Ausgangslage zu Beginn 2018 eigentlich ungünstig gewesen sei. Denn das zweite Halbjahr 2017 hatte – geprägt durch die Insolvenz und den Produktionsstopp der Alno AG – einen deutlichen Umsatzrückgang gezeigt, der die deutsche Küchenmöbelindustrie erstmalig seit 15 Jahren aus der gewohnten Erfolgsspur zu drängen drohte. Im ersten Halbjahr 2018 sei es nunmehr gelungen, auf den Wachstumspfad der letzten Jahre zurückzukehren. So erwirtschaftete die deutsche Küchenmöbelindustrie per 30. Juni einen Umsatzzuwachs von 4,0 %. „Damit ist die Küchenmöbelindustrie in der deutschen Möbelindustrie die Sparte mit der höchsten Wachstumsrate“, teilt der Verband mit. Wesentlicher Umsatzmotor war wie schon in den Vorjahren auch im ersten Halbjahr 2018 das Auslandsgeschäft. Laut VdDK konnten die Unternehmen der Küchenmöbelindustrie die Auslandsumsätze um 7,1 % steigern. „Die Exportquote überschritt damit erstmalig die 40-Prozent-Marke“, berichtete Dr. Lucas Heumann. Konkret sind es 40,63 %.

Fachhandel trägt Wachstum im Inland

Das Inlandsgeschäft konnte im ersten Halbjahr 2018 ebenfalls gesteigert werden. Wenngleich geringfügiger im Vergleich zum Export. Die Wachstumsrate lag mit 1,9 % deutlich unterhalb des Levels des Auslandsgeschäfts. Dazu Dr. Heumann: „Darüber, wie dieses Wachstum sich auf unterschiedliche Segmente bzw. Vertriebswege verteilt hat, liegen uns leider keine zuverlässigen statistischen Zahlen vor.“ Der Verbandsgeschäftsführer wagte allerdings die These, dass das Wachstum im Inland fast ausschließlich dem qualifizierten Fachhandel zu verdanken sei.
Dr. Lucas Heumann dazu: „Das Absatzproblem der deutschen Küchenmöbelindustrie im Inland ist eigentlich ein Problem der Großfläche. Diese hat sich nach unseren Feststellungen im ersten Halbjahr 2018 deutlich schlechter entwickelt als der qualifizierte Fachhandel. Wir halten das auch nicht für überraschend. Die Großfläche vermarktet fast ausschließlich über den Preis. Andere Faktoren – wie eine qualifizierte Beratung, ganzheitliche Einrichtungskonzepte, ein hoher Servicegrad und sonstige weiche Faktoren – spielen bei den Vermarktungskonzeptionen der Großfläche leider eine geringere Rolle.“

Rabattschlachten lösen keine Kaufanreize aus

Dieses preisfixierte Geschäftsmodell funktioniert nach Auffassung des VdDK nicht mehr. „In Zeiten wirtschaftlichen Wohlstands mit einer sinkenden Arbeitslosigkeit und in einzelnen Regionen sogar mit Vollbeschäftigung, mit steigenden Reallöhnen, einer boomenden Bauindustrie, niedrigen Zinsen und einer hohen Konsumneigung der Verbraucher erwarten diese mehr als durchgestrichene Preise und Rabattschlachten“, so Dr. Heumann.
Und weiter: „Das Problem des Möbelabsatzes ist nicht, dass der Verbraucher zu wenig Geld hätte. Das Problem ist, dass er damit andere Produkte kauft. Folglich kommt es nicht darauf an, sich wechselseitig mit Rabattschlachten zu überholen, sondern durch ganzheitliches Marketing Emotionen zu erzeugen, Begehrlichkeiten zu wecken und die Lust am Einrichten zu steigern! Das hauptsächlich preisorientierte Geschäftsmodell der Großfläche ist dazu offenbar wenig geeignet.“

Exportzuwächse in nahezu allen Schlüsselmärkten

Betrachtet man die Entwicklung der Auslandsumsätze nach einzelnen Regionen, liegen von den zehn umsatzstärksten Auslandsmärkten der deutschen Küchenmöbelindustrie aktuell sieben im Plus – davon drei sogar zweistellig. Rückläufig waren im ersten Halbjahr 2018 lediglich die Schweiz mit -5,9 %, Großbritannien mit -2,3 % und die USA mit -8,7 %.
Mit dieser Exportentwicklung konnte die deutsche Küchenmöbelindustrie auch ihren Exportüberschuss weiter steigern. Dies umso mehr, da die Importe – die wertmäßig nur ca. 5 % des Exportvolumens ausmachen – weiter zurückgingen, nämlich um -8,73 %. Besonders stark sanken die Importe an Küchen aus Italien (-20,6 %) und Frankreich (-30,6 %).

Küchen-Kompetenz in Polen und Ungarn

Bei den Einfuhren sei allerdings auffällig, dass erstmalig Importe von Küchen aus Polen (+12,7 %) und Ungarn (+9,6 %) zugenommen haben. Dr. Lucas Heumann: „Die polnische und ungarische Möbelindustrie entwickelt zunehmend Kompetenz auch und gerade im Küchenmöbelsektor. Folglich nehmen Küchenimporte aus diesen Regionen zu, wenn auch von niedrigem Niveau. Die wechselseitige Durchdringung der Märkte mit jeweils aus nationaler Sicht eigenen Produkten ist aber das zwingende und logische Ergebnis offener Grenzen innerhalb der EU und der Globalisierung auch der Küchenmöbelindustrie.“

Online-Vermarktung weiter in der Nische
Unverändert marginal bleibt bei der Küche die Rolle des Online-Handels. Nach Auffassung des VdDK wird sich dies in den nächsten Jahren auch nicht ändern. Dies liegt nach Verbandsmeinung an den Eigenschaften des Produkts „moderne Einbauküche“: So sei grundsätzlich jede Einbauküche eine Einzelanfertigung. In Anbetracht dessen sind die planerischen Anforderungen immens.
Elektronische Instrumente der IT sind dazu noch nicht umfassend in der Lage. Daher werden elektronische Instrumente momentan ausgiebig und mit steigender Tendenz genutzt zur Vorab-Information über Produkte, zur Wahl von Ausstattungsmerkmalen der gewünschten Küche sowie zur Selektion möglicher Hersteller – nicht jedoch als Planungstool des Endverbrauchers.

www.vhk-herford.de