20.04.2016

AMK-Mitgliederversammlung: Mannheimer Frühling

Noch nie waren so viele Teilnehmer beim Branchenabend (189), noch nie so viele beim Arbeitsteil (164), noch nie zählte die Gemeinschaft mehr Mitglieder (139) – und schon lange nicht mehr waren die Berichte auf der AMK-Mitgliederversammlung so von Zuversicht und Optimismus geprägt.

Unten: Die Mitgliederversammlung der AMK bietet wichtige Brancheninfos im Minutentakt. Diesmal informierten sich 164 Teilnehmer aus erster Hand über die aktuellen Entwicklungen. Das ist neuer Rekord. Fotos: Biermann

AMK-Vorstandssprecher Dr. Oliver Streit: „Wir bekennen uns sehr deutlich zum Messestandort Köln und zur ­LivingKitchen als internationale Leitmesse.“

„Wir liegen mit unserem Produkt auf der Sonnenseite, müssen den Verbraucher aber im Auge behalten“, mahnte AMK-Vorstandsmitglied Werner Heilos vor allzu großer Selbstzufriedenheit.

„Wir sind sehr, sehr stolz über die Entwicklung der Arbeitsgruppe „China“ und über die Messe CIKB“, sagte AMK-Geschäftsführer Kirk Mangels.

Der Küche geht’s gut. Sehr gut sogar. Auf diesen vereinfachten Nenner lässt sich die Botschaft der AMK-Mitgliederversammlung 2016 bringen. Natürlich gibt es unterschiedliche Firmenkonjunkturen, und so mancher Chef eines kleinen bis mittleren Unternehmen dürfte den durchgehend positiven bis begeisterten Grundtenor nur bedingt mit den eigenen Zahlen aus 2015 zusammengebracht haben, doch bei der AMK stehen Einzelschicksale in der zweiten Reihe. Das ist gar nicht kritisch gemeint. Aber das Wesen des Fach- und Dienstleistungsverbands ist nun mal das Übergeordnete und Branchenübergreifende. Das große Rad eben. Für die praktische Umsetzung ist jeder Einzelne selbst verantwortlich.

Famose Rahmenbedingungen
„Der Konsument kauft gerne und hat dafür genug Geld in der Tasche“ und „Die Exportmärkte haben sich wieder gefangen“ – noch zwei dieser Vereinfachungen, die bei der Ursachensuche für die gute Stimmung weiterhelfen. Tatsächlich sind die Rahmenbedingungen im Inland famos. Die theoretischen GfK-Grundannahmen von Konsumlaune über Einkommenserwartung bis Anschaffungsneigung bewegen sich anhaltend auf hohem Niveau. Und auch die praktischen Details stimmen: Zinsen nahe Null, ein hoher Bestand austauschwürdiger Küchen (mehr als 15 Mio. Stück älter als 15 Jahre), die Küche als Lifestyle-Faktor und Imageträger eines gemütlichen Zuhauses bei gleichzeitig zunehmender Fernreiseunlust ... die Liste für den Erfolg „der Küche“ ist lang, und es schleicht sich das Gefühl ein: Wer jetzt kein gutes Geschäft mit „der Küche“ macht, der macht es nie.

309.000 neue Wohnungen
Selbst das Statistische Bundesamt (Destatis) trägt ihr informatives Scherflein zur real existierenden Küchendynamik bei. Im Jahr 2015 wurde in Deutschland der Bau von rund 309.000 Wohnungen genehmigt. Das waren, so die amtlich bestellten Statistiker, 8,4% oder knapp 24.000 Wohnungen mehr als im Jahr 2014. Damit hat sich eine seit 2009 positive Entwicklung bei der Zahl der Baugenehmigungen fortgesetzt: Erstmals seit dem Jahr 2000 wurde die Marke von 300.000 genehmigten Wohnungen überschritten. Und Baugenehmigungen, das lernen die Studierenden der Möbelfachschule in Köln schon am Schnuppertag, sind einer der kraftvollsten Treiber für mehr Umsatz im Küchenbusiness. Schließlich zieht jeder Neubau zwei bis drei weitere Wohnungsumzüge nach sich, und jedes Mal wird zumindest geprüft, ob die vorhandene Kücheneinrichtung noch taugt. Werner ­Heilos, MHK-Vorstandsvize und AMK-Vorstandsmitglied, hatte wahrlich nicht übertrieben, als er seinen „Rechenschaftsbericht des Vorstandes zur wirtschaftlichen Lage der Branche“ mit den Worten begann: „Ich habe durchweg positive Zahlen mitgebracht und vielversprechende Ausblicke für 2016.“ Apropos 2016: Das hat im ersten Quartal tatsächlich hoffnungsvoll begonnen. Selbst für die Firmenchefs kleinerer und mittlerer Unternehmen, die sich im Schatten der Branchenriesen eine rentable Nische aufbauen und initiativ mit Leben füllen müssen.

Küchenmöbelindustrie wächst
Konkrete Zahlen gibt es auch. Die hatte für die Küchenmöbelhersteller VdDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Lucas Heumann mit nach Mannheim gebracht. Demnach hat die deutsche Küchenmöbelindustrie im vergangenen Jahr ihre Umsätze um 7,04% steigern können auf nun 4,57 Mrd. Euro. Der Zuwachs im Inland lag mit 4,93% (auf 2,9 Mrd. Euro) „wie erwartet“ deutlich niedriger als im Ausland. Dort betrug das Wachstum 10,89% (auf 1,68 Mrd. Euro). Allerdings erwies sich der heimische Markt besonders im 2. Halbjahr 2015 als eine, so Dr. Heumann, „nicht erwartete Umsatzstütze“.
Besonders erfreulich im Jahr 2015: Auch die Durchschnittspreise für Küchenmöbel sind wieder gestiegen. Zuletzt war das Verhältnis von Menge und Wert in Schieflage geraten. Steigende Durchschnittspreise gelten auch für das Gesamtprodukt Einbauküche. Aber das schon seit Jahren stabil nach oben verlaufend – getrieben von innovativen Geräten, komfortabler Innenausstattung und praktischem Zubehör. Auf durchschnittlich 6439 Euro (Endverbraucherpreis inkl. Mehrwertsteuer) pro Küche stiegen die Auftragswerte im deutschen Handel laut AMK. 2014 lag dieser statistische Wert bei 6054 Euro. 2013 waren es 5851 Euro, 2012 5799 Euro und 2011 5651 Euro. Wie immer bei statistischen Küchenzahlen sind die von Ikea verkauften Waren nicht enthalten.
Die Zahlen 2015 für die gesamte Küchenindustrie (außer Ikea) gibt die AMK im Rahmen einer Wirtschaftspressekonferenz am 9. Mai in Köln bekannt.

China ist für viele noch weit weg
Trotz der aktuellen Umsatzerfolge traut die Industrie dem Inland nicht viel zu. Hier seien die Wachstumsmöglichkeiten beschränkt und Zuwächse nur noch über Verdrängung möglich, lautet das seit Jahren geübte Mantra. Folgerichtig schweift das expansionshungrige Auge über die Grenzen. Das Auslandsgeschäft geriet in den vergangenen Jahren indes ins Straucheln. Holland am Boden, Italien im Abgrund, Südosteuropa noch eine Etage tiefer. Selbst aus Frankreich war kaum mehr als ein depressiv gehauchtes „Lala“ zu hören – und wer in Russland unterwegs war, brauchte ohnehin starke Nerven. Bleibt China. Der fernöstliche Klondyke unter den internationalen Küchenmärkten. Aber dieses Eldorado ist für viele Unternehmen der mittelständischen Küchenwirtschaft noch so weit weg wie für einen Sechzehnjährigen der nächste Muttertag.
Dennoch sollte man als produzierendes Unternehmen der Küchenbranche das Reich der Mitte auf dem Zettel haben. Das sagt die AMK und engagiert sich nachhaltig für den Erfolg der Mitglieder in diesem Teil der Welt. Auch und gerade für all jene Unternehmen, die nicht über eine organisatorische Kraft von Branchengrößen wie nobilia, Schüller, Bosch, Miele oder Blanco verfügen. Denn China bietet Platz für viele und hat einen enormen Bedarf an Küchen. Bis zum Jahr 2030 soll sich dieser auf 8,5 Mio. Stück in Privathaushalten summieren, berichtet Andreas Kress, ­zeyko-Geschäftsführer und Sprecher der Projektgruppe „­China“, die sich vor fünf Jahren innerhalb der AMK-Arbeitsgruppe „Internationalisierung“ gebildet hat und in der sich aktuell 28 Unternehmen engagieren. 2050 sollen es bereits 13 Mio. Stück Einbauküche sein, ergänzt Kress. Konservativ geschätzt.
Dies ist ein „gigantisches Potenzial“, und natürlich wollen die Exportweltmeister aus Deutschland ein großes Stück davon abhaben. Aktuell sind es für die Möbler der Branche kaum mehr als einige Krümel. Gerade mal 1,2% der Exportumsätze der deutschen Küchenmöbelindustrie werden in China erwirtschaftet. Das sind etwas mehr als 20 Mio. Euro von insgesamt 1,68 Mrd. Euro Exportumsatz. Aktuell die wichtigsten Exportmärk­te sind Frankreich (Anteil 50%),
Niederlande, Schweiz, Belgien und Österreich. Stark im Kommen ist zudem Großbritannien und auch in Spanien, so hört man, hat sich die Lage erholt. In den Journalen der führenden Gerätehersteller dürften in der China-Spalte allerdings deutlich höhere Werte stehen.

Praktische Infos zu Auslandsmärkten
Mit der Organisation des „1. Strategietages für Entscheider“ hatte die AMK 2015 ein Highlight im Programm. André Dorner, Deutschlandverantwortlicher von Blum und AMK-Vorstandsmitglied, berichtete von 90 Teilnehmern, die sich in Hannover aus erster Hand über die Chancen und Herausforderungen im Export informierten. Der Strategietag gilt als Fortführung und Intensivierung der seit vielen Jahren stark nachgefragten Länderinformationstage. Die wird es auch in 2016 wieder geben. Mit Unterstützung der Koelnmesse und der LivingKitchen werden in den nächs­ten Monaten die Regionen USA/Kanada, Osteuropa (inkl. Russ­land), China und Indien beleuchtet. Termine kennt die AMK-Geschäftsstelle in Mannheim.

Viele Millionen kostenfreie Berichte
Die AMK ist von ihrer Mitgliederstruktur industriegeprägt. Dennoch hat der Handel ein starkes Gewicht, und das merkt man den Aktivitäten an. Insbesondere denen der Arbeitsgruppe „Marketing & Öffentlichkeitsarbeit“. „Lust auf eine neue Küche machen“, lautet der Slogan, der ganz besonders am „Tag der Küche“ gilt. Dieses Instrument hat das Potenzial zum Branchen-Highlight, wird aber auch im 17. Jahr nach wie vor sehr unterschiedlich genutzt. In der Branche und von potenziellen Sponsoren allgemein und bei den jährlich rund 2000 teilnehmenden Händlern im Besonderen. Dabei ist der branchenübergreifende Erfolg immens. Zahlreiche Medien berichten über den „Tag der Küche“ und veröffentlichen viele Millionen kos­tenfreie Berichte. Diese zu erstellen und die Abdrucke anschließend zu zählen, hat sich die Pressestelle des VDM (Verband der Deutschen Möbelindustrie) zur Aufgabe gemacht. Im Auftrag der AMK. Und es gab viel zu sichten im vergangenen Jahr. VDM-Pressesprecher Achim Hannott berichtete den AMK-Mitgliedern von 196 Mio. Presseberichten (adierte Druckauflage) in 2015. Das ist ein neuer Rekord. Wobei die zunehmenden Zahlen der Online-Veröffentlichungen noch gar nicht erfasst werden. Passend dazu bezeichnete Arbeitsgruppensprecher Franz Bahlmann, Geschäftsführer KüchenTreff, den „Tag der Küche“ als eine „wahre PR-Maschine“. Was sogar noch intensiver für die LivingKitchen gilt. In Jahren mit der Kölner Küchenmesse steigen die Veröffentlichungen in der Vor- und Nachberichterstattung noch mal sprunghaft an – um 28%. Das sind in absoluten Zahlen 41 Mio. Abdrucke mehr. Von soviel Aufmerksamkeit können viele andere Branchen, mal abgesehen von der Automobilindustrie, wohl nur träumen. Selbst in der nahen Möbelindustrie und der Einrichtungsbranche insgesamt dürfte so mancher denken: „Mann, geht’s der Küche gut.“ (Dirk Biermann)

www.amk.de