05.08.2016

Sorge vor Datenmissbrauch hemmt smarte Technik

Smarte Technik wird immer beliebter – doch nicht in allen Lebensbereichen und nicht in jeder Altersgruppe. Das hat eine vom IFA-Veranstalter gfu in Auftrag gegebene Studie festgestellt. In Deutschland verbreitet ist die Furcht vor Datenmissbrauch.

Digitalisierung und Vernetzung dringen immer weiter in den privaten Bereich vor, die Steuerung des Haushalts per App und Smartphone oder Tablet ist für immer mehr Menschen interessant. Doch die Begeisterung und Nutzung sind abhängig von der angebotenen Lösung und die Altersgruppen unterscheiden sich deutlich darin, ob sie einer Technologie positiv oder eher zurückhaltend gegenüberstehen. Bei aller Technologieoffenheit liegt beim Konsumenten ein eher klassisches Thema weiter im Trend: Die Zubereitung und der Genuss von Speisen. Das sind Teilergebnisse einer repräsentativen europaweiten Studie, die im Auftrag der gfu Consumer & Home Electronics GmbH im Mai dieses Jahres von Value_A Marketing Intelligence durchgeführt wurde. 1.000 Haushalte in Deutschland und weitere 4.000 aus vier anderen europäischen Ländern (Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien) wurden über Einstellung, Nutzungsverhalten und Kaufabsichten in Zusammenhang mit elektrischen und elektronischen Produkten online befragt.

Unabhängig vom TV-Programm
Die Verbindung zum Internet ist inzwischen für die große Mehrheit der Konsumenten zur Selbstverständlichkeit geworden. In drei von vier deutschen Haushalten steht ein Internet-Router, jeder zweite Haushalt verfügt über einen Tablet-PC und ein Smartphone besitzen 83 Prozent. Bei den 16- bis 39-Jährigen sind sogar 95 Prozent Smartphone-Besitzer, bei den über 60-Jährigen immerhin mehr als zwei Drittel, nämlich 68 Prozent. Selbst die TV-Geräte der deutschen Haushalte sind inzwischen mehrheitlich (53%) Smart TVs, also Geräte, die mit dem Internet verbunden werden können. Zwar nutzen nicht alle Besitzer eines solchen TV-Geräts die Online-Funktionen, aber in 31 Prozent der deutschen Haushalte wird regelmäßig auf Inhalte zugegriffen, die keine klassische TV-Ausstrahlung sind, sondern per Internet-Verbindung auf den Bildschirm geliefert werden. Besonders häufig (58%) werden in Deutschland die Mediatheken der TV-Sender angewählt. YouTube und andere Video-Clip-Anbieter stehen auf Platz zwei mit 56 Prozent und auf kostenpflichtige Video-On-Demand-Angebote greift inzwischen fast jeder zweite (48%) Smart TV-Nutzer zu. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei der Mediatheken-Nutzung auf dem ersten Platz. Beim Abruf von Videoclips liegen Italien (68%) und Spanien (64%) vorn, bei kostenpflichtigen Video-On-Demand-Angeboten die Briten mit 54 Prozent.

Bereitschaft zu zahlen, steigt
Doch egal welches Online-Angebot genutzt wird, deutlich ist, dass das TV-Gerät immer häufiger für Dienste jenseits der klassischen TV-Ausstrahlung eingesetzt wird und der Zuschauer zunehmend bereit ist, auch kostenpflichtige Dienste zu nutzen. Während im vergangenen Jahr 16 Prozent der Befragten angaben, dass sie bereit sind für Inhalte zu bezahlen, lag die Bereitschaft 2016 bereits bei 23 Prozent. 38 Prozent geben an, dass sie Sendungen häufiger unabhängig von den Ausstrahlungszeiten anschauen. Bei der Altersgruppe der 16- bis 39-Jährigen schaut sogar mehr als die Hälfte (53%) regelmäßig zeitunabhängig. „Die Zeiten, in denen bestimmte Sendungen zu vorgegebenen Zeiten geschaut wurden, sind für große Teile der Zuschauer vorbei. Immer mehr Menschen schauen ihre Sendungen dann, wann sie es wollen – unabhängig von den eigentlichen Ausstrahlungszeiten. Der Anschluss des TVs an das Internet ermöglicht es den Zuschauern, die Zeiten ihres TV-Konsums frei zu gestalten und unterstützt in einem zeitgemäßen Lebensstil“, erläuterte Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der gfu, bei der Vorstellung der Studie im Vorfeld der Elektronikmesse IFA.

Gesundheitsdaten erfassen
Auch vernetzte Gesundheitsgeräte, zum Beispiel um Blutzucker oder Blutdruck zu messen, seien für viele Menschen interessant. 17 Prozent haben hier eine Kaufabsicht. Mit 21 Prozent liegt wieder die Altersgruppe der 16- bis 39-Jährigen vorn. Bei den über 60-Jährigen haben nur 14 Prozent eine Kaufabsicht. Auch sind hier die Kaufgründe anders gelagert: 60 Prozent der Kaufwilligen über 60 geben an, dass sie aus gesundheitlichen Gründen regelmäßig Gesundheitsdaten messen müssen.
Mehrheitlich sehen die Deutschen laut Studie vernetzte Gesundheitslösungen positiv. Zwei Drittel (66%) sehen durch solche Lösungen weniger Einschränkungen für chronisch Erkrankte und 59 Prozent sehen die Möglichkeit, dass durch Telemedizin die Kosten im Gesundheitswesen reduziert werden. Aber es gibt auch Befürchtungen: Dass der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patient verlorengeht vermuten 35 Prozent, Datenmissbrauch durch Dritte befürchtet fast die Hälfte (49%).

Hemmnisse fürs Smart Home
Die Furcht vor einem Datenzugriff durch Fremde besteht auch in einem anderen Bereich der digitalen Vernetzung, dem Smart Home. 61 Prozent der Deutschen befürchten, dass bei einem vernetzten Haus Fremde von außen die Steuerung übernehmen könnten. Mit dieser Furcht sind sie in Europa nicht allein. Ähnliche Befürchtungen haben 69 Prozent der Spanier, 60 Prozent der Briten und 57 Prozent der Franzosen und immerhin jeder zweite Italiener.
Doch trotz solcher Befürchtungen stehen Lösungen für das smarte Haus hoch im Kurs. In Deutschland wollen 29 Prozent Alarmsensoren einsetzen, die beispielsweise über geöffnete Türen, Bewegungen oder Rauchentwicklung informieren. Vernetzte Kameras wollen 21 Prozent einsetzen. Gefolgt von der Heizungssteuerung, Jalousien- sowie Garagentorsteuerung (je 20%) und Lichtsteuerung (19%). Informationen vom Kühlschrank über vorhandene Lebensmittel möchten 16 Prozent erhalten, 14 Prozent wollen ihre Waschmaschine per App steuern.
„Das hohe Interesse an Smart Home-Lösungen zeigt, dass hier ein großes Potenzial für den Handel und die Hersteller liegt. Jetzt muss weiter daran gearbeitet werden, die Befürchtungen der Konsumenten im Hinblick auf Datensicherheit abzubauen und Lösungen anzubieten, die einfach zu installieren und zu steuern sind und nicht durch Komplexität abschrecken“, so Hans-Joachim Kamp. Der gfu Aufsichtsratsvorsitzende ergänzt: „Ein weiterer Hemmschuh bei der schnelleren Verbreitung ist derzeit die Vielzahl nicht miteinander kompatibler Lösungen. Hier müssen die Anbieter weiter für gemeinsame Standards zusammenarbeiten.“

Lust auf gute Küchenausstattung
Im Bereich der Haushaltsgeräte für die Küche stehen die Zeichen inzwischen auch auf technologische Aufrüstung. In 27 Prozent der deutschen Haushalte wird aktuell auf einem Induktionskochfeld gekocht, weitere 20 Prozent planen eine solche Anschaffung. Sehr beliebt sind auch Heißluft-Fritteusen, 21 Prozent wollen hier in den kommenden anderthalb Jahren investieren. 19 Prozent wollen ein Multifunktions-Küchengerät anschaffen, 17 Prozent in einen Dampfgarer investieren und 16 Prozent der Deutschen wollen sich einen Smoothie-Maker zulegen, um gesunde Drinks selbst zuzubereiten. Die aktuelle Küchengeräte-Ausstattung fällt in Europa derzeit recht unterschiedlich aus. Während Deutschland erst zu einem Viertel (27%) per Induktion kocht, sind es in Spanien 44 Prozent der Haushalte, die diese Technologie nutzen. Multifunktions-Küchengeräte stehen in 13 Prozent der deutschen Küchen, aber fast in der Hälfte (47%) der italienischen. Und auf das Dampfgaren setzt bereits heute fast jeder zweite (46%) Franzose und nur jeder fünfte (20%) Deutsche.

Lieber für den Partner kochen
Auch bei ihrer Einstellung zum Kochen unterscheiden sich die Nationen. Jeweils fast die Hälfte der Italiener (47%) und der Franzosen (46%) sagen, dass sie gern für Gäste kochen. Nur ein knappes Drittel (32%) der Deutschen behauptet das von sich. Ein Grund könnte die in Deutschland im Vergleich nicht so ausgeprägte Inspiration durch Kochshows sein. Mehr als die Hälfte (51 %) der Italiener sagt von sich, dass sie gern Kochshows im Fernsehen schauen. Bei den Deutschen sind es nur 31 Prozent. Doch auch wenn andere Nationen anscheinend mit noch mehr Begeisterung kochen, so ist das Thema Kochen auch in Deutschland sehr positiv besetzt. 55 Prozent der Deutschen kochen gern für Partner und Familie, 46 Prozent sagen, dass sie gern viel Zeit für die Zubereitung gesunder Nahrung verbringen um ihrem Körper etwas Gutes zu tun. Nur gemeinsam mit Gästen zu kochen ist weniger beliebt. Nur jeder Fünfte behauptet von sich, dass er gern gemeinsam mit Gästen kocht.

www.ifa-berlin.de

www.gfu.de