19.09.2015

Manche werden ihn bereits gekannt haben. Doch viele in der Küchenbranche mussten sich erst orientieren. „Otto? Michael Otto? Nie gehört!“, lautete es noch vor Jahresfrist. Das dürfte sich inzwischen geändert haben. „Geschäftsführer Designwerkstatt Forum26“, „Minderheitsgesellschafter Störmer Küchen“ und „Mitgesellschafter Eschebach Küchen“ lauten die Stichwörter, die für Bekanntheit sorgen.

Michael Otto, Geschäftsführer der Designwerkstatt Forum26 sowie Gesellschafter bei Störmer Küchen und Eschebach Küchen. Foto: Biermann

Für einen Journalisten ist es üblich, vor einem Interviewtermin einige Fakten rund um den Gesprächspartner zu recherchieren. Heutzutage natürlich per Suchmaschine. Die ersten drei Einträge, die ­Google zum Suchbegriff „Michael Otto“ auflistet, lauten „­Michael Otto stiftet Milliarden-Vermögen“, „Als Unternehmer ist man nie zufrieden“ und „Blutsbande reichen heute nicht mehr aus“. Ups! Das hört sich bedeutsam an. Doch mit dem gesuchten Michael Otto haben diese Verweise nichts zu tun, es handelt sich hier um Interviews mit dem Versandhauspapst aus Hamburg. Der gesuchte „Küchen-Otto“ kommt aus Iserlohn, hält sich aber oft in Rödinghausen auf. Seit rund einem Jahr – der Küche wegen.

KÜCHENPLANER: Herr Otto, was führt sie in die ­Küchenbranche?
Michael Otto:
Als Geschäftsführer und Inhaber der osa GmbH & Co. KG kenne ich mich recht gut mit den Märk­ten in China und Russland aus. In Asien ist unser Familienunternehmen schon seit 1966 aktiv, in Ost­eu­ro­pa und Russland seit 1997. Wir sind eine Handelsunternehmung und Industrievertretung mit dem ursprünglichen Spezialgebiet Sanitärprodukte. Mitte 2011 kam Christoph Fughe auf mich zu. Damals war er noch Vertriebsvorstand bei Alno und auf der Suche nach tragfähigen Informationen zu diesen Exportmärkten.

Bei Alno sind Sie aber nie richtig angedockt.
Michael Otto:
Der damalige Kontakt war in erster Linie mit Christoph Fughe. Als er Anfang 2012 in Pfullen­dorf ausschied (Anmerkung der Redaktion: 21.2.2012), war der Küchenkontakt erst mal wieder auf Eis.

Und wurde dann doch neu belebt.
Michael Otto:
Geschäfte werden unter Menschen gemacht, das sieht man auch in diesem Fall. Christoph ­Fughe und mich verbindet Sympathie und Vertrauen. Wir sind auf derselben Wellenlänge und spinnen gern einfach mal rum zu geschäftlichen Möglichkeiten. Als ­Christoph bei Störmer als Gesellschafter eingestiegen ist, haben wir die Asien-Russ­land-Idee erneut aufgegriffen.

Alno und Störmer sind jedoch, vorsichtig formuliert, schon sehr unterschiedlich.
Michael Otto:
Keine Frage. Alno ist international präsent und Störmer Küchen, sagen wir es mal so, damals noch nicht.

Das hat sich inzwischen geändert?
Michael Otto:
Wir eröffnen peu á peu neue Showrooms im asiatischen Raum und bringen die Marke Störmer nach vorn.

Man liest über Sie, dass Sie die gesamten Geschäfte von Störmer im asiatischen Raum managen. Stimmt das so?
Michael Otto:
Das ist sicher der Schwerpunkt meiner Arbeit für das Unternehmen.

Man liest weiter, dass Sie Miteigentümer von ­Störmer sind.
Michael Otto:
Genau, ich bin Miteigentümer bei ­Störmer. Das war von Anfang an Grundlage unserer Zusammenarbeit.

Warum überhaupt der Einstieg bei einem Kunden als Miteigentümer?
Michael Otto:
Weil es in Asien sehr viel gewinnbringender ist, wenn man als Eigentümer eines Unternehmens auftritt.

Aber deshalb gleich Miteigentümer eines Küchenmöbelherstellers werden? In Finanzkreisen hängt an diesem Industriezweig nicht gerade ein Zettel mit „Kauf­empfehlung“.
Michael Otto:
Der Einstieg bei Störmer ist ein Baustein von mehreren, was meine Küchenaktivitäten betrifft. Hinzu kommt die Wiedereröffnung des Forum26 als ganzjährige Dauerausstellung. Und die Übernahme der Traditionsmarke Eschebach-Küchen.

Lassen Sie uns erst über das ­Forum sprechen. Das war im vergangenen Jahr eine ziemlich sportliche Angelegenheit.
Michael Otto:
Wir haben am 15. Juli die Verträge unterschrieben und zwei Monate später zur Küchenmeile eröffnet. Und das komplett ausgebucht, was die vermietete Fläche betrifft. 800 m2 sind das. Darauf bin ich richtig stolz.

Als es im vergangenen Jahr hieß, dass das Forum26 wieder ans Netz geht, stöhnten manche in der Branche gequält auf. Wegen der ohnehin schon hohen Termindichte während der Messewoche im September. Und nun noch eine Station...
Michael Otto:
Wir sind ja kein klassisches Messezentrum, sondern ein Netzwerk mit unterschiedlichen Gewerken. Was alle Partner eint, ist das Ziel, Möbel zu gestalten und Räume auszustatten. Aber weniger als Wettbewerber, sondern wirklich als Partner, die sich gegenseitig unterstützen. Das geht bis hin zur gemeinsamen Produktentwicklung. Und so lautet auch unser neues Motto: „Be part of the network“.

Sie haben also Erfolg mit der Strategie einer ganzjährigen Dauerausstellung?
Michael Otto:
Die Küchen­meile ist für uns der Höhepunkt des Jahres. Doch lebendig geht es im Forum auch in der übrigen Zeit zu. Ziel war und ist es, ausländischen Geschäftspartnern in einem Zusammenhang, also auf kleinstem Raum, alles zu präsentieren, was die Küche ausmacht. Wer aus Asien nach Deutschland reist, um sich ein Bild zu machen und Kontakte zu knüpfen, erlebt meist nur einen Mini-Ausschnitt. Weil die Zeit einfach fehlt. In der Designwerkstatt Forum26 bringen wir die Fabriken zum Kunden. Der kann sich konzentriert alles anschauen und dann noch einige Tage weitere Teile Deutschlands bereisen. Dieser Faktor ist nämlich ebenfalls wichtig für unsere Gäste aus Fernost. Und mit der aktuellen Ausstellung, wie sie sich zur Küchenmeile zeigen wird, gehen wir noch einen großen Schritt weiter.

Was wird sich ändern?
Michael Otto:
Im vergangenen Jahr war es wie ein Kennenlernen. Wir hatten namhafte Mieter wie ­Dornbracht, ­Villeroy & Boch oder Schock Spülen – und darum haben sich weitere Küchen- und Wohnraumausstatter unterschiedlicher Größe aus dem mittleren und gehobenen Segment gruppiert. In diesem Jahr belegen wir zusätzlich zum Obergeschoss auch das komplette Erdgeschoss. Also weitere 800 m2 Fläche. Im Erdgeschoss zeigen wir, wie die einzelnen Komponenten im Zusammenspiel wirken. Umgesetzt mit Küchen von Störmer sowie ­Gorenje als Exklusiv-Partner bei der Geräteausstattung. Man könnte auch sagen: Oben Theorie, unten die Praxis.

Sind denn alle Aussteller vom letzten Jahr wieder mit an Bord?
Michael Otto:
Alle, mit Ausnahme von Menke Küchen und Smeg. Diese Kontinuität spricht für die große Zufriedenheit unserer Aussteller mit dem Konzept. Und wir konnten weitere interessante Partner gewinnen.

Sie sprachen von einer gemeinsamen Produktentwicklung. Können Sie das konkretisieren?
Michael Otto:
Zur Küchenmeile im September wird die „Mariella-Ahrens-Küche“ Premiere feiern. Für die Entwicklung dieser Küche haben mehrere Forum26-Partner an einem Tisch gesessen. Traditionell sucht sich der Küchenmöbelhersteller seine Lieferanten und baut in Eigenregie alles zusammen. In diesem Fall ist es ein wirkliches Gemeinschaftsprojekt, in das Kompetenzen aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen geflossen sind. Und der Wunsch sowie das Engagement, ein wirklich tolles Produkt, das bei den Endkunden ankommt, zu schaffen.

Ich gebe es zu: Den Namen „Mariella Ahrens“ musste ich vor unserem Gespräch erst googeln. Ich kannte sie nicht.
Michael Otto:
Das Gesicht wird Ihnen aber bekannt vorkommen: Mariella Ahrens ist eine in Deutschland populäre Fernseh-Schauspielerin, unter anderem mit Rollen in diversen Krimi-Reihen, Fernsehserien und Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen.

Das Gesicht war mir tatsächlich bekannt, stimmt. Ist denn Frau Ahrens ausschließlich Namensgeberin, um bei Küchen­käufern mit dem Promi-Faktor zu punkten?
Michael Otto:
Mariella Ahrens hat bei der Entwicklung konkret mitgewirkt. Sie ist da sehr engagiert.

Für wen soll die Küche sein?
Michael Otto:
Es wird mehrere Modelle in verschiedenen Preisgruppen geben, angesiedelt in einem bezahlbaren, mittleren Marktsegment. Mit zehn Fronten. Die Bandbreite reicht vom Holzdekor bis zu warmen Uni-Tönen.

Und das alles umgesetzt mit der Küchenmarke ­Eschebach. Wie kam es zu diesem Engagement?
Michael Otto:
Die Idee mit Eschebach ist das Ergebnis eines gemeinsamen Brainstormings mit Christoph ­Fughe, von dem ich gesprochen habe. Wir haben einfach mal ungefiltert überlegt, was man bräuchte, um in Asien richtig punkten zu können.

Und dabei sind Sie auf Eschebach gekommen ...
Michael Otto:
Unsere Ideen verfolgen wir natürlich nur weiter, wenn die Aussicht besteht, dass es sich betriebswirtschaftlich rechnet.

Und diese Aussicht besteht in diesem Fall?
Michael Otto:
Für den Export ist die Marke ein Hauptgewinn. Unsere Botschaft „Tradition mit modernem Werk“ kommen in Asien richtig gut an. Unsere asiatischen Kunden lieben Tradition. Der Zusatz „German Kitchen Since 1867“ ist ein ganz wichtiger und emotionaler Faktor.

Wie kam es überhaupt zur Idee mit Eschebach?
Michael Otto:
Den Kontakt hatte Christoph Fughe bereits zu einer Zeit, als er noch mit Modulküchen handelte. Als wir nun recherchierten, stellten wir fest, dass die Marke, übrigens 1867 in Dresden gegründet, die Wende nicht überstanden hatte. Nach drei Insolvenzen war sie seit 2004 endgültig insolvent.
Aber es geht nicht nur allein um eine Marke mit Tradition. Mit Störmer hatten wir uns schon die moderne Fertigung und Logistikanlagen von Brinkmeier-Küchen in Rödinghausen gesichert. Aber ein Werk ohne Marke ist nur die halbe Miete. Jetzt haben wir eine moderne Fertigung und eine traditionsreiche Marke. Und Störmer Küchen profitiert auch davon.

Weil Störmer kürzlich seinen Firmensitz auf das ehemalige Brinkmeier-Gelände an die Industriestraße in Röding­hausen verlegt hat?
Michael Otto:
Verwaltung, Montage und Versand von Störmer Küchen sind von Enger nach Rödinghausen gezogen, die Vorfertigung mit Lager, Sägerei und Laserbekantung ist weiterhin in der Störmer-Immobilie in Enger. Mit der großzügigen und technisch sowie logistisch auf dem aktuellen Stand befindlichen Brinkmeier-Immobilie bot sich die Möglichkeit, Störmer in einem Rutsch grundsätzlich zu modernisieren. Mittelfristig folgt noch die Installation eines modernen ERP-Systems.

Forum26, Störmer, Eschebach, Asien, Russland... wenn ich ihre miteinander verzahnten und aufeinander aufbauenden Küchenaktivitäten so betrachte, ist tatsächlich ein dicker roter Faden erkennbar. Und das alles innerhalb eines Jahres. Kompliment. Diese Entwicklung wird nicht ohne Risiko über die Bühne gegangen sein. Wurde es Ihnen nicht manchmal etwas mulmig bei diesem Tempo?
Michael Otto:
Ich habe vor meinem Einstieg bei osa vier Jahre bei einer Investmentbank in Frankfurt gearbeitet. In dieser Zeit habe ich gelernt, Risiken zu managen – aber nicht blind in ein unkalkulierbares Risiko hineinzulaufen. Fehler macht man im Alltagsgeschäft natürlich immer mal. Das kann vorkommen. Aber bislang waren es immer nur kleinere Dinge, die mit einer flexiblen Kurskorrektur positiv neu gestaltet werden konnten.

Dieses Interview sollte ursprünglich den Menschen ­Michael Otto näher beleuchten, doch jetzt haben sich so viele andere interessante Aspekte gezeigt, dass wir nur zum Teil dazu gekommen sind. Gestatten Sie mir deshalb noch eine abschließende, persönliche Frage. Wie alt sind Sie eigentlich?
Michael Otto: 38.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Otto.

Dirk Biermann

www.forum26-designwerkstatt.de


Zur Person
Michael Otto, Jahrgang 1976, ist seit 2008 geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens osa GmbH & Co. KG, Iserlohn. Vor seinem Eintritt in das elterliche Familienunternehmen war er vier Jahre bei der Dresdner Bank AG in Frankfurt als Investmentbanker. Er ist Absolvent der International School of Management, Dortmund, sowie der European Business School, London, und hat einen Masterabschluss der University of Queensland, Brisbane. Das Unternehmen osa ist als international agierende Handelsunternehmung und Industrievertretung seit 1966 in Asien und seit 1997 in Russland und anderen osteuropäischen Ländern aktiv. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit liegt in der Partnerschaft mit renommierten deutschen und europäischen Herstellern aus der Sanitär-, Armaturen-, Leuchten-, Küchen- und Möbelindustrie und der Begleitung von Export- und Importaktivitäten als Servicepartner der Hersteller. Die Geschichte des Unternehmens und der Gründerfamilie Otto-Hechtenberg lässt sich bis auf das Jahr 1884 zurückführen. Ende des 19. Jahrhunderts wurden z.B. Fliesen der Marke ­Villeroy & Boch nach Tsingtao, China, für den dort ansässigen Deutschen Club exportiert.

www.o-s-a.de