06.02.2015

„Wir dürfen uns die Butter nicht vom Brot nehmen lassen“

Katrin de Louw ist Innenarchitektin. Trends aufzuspüren, Designrichtungen zu erkennen, sie zu beschreiben, bewerten und zu erklären – das ist genau ihr Ding. Im Hinblick auf die LivingKitchen sprach die Geschäftsführerin des neelsen designmanagement und des Servicepoint A30 mit Küchenplaner-Autorin Astrid Plaßhenrich, warum wir eine Leitmesse wie die LivingKitchen in Deutschland brauchen, welche Küchenmodelle es in Zukunft geben muss und warum sie den Begriff „Küche“ als überholt empfindet.

Puristisch: Katrin de Louw zeigt auf die Sichtbetonwand. Foto: Peter Ostermann (www.lichte-punkte.de)

Was haben wir während der LivingKitchen im Januar an Neuigkeiten zu erwarten?
Katrin de Louw: „Der Endverbraucher wird wieder bunter in seiner Einrichtung. Wir dürfen uns auf neue Farben freuen, Pastelltöne beispielsweise. Denn es ist zurzeit ein Gegentrend zu den neutralen Farben spürbar. Aber eines ist auch klar: Weiße und helle Töne werden in Küchen weiterhin den größten Anteil einnehmen.“

Wird es auch neue Materialien in der Küche geben?
De Louw: „Wie schon zuletzt häufiger gesehen, werden Materialien wie Kupfer und Messing vermehrt Einzug in Wohnraum und Küche halten. Aber ich gehe stark davon aus, dass der Messinganteil in den modernen Küchen noch verschwindend gering ist. Dagegen wird er für Wohn- und Esszimmer immer mehr zunehmen.“

Stichwort: Vernetzte Küche?
De Louw: „Ja, klar. Die wird über kurz oder lang kommen. Das steht außer Frage, das haben wir auf der Küchenmeile und der IFA gesehen. Sicherlich werden dazu auch in Köln Neuheiten vorgestellt. Die weiterentwickelte Technik wird uns in Zukunft das Leben  erleichtern, davon bin ich überzeugt. Darüber hinaus werden wir auch Küchenlösungen sehen, die dem demografischen Wandel geschuldet sind. Die Menschen wollen schließlich in ihren eigenen vier Wänden alt werden. Die Küche muss deshalb auf die gesellschaftlichen Veränderungen eingehen.“

Mit welchen Themen wird sich die Küchen­industrie in Zukunft noch beschäftigen?

De Louw: „Ich denke, dass wir noch sehr viel vom Digitaldruck erwarten dürfen. Der Grad der Individualisierung wird dadurch noch einmal verstärkt. Auf einer Designmesse in den Niederlanden habe ich einen Designer kennengelernt, der jeden Freitag eine neue Lampe entwirft und diese mittels aktueller 3-D-Technologie druckt. Das sind dann alles Einzelstücke.“

Warum brauchen wir überhaupt die LivingKitchen?
De Louw: „Machen wir uns doch nichts vor: Wir Deutschen können Küchen verdammt gut. Deshalb dürfen wir uns von den Italienern nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Es wäre falsch, nur nach Mailand zu schauen. Die Küchenmeile in OWL ist wegen der Distanzen für das Publikum aus dem Ausland schwierig. Deshalb ist Köln genau die richtige Wahl, um ein internationales Statement abzugeben. Davon ab: Ich denke allerdings, dass der Begriff Küche inzwischen überholt ist.“

Warum?
De Louw: „Die Küche wird sich auch weiterhin immer weiter in den Wohnraum integrieren. Küchenzeilen und E-Geräte werden immer mehr in der Architektur verschwinden. Die Küche ist nicht mehr ein reiner Arbeitsraum, in dem Essen zubereitet wird. Es ist der Ort, wo sich die Familie trifft, wo Hausaufgaben erledigt oder Partys gefeiert werden. Der Begriff Küche oder Wohnküche wird dem allem nicht gerecht.“

Wie sieht das Wohnen der Zukunft aus?
De Louw: „Die Share Economy wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Davon wird auch die Küche betroffen sein. Denn der Wohnraum in den Großstädten nimmt immer mehr ab, dazu gibt es immer mehr Singlehaushalte. Deswegen werden kleine Küchenlösungen in Zukunft wichtiger werden. Daneben wird es aber auch Wohnlösungen geben, in denen sich mehrere Parteien, eine Küche teilen werden. Die Zahl der Mietküchen wird ebenfalls zunehmen.“

Mietküchen? Was ist das?

De Louw: Für Kochabende mit Freunden braucht man Platz. Den gibt es in den durchschnittlichen Mietwohnungen nur noch selten. Da ist diese Art der vollausgestatteten Küche, die für einen Abend gemietet werden kann, ideal. Viele werden sich in Zukunft auch von vorn herein überlegen, ob es sich überhaupt lohnt, eine eigene Küche anzuschaffen. Denn der Herd bleibt vor allem Werktags bei der jüngeren, berufstätigen Generation häufig kalt.